Alex J. Kay (* 8. März 1979 in Kingston upon Hull, England) ist ein britischer Historiker mit dem Schwerpunkt Nationalsozialismus, der vor allem mit Veröffentlichungen zum Hungerplan sowie dem nationalsozialistischen Völkermord an den sowjetischen Juden hervorgetreten ist.
Nach dem Studium der Geschichtswissenschaften an der University of Huddersfield und der University of Sheffield in seinem Heimatland England (B. A.- und M. A.-Abschlüsse) promovierte Kay 2005 bei Ludolf Herbst an der Humboldt-Universität zu Berlin in Neuerer und Neuester Geschichte mit der Arbeit Neuordnung and Hungerpolitik: The Development and Compatibility of Political and Economic Planning within the Nazi Hierarchy for the Occupation of the Soviet Union, July 1940–July 1941.[1] 2006 wurde er für seinen auf dieser Dissertation basierenden Beitrag Germany’s Staatssekretäre, Mass Starvation and the Meeting of 2 May 1941 mit dem ersten George-L.-Mosse-Preis der renommierten Fachzeitschrift Journal of Contemporary History ausgezeichnet.[2]
Kay leistete Mitarbeit bei der wissenschaftlichen Recherche und der Abfassung von Texten für die Wanderausstellung der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas „Was damals Recht war...“ – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht, die im Juni 2007 in Berlin eröffnet wurde.[3] Er war Leiter der Wanderausstellung der Archivberatungsstelle Hessen am Hessischen Staatsarchiv Darmstadt Bestandserhaltung – Schutz des Kulturgutes in den hessischen Kommunalarchiven, die vom 15. Februar bis zum 29. März 2011 im Darmstädter Haus der Geschichte gezeigt wurde.[4] Von 2006 bis 2014 war er zudem freier Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgen-Forschung und legte weitere Veröffentlichungen zum Deutsch-Sowjetischen Krieg vor. Kay hat Artikel in verschiedenen deutschen Zeitungen publiziert, darunter den überregionalen Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung[5] und Süddeutsche Zeitung,[6] der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel[7] sowie der von Jakob Augstein herausgegebenen überregionalen Wochenzeitung der Freitag.[8]
Kay war von 2014 bis 2016 wissenschaftlicher Projektkoordinator der in Vorbereitung befindlichen englischsprachigen Edition der 16-Bände umfassenden Reihe Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (VEJ) und ist seit 2016 Fellow der Royal Historical Society. Seit 2017 unterrichtet er am Historischen Institut der Universität Potsdam.
Besondere Resonanz hat Kays 2016 auf Englisch und 2017 in deutscher Übersetzung erschienene Studie The Making of an SS Killer, eine Biografie über den SS-Offizier und Holocaust-Direkttäter Alfred Filbert, erfahren. In englisch- und deutschsprachigen Fachzeitschriften wurde sie überwiegend positiv besprochen, u. a. in German History, Central European History, dem American Historical Review, den sehepunkten und dem Historisch-Politischen Buch. In German History schrieb Waitman Wade Beorn: "Alex Kay has crafted an intensely compelling and detailed narrative of the life of one Nazi killer. [...] Most impressively, Kay manages to pack detailed analysis, broader implications, the life trajectory of Filbert and a good number of excellent images into only 126 pages. [...] Kay has written a book that is accessible to both scholars and students alike (and which would make a great companion book for a Holocaust course)."[9] In Central European History bemerkte Christopher Dillon: "An impressively researched piece of scholarship, drawing on personal interviews and documentation from more than thirty archives. [...] [Kay] provides an extremely interesting and exhaustively researched perpetrator case study that will be essential reading for specialists."[10] Im American Historical Review schrieb Peter Black: "Kay has provided a significant addition to the biographical literature of the Nazi annihilation apparatus; one can only hope that more individual biographies or a strong collective biography will follow."[11] Für die sehepunkte schrieb Henning Pieper: "Kay hat eine beeindruckende Studie vorgelegt, die auf eingehenden Recherchen in Archiven und umfassender Nutzung der aktuellen Fachliteratur beruht. [...] Zur Erforschung des Holocaust anhand von Täterbiographien leistet das vorliegende Buch einen außerordentlich wertvollen Beitrag."[12] Im Historisch-Politischen Buch resümierte Ludger Tewes: "Die Offenlegung dieses Profils hilft in der Interpretation von Hintergründen solcher schrecklichen Täterschaften. Es sollte mehr dieser Arbeiten geben."[13]
Im deutschen Rundfunk wurde das Buch ebenfalls positiv rezipiert. In der Sendung Gutenbergs Welt bei der WDR 3 kommentierte Uli Hufen: "[...] umso willkommener ist die schockierende Biografie, die der britische Historiker Alex J. Kay jetzt über Alfred Filbert geschrieben hat."[14] Als gemischt bis positiv lässt sich die Rezension durch Jürgen Matthäus bei H-Soz-Kult bezeichnen, deren Abschlussurteil lautet: "Alex Kay bereichert mit seinem Buch nicht nur die Holocaust-Forschung, sondern zeigt auch auf, was ein biografischer Ansatz zum Verständnis genozidaler „Direkttäter“ leisten kann und wo er an seine Grenzen stößt."[15] Negative Stimmen gab es nur vereinzelt. In der Historischen Zeitschrift hat Edith Raim sich über Täterbiografien im Allgemeinen negativ geäußert, ohne speziell Kays Filbert-Biografie einer ausführlichen Kritik zu unterziehen: "So notwendig es ist, den Holocaust zu erforschen, so wenig ergiebig ist es, die Biografien einzelner Täter aus diesem arbeitsteiligen Massenmord herauszugreifen und die nötige Multiperspektivität derartig zu reduzieren."[16]
Personendaten | |
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NAME | Kay, Alex J. |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Historiker mit dem Schwerpunkt Nationalsozialismus |
GEBURTSDATUM | 8. März 1979 |
GEBURTSORT | Kingston upon Hull, England |