Die Anbetung des Jesuskindes durch die Hirten, oder kurz: Anbetung der Hirten, ist seit dem Mittelalter ein beliebtes Motiv in der christlichen Kunst. Es findet sich zunächst in der Buchmalerei und in Kathedraltympana; später dann auch in Fresken sowie auf Tafel- und Leinwandbildern. Dargestellt werden Maria, Josef, das in der Krippe oder auf Stroh oder Tüchern liegende Jesuskind, Engel und im Hintergrund oft Ochs und Esel; von der Seite tritt eine mehr oder weniger große Gruppe von einfach gekleideten und meist unrasierten Männern mit Hirtenstab, Hirtentasche, Sackpfeife, Flöte etc. hinzu – im Bildhintergrund sind manchmal Schafe zu sehen.
Das Motiv geht zurück auf die Weihnachtsgeschichte im Lukasevangelium (Lk 2,8–20 EU), wo es heißt:
Während die bei Matthäus überlieferte Anbetung der Könige das Christuskind über oder an die Seite von hochrangigen oder gebildeten Personen (Könige, Magier, Sterndeuter etc.) stellt, bezieht Lukas in seiner Weihnachtsgeschichte Leute aus dem einfachen Volk mit ein – mit anderen Worten: Das Jesuskind ist für alle Menschen da oder hat allen Menschen etwas zu geben. Daneben beinhaltet die ‚Anbetung der Hirten‘ – im Unterschied zur ‚Anbetung der Könige‘ – auch idyllisch-pastorale Elemente, die in der Malerei gerne dargestellt wurden.
Die frühesten Darstellungen der Hirten aus der Weihnachtsgeschichte in der christlichen Kunst finden sich in Buchmalereien (z. B. im Hortus Deliciarum der Herrad von Landsberg) oder an Tympana (z. B. an der Kathedrale von Chartres), wobei das eigentliche Thema der Darstellung jeweils die ‚Geburt Christi‘ ist und die Hirten nur als schmückendes Beiwerk aufzufassen sind. Erst später emanzipierte sich die ‚Anbetung der Hirten‘ in Abgrenzung zur ‚Anbetung der Könige‘ als eigenständiges Bildthema. Die zeitlich vorausgehende ‚Verkündigung an die Hirten‘ wurde von Beginn an als gesondertes Bildthema behandelt, aber deutlich seltener dargestellt. In seltenen Fällen sind die ‚Verkündigung an die Hirten‘ sowie die ‚Anbetung der Hirten‘ (manchmal auch die ‚Anbetung der Könige‘) in einem Bild zusammengefasst. Die späteren Darstellungen der ‚Anbetung der Hirten‘ gehören meist zum kunsthistorischen Typus der Nachtbilder – d. h. als Lichtquelle fungieren entweder die Engel oder das Jesuskind.