Alessandro Bonvicino, gen. il Moretto oder Moretto da Brescia (auch Alessandro Moretto; * um 1498 in Brescia; † Dezember 1554 ebenda)[1][2] war ein italienischer Maler und Freskant.
Alessandro Bonvicino wurde um 1498 in Brescia geboren. Das Jahr seiner Geburt ergibt sich aus einem Dokument von 1548, als er „ungefähr 50“ Jahre alt war.[1] Seine väterliche Familie stammte aus Ardesio, von seinem Großvater namens Moretto stammt Alessandros Beiname „il Moretto“ oder „Moretto da Brescia“.[1] Sein Vater Pietro (gestorben vor 1515) und dessen Bruder Alessandro (gestorben vor 1484) waren bereits Maler, von deren Arbeiten jedoch fast nichts erhalten ist.[1] Abgesehen davon, dass Moretto die Anfangsgründe der Malerei wahrscheinlich von seinem Vater erlernt haben muss, ist über seine Ausbildung ist nichts bekannt.[1]
Alessandro Moretto verbrachte fast sein ganzes Leben in Brescia und schuf in erster Linie religiöse Bilder. Bereits 1514 erhielt er einen Auftrag für die Dekoration einer Kapelle der Klosterkirche Santa Croce seiner Heimatstadt, die er mit Darstellungen aus dem Leben der Hl. Maria Magdalena ausmalte, welche heute verloren sind.[3] Zwischen August 1515 und September 1518 arbeitete er zusammen mit Floriano Ferramola an Bildern für die Orgelflügel im Alten Dom (Duomo Vecchio) von Brescia. Dabei malte Alessandro die inneren Darstellungen der Heiligen Faustinus und Giovita (heute in Santa Maria in Valvendra, Lovere). Das hohe malerische Niveau dieser Bilder hat in der Vergangenheit gelegentlich zu Zweifeln über sein Alter bzw. Geburtsjahr geführt.[1]
Zwischen 1517 und 1522 erfüllte er regelmäßig diverse Aufgaben für die Domschule von Brescia.[1] Ein erstes erhaltenes datiertes Werk ist der Christus am Kreuz mit einem Stifter aus dem Jahr 1518 in der Accademia Carrara (Bergamo); das Datum ist allerdings wegen einer ungeschickten Restaurierung inzwischen nicht mehr zu erkennen.[1]
Gemeinsam mit Romanino arbeitete er von 1521 bis 1524 an der Dekoration der Sakramentskapelle in der Kirche San Giovanni Evangelista in Brescia. Von Morettos Hand sind die Mannalese, das Letzte Abendmahl, Elias und der Engel, die Hln. Markus und Lukas und sechs Halbfiguren von Propheten.[1]
Die Himmelfahrt Mariä im Duomo Vecchio schuf er zwischen 1524 und 1526.[1]
Obwohl er in erster Linie religiöse Bilder schuf, sind auch Morettos Porträts von großem Interesse: sein Bildnis eines Edelmannes von 1526 in der National Gallery (London) ist laut Begni Redona das erste ganzfigurige Porträt überhaupt.[3] Von seinem Vorbild als Porträtist profitierte besonders sein Schüler Giovanni Battista Moroni.[4][3]
Lorenzo Lotto lud Moretto in einem Brief vom 8. Dezember 1528 ein, an der Dekoration der Santa Maria Maggiore von Bergamo mitzuwirken. Am 16. Januar 1529 erhielt er eine Bezahlung für die Reise von Brescia nach Bergamo und für diverse Arbeiten im Chorraum der Kirche, die jedoch nicht identifiziert sind.[1]
Mehrmals arbeitete der Maler mit dem bedeutenden Orgelbauer Giovanni Giacomo Antegnati zusammen, mit dem er sich laut einem Brief vom Dezember 1530 in Mailand wegen der Restaurierung der Orgel des Domes von Salò getroffen hatte. 1536 folgten Malereien für die neue Orgel im Duomo Vecchio von Brescia.[1]
Anfang der 1530er Jahre entstanden wichtige Altarbilder für die Kirchen San Francesco, Santa Maria Calchera und San Giovanni Evangelista in Brescia, und eine Madonna für Sant’ Alessandro in Bergamo.[1] Etwa aus demselben Zeitraum stammt die berühmte Hl. Justina mit dem Einhorn und einem Stifter, die sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet.[1]
Da Morettos Werke zum Teil venezianische Einflüsse zeigen, wurde ein Aufenthalt in Padua – wo er Werke von Tizian gesehen haben könnte – oder in Venedig, zusammen mit Romanino, angenommen.[1]
1533 war er wohlhabend genug, um sich ein Haus in San Clemente zu kaufen.[1] Nachdem im selben Jahr während einer Pestepidemie in Paitone einem Hirtenjungen die Jungfrau Maria erschienen war, malte Moretto das Bild Madonna für das Santuario della Madonna in Paitone.[1] Auf diese Arbeit soll er sich laut Fenaroli mit Gebeten und Fasten vorbereitet haben.[5]
Daneben war er seit 1531 mit der Dekoration der Sakramentskapelle im Duomo Vecchio beschäftigt, für die er bis 1534 die Gemälde Der schlafende Elias, das Opfer Isaaks und die Heiligen Markus und Lukas schuf;[1] erst 1553–54 malte er das Ostermahl.[1]
1535 folgte er einer Einladung der Isabella d’Este, Herzogin von Mantua, nach Solarolo.[1]
Die sogenannte Pala Rovelli vollendete er 1539, mit einer Darstellung des Hl. Nikolaus von Bari, der die Schüler von Galeazzo Rovelli der Madonna vorstellt (heute: Pinacoteca Tosio Martinengo, Brescia; siehe Abb. oben).[1] Im Jahr darauf folgte die Madonna in Glorie mit fünf Heiligen für die Kirche San Giorgio in Braida in Verona.[1]
Im Zeitraum von 1535 bis 1547 nahm er nachweislich an Sitzungen in der Domschule von Brescia teil, und zwischen 1541 und 1552 war er in verschiedene Geldgeschäfte involviert.[1]
1541 vollendete er die Himmelfahrt Mariä in Santi Nazaro e Celso (Brescia).[1] Im gleichen Jahr schuf er für Bartolomeo Averoldi und dessen Neffen Aurelio ein Altarbild Madonna in Glorie mit der Hl. Elisabeth und den Stiftern für die Kirche Santa Maria della Ghiara in Verona; dieses Bild gelangte später nach Berlin ins (ehemalige) Kaiser Friedrich Museum (Nr. 197) und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.[1]
Auch ein 1544 entstandenes Porträt von Pietro Aretino (laut Fenaroli, 1877, S. 267 f) ist heute verschollen.[1]
In den 1540er Jahren malte er außerdem mehrere Altarbilder für die Kirche San Clemente, darunter die Madonna di San Clemente (1548),[1] wo er die „Heiligen Klemens, Dominicus und Florian, Katharina und Magdalena, darüber inmitten eines Chors von Engeln Maria mit dem Kinde“ darstellte.[6]
Um 1550 heiratete der über 50-jährige Maria Moreschini, die ihm drei Kinder gebar, die Töchter Caterina und Isabella und den Sohn Pietro Vincenzo,[1] der später in ein Jesuitenkloster eintrat.[5]
Zu seinen letzten Meisterwerken gehören die Krippe für Santa Maria delle Grazie und das Gemälde Christus mit dem Engel, die sich heute beide in der Pinacoteca Tosio Martinengo in Brescia befinden.[3]
Am 9. November 1554 machte er sein Testament, und da seine Testamentsvollstrecker am 22. Dezember eines seiner Häuser verkauften, kann man davon ausgehen, dass er in diesem Zeitraum verstarb.[1] Unter seinen unvollendeten Werken befand sich das Bild Melchisedek und Abraham für die Sakramentskapelle im Duomo Vecchio von Brescia, das 1555 von Luca Mombello fertiggestellt wurde.[1][3]
Morettos berühmtester Schüler war Giovanni Battista Moroni.
Alessandro Bonvicino, genannt il Moretto, gehört zusammen mit Romanino und Gerolamo Savoldo zu den bedeutendsten Malern der veneto-lombardischen Schule des seinerzeit unter venezianischer Herrschaft stehenden Brescia. Er hinterließ ein umfangreiches, zum Teil etwas unausgeglichenes, Œuvre von beinahe 200 dokumentierten Werken, von denen sich ein großer Teil nach wie vor in den Kirchen seiner Heimatstadt und ihrer Umgebung befinden; hinzu kommen zahlreiche Zuschreibungen.[1][3]
Moretto wuchs in der Tradition des Vincenzo Foppa auf, verarbeitete jedoch bereits als junger Mann vielfältige Einflüsse zu einem eigenen markanten und malerisch virtuosen Stil, unter anderem zeigte er sich offen gegenüber den venezianischen Neuerungen von Giovanni Bellini, und später auch von Lorenzo Lotto und Tizian.[1][3] Auch Werke Raffaels scheint er durch Stiche gekannt zu haben (u. a. sichtbar in der Hl. Justina von Wien). Sein scharf beobachtender Realismus weist außerdem Parallelen zu Hans Holbein auf.[1] Als typisch für Moretto – und typisch lombardisch – gilt eine etwas kühle Atmosphäre, die in der Literatur als „silbriggraues“ oder „silbriges“ Kolorit bezeichnet wird.[7][1] Seine religiösen Werke sind oft von einem deutlichen Hang zu Mystik geprägt. Diese Wirkung erreicht er nicht zuletzt durch eine charakteristische Durchmischung der realen Ebene mit religiös-spirituellem Erleben.
„In seinen Werken vereinigt er seelenvollen Ausdruck, freie und anmutige Haltung mit großer Frische und Zartheit des Fleischtons, einer silbernen Färbung und einem anmutigen Spiel von Hell und Dunkel. Besonders charakterisieren seine Bilder helle Hintergründe, aus welchen die Figuren dem Beschauer mit vollem Leben entgegentreten, und die geschickte Nachahmung von Atlas, Samt, Gold- und Silberstoffen. Seine zahlreichen kirchlichen Bilder zeugen von tief religiösem Gefühl. … M. hat auch Bildnisse von gleicher Größe der Auffassung und Kraft des Kolorits gemalt.“
2017 wurde der Asteroid (6943) Moretto nach ihm benannt.
Personendaten | |
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NAME | Moretto, Alessandro |
ALTERNATIVNAMEN | Bonvicino, Alessandro |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Maler und Freskant |
GEBURTSDATUM | um 1490 oder 1498 |
GEBURTSORT | Brescia |
STERBEDATUM | Dezember 1554 |
STERBEORT | Brescia |