Alt-Heidelberg

Alt-Heidelberg ist ein Schauspiel von Wilhelm Meyer-Förster, das am 22. November 1901 am Berliner Theater zum ersten Mal aufgeführt wurde. Es wurde das erfolgreichste deutschsprachige Theaterstück seiner Zeit.

Ich habe nur dich lieb gehabt, Käthie, Von allen Menschen nur dich. Studentenpostkarte mit Zitat aus Alt-Heidelberg

Alt-Heidelberg ist die Geschichte vom Heidelberger Studentenleben des Erbprinzen Karl-Heinrich aus dem fiktiven Herzogtum Sachsen-Karlsburg (abgeleitet von Sachsen-Coburg). Karl-Heinrich wird Mitglied in dem fiktiven Corps Saxonia Heidelberg, taucht in das studentische Verbindungswesen ein und verliebt sich in die Wirtstochter Käthie (siehe auch Filia hospitalis). Doch nach vier Monaten ruft ihn die Staatsräson zurück in die Heimat zu einer standesgemäßen Heirat. Er verlässt Heidelberg und Käthie, um die Nachfolge seines Onkels anzutreten.

Karl Heinrich. Wir behalten uns, Käthie. Ich vergesse dich nicht und du mich nicht. Wir sehen uns nicht wieder, aber wir vergessen uns nicht. Meine Sehnsucht nach Heidelberg war die Sehnsucht nach dir, – und dich hab' ich wiedergefunden. (Küßt sie lange.) Leb wohl, Käthie. (Er geht.)
Käthie (steht mit schlaff herabhängenden Armen, sieht ihm nach).
Karl Heinrich (wendet noch einmal). Ich habe nur dich lieb gehabt, Käthie, von allen Menschen nur dich. (Küßt sie, geht.)
Käthie (steht stumm, starrt ihm nach, sekundenlang. Dann schlägt sie die Hände vor das Gesicht und schluchzt bitterlich).

Wilhelm Meyer-Förster, 1902

Der Titel und der Inhalt gehen auf das Gedicht Alt Heidelberg, du feine aus dem Versepos Der Trompeter von Säckingen von Joseph Victor von Scheffel von 1854 zurück.[1] Dieses wurde zu einem Sinnbild für eine verklärte Studentenromantik. Wilhelm Meyer-Förster schrieb auf dessen Grundlage die Erzählung Karl Heinrich, die 1899 erschien. Darin ließ er auch eigene Erfahrungen als Corpsstudent einfließen. Er selbst hatte aber nie in Heidelberg studiert. Kurz danach verfasste er das Schauspiel Alt-Heidelberg als dramatisierte Fassung.

Das Stück wurde am 22. November 1901 im Berliner Theater uraufgeführt. In dieser Theatersaison wurde es in allen deutschen Städten außer Heidelberg gespielt.[2] Auch in den folgenden Jahren war es das meistgespielte Schauspiel in Deutschland und erlebte in seiner Zeit "den gewaltigsten Theatererfolg (...), zu dem es je ein deutsches Bühnenwerk gebracht hatte".[3]

Bertolt Brecht nannte es ein „Saustück“, Alfred Döblin einen „Leierkasten“, Kurt Tucholsky einen "anachronistischen Buntdruck" und „alten Schmachtfetzen“, Gerhard Ihring einen "falschen romantischen Zauber". Brecht stellte die Episode zwischen dem jugendlichen Prinzen und seinem unterwürfigen alten Diener als Inbegriff überalterter Standesgrenzen dar, der das Publikum zu seinem Unverständnis auch nach dem Ersten Weltkrieg noch Beifall klatschte. Das Bewusstsein, dass solche Gegensätze in der wirklichen Welt überwunden waren, beförderte den Publikumserfolg jedoch noch.

Das Stück war dreißig Jahre lang im Repertoire der Heidelberger Schlossfestspiele und wurde dort auch in englischer Sprache mit amerikanischen Schauspielern aufgeführt. Wilhelm Meyer-Förster wurde 1925 zum Ehrenbürger von Heidelberg ernannt. Auch in den 1930er und 1940er Jahren wurde das Stück häufig auf deutschen Theaterbühnen gespielt, trotz des Unwillens der nationalsozialistischen Kulturpolitik. Seit den 1950er Jahren gab es fast keine Theateraufführungen mehr.

Musikbearbeitungen

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Auf der Grundlage des Schauspiels entstand 1924 die Operette The Student Prince von Sigmund Romberg 1924. In dieser wurde der Text durch Studentenlieder ergänzt, die ein Chor von Studenten in Couleur vortrug (einer der wenigen am Broadway erfolgreichen Männerchöre). Diese Operette war am Broadway überaus erfolgreich und wurde mehrmals verfilmt.

Auch der Schlager Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren von 1926 und das gleichnamige Singspiel von 1927 basierten auf dem Inhalt des Schauspiels Alt-Heidelberg.

Weitere Rezeption

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Das Stück machte den Namen Heidelberg weltweit bekannt und wurde im Japan der Meiji-Zeit zur Pflichtlektüre japanischer Deutschstudenten.

Hinweis: Die Hörspiele (Sendespiele), die zwischen 1924 und 1927 entstanden sind, mussten in Ermangelung von Aufzeichnungsgeräten alle live gesendet werden.

  • 1924: Szenen aus Alt Heidelberg – Regie: Nicht angegeben (Süddeutsche Rundfunk AG (SÜRAG))
    • Sprecher: Nicht angegeben
  • 1925: Alt-Heidelberg. Schauspiel in 5 Aufzügen (2 Livesendungen) – Bearbeitung (Wort): Hans Bodenstedt; Regie: Hermann Beyer (NORAG)
  • 1925: Alt-Heidelberg. Schauspiel in 5 Aufzügen (3 weitere Livesendungen) – Regie: Fritz Ernst Bettauer (Schlesische Funkstunde)
    • Sprecher: Friedrich Reinicke, Grete Sprengholz, Willy Koch, Fritz Ernst Bettauer, Max Schiebener, Gerhard Kunze u. a.
  • 1925: Alt Heidelberg. Schauspiel in 5 Aufzügen – Regie: Nicht angegeben (ORAG)
    • Sprecher: Nicht angegeben
  • Alt-Heidelberg. Schauspiel in 5 Aufzügen, Entsch, Berlin 1901, Erstausgabe, als Manuskript vervielfältigt
  • Alt-Heidelberg. Schauspiel in 5 Aufzügen, August Scherl, Berlin 1902 Archive
  • Alt-Heidelberg im Projekt Gutenberg-DE
  • Wilhelm Meyer-Förster: Alt-Heidelberg, herausgegeben von Heinz-Peter Heilmann, Neckarsteinbach 2013 Digitalisat
  • Oliver Fink: Memories vom Glück. Wie der Erinnerungsort Alt-Heidelberg erfunden, gepflegt und bekämpft wurde. Verlag für Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2002. ISBN 3-89735-209-5. Dissertation, über das Schauspiel Alt-Heidelberg
  • Peter Thiel (Hrsg.): Literarisches Jahrbuch. Hoursch & Bechstedt, Köln 1903, S. 106, mit kurzer Inhaltsangabe
Commons: Alt-Heidelberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Oliver Fink: Memories vom Glück. Wie der Erinnerungsort Alt-Heidelberg erfunden, gepflegt und bekämpft wurde. Dissertation, 2002, zur Geschichte des Schauspiels; vgl. auch Kitsch und kulturelles Gedächtnis von Julia Scalpi, Rezension zu Oliver Fink
  2. Peter Thiel (Hrsg.): Literarisches Jahrbuch, Köln 1903, S. 106
  3. Erich Mühsam: Unpolitische Erinnerungen, 1927/1929, Kapitel 7/8 Die zehnte Muse, in Gesammelte Werke, S. 175, online