Abraham Gottlob Werner (* 25. September1749 in Wehrau; † 30. Juni1817 in Dresden) war ein deutscherMineraloge und Geologe. Er ist einer der bedeutendsten Geowissenschaftler der Wissenschaftsgeschichte, der Begründer der Geognosie, des bis weit in das 19. Jahrhundert verwendeten Begriffs für die Lehre vom Bau der Erdkruste und der Gesteine. Werner war ein Hauptvertreter und der „Vollender“ des Neptunismus und stand im Zentrum eines damals die Geologie beherrschenden Streits zwischen Neptunisten und Plutonisten. Seine Wirkung war eine weltweite, seine Schüler, zu denen Novalis und Alexander von Humboldt gehörten, arbeiteten auch in Europa, Sibirien, Mexiko und Peru.
Werner entwickelte bereits als Student in Leipzig eine erste Mineraliensystematik, die sehr erfolgreich war und ihm eine Professur in Freiberg einbrachte. Sie umfasste neben Mineralen nach heutiger Definition auch Erden, Gesteinsarten und dem Mineralreich zugeordnete organische Naturprodukte.[1] Seine Kennzeichenlehre und die Mineralbeschreibungen galten lange als klassisch. Werner entwickelte auch eine eigene Farben-Nomenklatur, bei der für Farben Beispiele aus Flora, Fauna und von Mineralien genannt wurden. Diese Nomenklatur wurde 1814 vom schottischen Maler Patrick Syme mit dessen Ergänzungen als Werner’s Nomenclature of Colours herausgegeben.[2] Er war der Erste, der ein Mineral, den in Südafrika entdeckten Prehnit, nach einer Person benannte und diese Benennung auch begründete.
Werner war nach Untersuchungen am Scheibenberg, einer Basalt-Erhebung, 1787/88 zu der Ansicht gelangt, dass der Ursprung der Bildung von Gesteinen und Mineralien und der Veränderung der Erdoberfläche im Wasser zu suchen sei und begründete damit den so genannten Neptunismus: Alle Gesteine entstanden demnach in zeitlicher Abfolge als Ablagerungen aus einem Urozean, dessen Wasserspiegel im Verlauf der Erdgeschichte sank; erst wurden (in grober Parallelisierung zur heutigen Nomenklatur) magmatische, dann metamorphe Gesteine, darauf Sedimentgesteine und schließlich Oberflächensedimente abgelagert. Auch die Entstehung magmatischer Gesteine wie Basalt erklärte er so und deren Prismenform als Beleg für die Kristallisation im Wasser, ebenso wie die Auflagerung des Basalts am Scheibenberg auf einer tertiären Sandschicht. Vor Werner überwog im Ausland (Nicolas Desmarest) und auch in Freiberg die These der vulkanischen Herkunft,[3] es gab aber auch schon vor Werner eine Debatte über die Frage des sedimentären oder vulkanischen Ursprungs des Basalts.[4] Im Gegensatz zu diesem Modell stand der unter anderem von James Hutton vertretene Plutonismus, der sich erst im 19. Jahrhundert weitgehend durchsetzte. In Deutschland waren seine Gegner im Streit um die Entstehung und Natur von Basalt Rudolf Erich Raspe und vor allem sein ehemaliger Schüler Johann Karl Wilhelm Voigt, mit dem er in eine persönliche Auseinandersetzung geriet.
Werner erhielt 1791 vom Oberbergamt den Auftrag zur Durchführung der von ihm lange geforderten Geognostischen Landesuntersuchung. Ab 1816 assistierte dem kränkelnden Werner dabei Carl Amandus Kühn, der die Arbeiten nach dessen Tode fortsetzte. Werner verstarb 1817 in Dresden, erhielt ein Staatsbegräbnis und wurde auf dem Grünen Friedhof von St. Marien in Freiberg beigesetzt.
Alleinige Erbin war seine einzige Schwester Christiane Sophie († 9. November 1840), Witwe des Pastors Glaubitz zu Hirschberg in Schlesien, die eine in seinem Sinne wohltätige Stiftung mit einer Stiftungshöhe von 5000 Talern errichtete, die auch nach ihrem Ableben Bestand hatte. Diese diente der „Unterstützung armer, kranker, bergfertiger Bergleute und armer Wittwen und Waisen verunglückter Bergarbeiter“.[5]
Werner blieb unverheiratet und hatte keine Nachkommen.
Von den verschiedenen Mineraliensammlungen, aus denen ein vollständiges Mineralienkabinett bestehen soll, in: Sammlungen zur Physik und Naturgeschichte, Bd. 1, 4. Stück, Leipzig 1778, S. 387–420.
Bekanntmachung einer von ihm am Scheibenberger Huegel über die Entstehung des Basaltes gemachten Entdeckung, Freiberg 1788 (Digitalisat)
Von den verschiedenen Graden der Festigkeit des Gesteins, als dem Hauptgrunde der Hauptverschiedenheiten der Häuerarbeiten, Freiberg 1788
Versuch einer Erklärung der Entstehung der Vulkanen durch die Entzündung mächtiger Steinkohlenschichten, als ein Beytrag zu der Naturgeschichte des Basaltes, Zürich 1789 (Digitalisat)
Aeusere Beschreibung des Prehnits, nebst einigen Bemerkungen über die ihm beygelegte Benennung, so wie auch überhaupt über die Bildung einiger Benennungen natürlicher Körper von Personen-Namen, in: Bergmännisches Journal, 3. Jg., Bd. 1, 1790, S. 99–112.
Neue Theorie von der Entstehung der Gänge, mit Anwendung auf den Bergbau besonders den freibergischen, Freiberg 1791 (Digitalisat google book), (Digitalisat ETH)
Ausführliches und systematisches Verzeichnis des Mineralien-Kabinets des weiland kurfürstlich sächsischen Berghauptmans Herrn Karl Eugen Pabst von Ohain, der Leipziger und St. Petersburger ökonomischen Gesellschaft Mitgliede, und der königlich sardinischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Tur, Freiberg/Annaberg 1791 (Digitalisat)
Oryktognosie oder Handbuch für die Liebhaber der Mineralogie, Leipzig 1792 (Digitalisat)
Abraham Gottlob Werners letztes Mineral-System. Aus dem Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen (von Johann Carl Freiesleben). Freiberg, Wien 1817, 58 S.
Walther Fischer: Zur Würdigung Abraham Gottlob Werners. Eine Darstellung der Beziehungen Werners zu Dresdner Gelehrten der Goethezeit, in: Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz 32, 1932, S. 21–51.
Walther Herrmann: Die Zeit Abraham Werners in Freiberg, in: Walther Herrmann: Bergbau und Kultur. Berlin 1953, S. 43–60 (= Freiberger Forschungshefte D 2).
Abraham Gottlob Werner. Gedenkschrift aus Anlaß der Wiederkehr seines Todestages nach 150 Jahren am 30. Juni 1967. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1967, (Freiberger Forschungshefte C 223).
Otfried Wagenbreth: Abraham Gottlob Werners System der Geologie, Petrographie und Lagerstättenlehre, in: Freiberger Forschungshefte C 223, 1967, S. 83–148.
W. Mühlfriedel, Martin Guntau: Abraham Gottlob Werners Wirken für die Wissenschaft und sein Verhältnis zu den geistigen Strömungen des 18. Jahrhunderts, in: Freiberger Forschungshefte C 223, 1967, S. 9–46.
Bergakademie Freiberg (Hrsg.): Internationales Symposium Abraham Gottlob Werner und seine Zeit: 19. bis 24. September 1999 in Freiberg (Sachsen). Tagungsband. Verlag der TU Bergakademie, Freiberg 1999.
Andreas Massanek, Karin Rank, Wolfgang Weber: Die mineralogischen Sammlungen des Abraham Gottlob Werner, in: Lapis 9, 1999, S. 21–31.
Dieter Slaby, Roland Ladwig: Abraham Gottlob Werner – seine Zeit und seine Bezüge zur Bergwirtschaft. Verlag der TU Bergakademie, Freiberg 1999, (Freiberger Arbeitspapiere 1999, 26, ISSN0949-9970).
Helmut Flügel: Carl Maria Haidingers und Abraham Gottlob Werners „Klassifikationen“ der „Gebirgsarten“ von 1787, in: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt, Bd. 143, 2003, S. 535–541.
Helmut Flügel: Abraham Gottlob Werner und der Workshop von Schemnitz 1786, in: Berichte der Geologischen Bundesanstalt Bd. 72, 2008, S. 16–29.
Johannes Uray: Chemische Theorie und mineralogische Klassifikationssysteme von der chemischen Revolution bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Bernhard Hubmann, Elmar Schübl, Johannes Seidl (Hgg.), Die Anfänge geologischer Forschung in Österreich. Beiträge zur Tagung „10 Jahre Arbeitsgruppe Geschichte der Erdwissenschaften Österreichs“ von 24. bis 26. April 2009 in Graz. Graz 2010, S. 107–125.
Dietrich Stoyan; Karl-Armin Tröger: Abraham Gottlob Werner – „Vater der Geologie“. In: Bergakademische Geschichten : aus der Historie der Bergakademie Freiberg erzählt anlässlich des 250. Jahrestages ihrer Gründung. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2015, ISBN 978-3-95462-410-2, S. 79–94.
Sebastian Felten: Wie fest ist das Gestein? Extraktion von Arbeiterwissen im Bergbau des 18. Jahrhunderts. In: WerkstattGeschichte (2020), Heft 81, S. 15–35 (pdf).
Johannes Baier (2021): Abraham Gottlob Werner und der Scheibenberg (Erzgebirge). In: Aufschluss 72(4), S. 177–185. ISSN0004-7856
↑Abraham Gottlob Werner, Carl August Siegfried Hoffmann: Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben von C.A.S. Hoffmann. In: Bergmännisches Journal, Jg. 2 (1789), Bd. 1, S. 369–398