Andreas Umland (* 1967 in Jena) ist ein deutscher Politikwissenschaftler, Publizist und Osteuropa-Experte. Er ist Gründer und Redakteur der Buchreihe „Soviet and Post-Soviet Politics and Society“ des ibidem-Verlags (Stuttgart & Hannover) und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Euro-Atlantische Kooperation Kiew.[1] Seit Juli 2020 arbeitet er von Kiew aus als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Stockholmer Zentrums für Osteuropastudien/Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS) des Schwedischen Instituts für Internationale Angelegenheiten/Swedish Institute of International Affairs (UI).[2][3]
Umland war Mitglied im Deutsch-Ukrainischen Forum und Blogger beim Onlineportal der ukrainischen Wochenzeitschrift Korrespondent.[8] Er ist Mitherausgeber des „Forums für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte“.
Außerdem ist er Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des Europa-Ausschusses des ukrainischen Parlaments.[9]
Umland ist Gründer und Redakteur der Buchreihe Soviet and Post-Soviet Politics and Society und Mitherausgeber des elektronischen Newsletters The Russian Nationalism Bulletin.
Umland schrieb während der Krise in der Ukraine 2014, dass sich in der Politik des Präsidenten Wladimir Putin „schon eher einzelne Ideen und Praktiken [finden], die an die Politik des Dritten Reiches erinnern“ – im Vergleich zur von Russland undifferenziert als Faschismus bezeichneten Politik in der Ukraine.[10] Im Dezember 2014 initiierte er den Gegenaufruf von hundert Osteuropaexperten „für eine realitätsbasierte statt illusionsgeleitete Russlandpolitik“, in dem der Appell für eine andere Russlandpolitik kritisiert wurde.[11]
In seinen „Politisch-ethischen Anmerkungen zu einer Kontroverse über Putins Russland“ fasste Bernhard Sutor eine Kontroverse zwischen Umland und seinen Kritikern zusammen: Umland vertrat mit Leonid Luks den Standpunkt, „die Periode Putin stelle für Russland eine vertane Chance dar, da in ihr die positiven Elemente von Demokratie und Pluralismus aus der Jelzin-Ära weitgehend beseitigt worden seien“. Dem widersprachen Kai Ehlers, Wladislaw Below, Alexander Rahr, Rudolf Maresch und andere. Die Ära Jelzin sei keineswegs so positiv, die Putins nicht so negativ zu sehen wie bei Umland. Zum anderen dürfe man die Entwicklung in Russland nicht einseitig mit westlich-liberalen Maßstäben messen, müsse vielmehr vielfältige sozio-kulturelle und geschichtliche Umstände berücksichtigen. Bernhard Sutor kommt zu dem vorsichtigen Schluss, die Lage sei eher grau statt schwarz oder weiß: „Zum einen hängt die Entwicklung Russlands zu einem offeneren, pluralistisch-demokratischen System auch vom Maß politischer Klugheit ab, mit der westliche Politik (EU, NATO, USA) die gegenseitigen Beziehungen positiv zu gestalten versucht.“ ([12]) Zum anderen, referiert Sutor, sei Demokratie in sehr unterschiedlichen Formen realisierbar, „die den spezifischen Verhältnissen je einzelner Länder Rechnung tragen können“. Umland insistiere aber ebenso wenig wie andere auf einer spezifischen Form von Demokratie. Lediglich Maresch kritisiere die westliche Wertebasis in Umlands Ansatz als solche, indem er für „politischen Realismus“ gegen eine „politische Theologie der Menschenrechte“ plädiere und die Frage stelle, ob nicht überhaupt die liberale Demokratie ein Auslaufmodell sei.
In einem Beitrag für The National Interest im Jahr 2016 argumentierte Umland, die militärischen Provokationen Russlands gegen die NATO seien eine Propagandastrategie, um von wirtschaftlicher Schwäche und der Ausbeutung des eigenen Volkes abzulenken.[13] Im Jahr 2018 sagte er das mittelfristige Ende des kleptokratischen Regimes voraus und begründete dies mit dem Kapitalbedarf des korrupten Systems und der Ungewissheit für die Beteiligten zum richtigen Verhalten (vor Augen geführt im Falle von Alexei Uljukajew). Der Westen müsse zu jenem Zeitpunkt bereit sein für eine Hinwendung Russlands zum Westen.[14]
Die „Alexander Gortschakow-Stiftung für öffentliche Demokratie“ ist Umland zufolge „wenig mehr als eine Frontorganisation des Kremls“.[15]
John Andreas Fuchs, Andreas Umland, Jürgen Zarusky (Hrsg.): Brücken bauen – Analysen und Betrachtungen zwischen Ost und West: Festschrift für Leonid Luks zum 65. Geburtstag. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8382-0353-9.
Andreas Umland (Hrsg.): The Nature of Russian „Neo-Eurasianism“: Approaches to Aleksandr Dugin's Post-Soviet Movement of Radical Anti-Americanism. (= Russian Politics and Law. 47,1). M. E. Sharpe, Armonk, NY 2009, OCLC705648236.
Andreas Umland (Hrsg.): Theorizing Post-Soviet Russia’s Extreme Right: Comparative Political, Historical and Sociological Approaches. (= Russian Politics and Law. 46,4). M. E. Sharpe, Armonk, NY 2008, OCLC645284519.
Ingmar Bredies, Andreas Umland, Valentin Yakushik (Hrsg.): Aspects of the Orange Revolution III: The context and dynamics of the 2004 Ukrainian presidential elections. (= Soviet and Post-Soviet politics and society. 65). Ibidem-Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89821-803-0.
Ingmar Bredies, Andreas Umland, Valentin Yakushik (Hrsg.): Aspects of the Orange Revolution IV: Foreign assistance and civic action in the 2004 Ukrainian presidential elections. (= Soviet and post-Soviet politics and society. 66). Ibidem-Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89821-808-5.
Ingmar Bredies, Andreas Umland, Valentin Yakushik (Hrsg.): Aspects of the Orange Revolution V: Institutional observation reports on the 2004 Ukrainian presidential elections. (= Soviet and post-Soviet politics and society. 67). Ibidem-Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-89821-809-2.
Matthias Bürgel, Andreas Umland (Hrsg.): Geistes- und sozialwissenschaftliche Hochschullehre in Osteuropa III: Transformation und Stagnation an postsowjetischen Universitäten. Mit einem Geleitwort von Michael Daxner. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2007, ISBN 978-3-631-57135-4.
Roger Griffin, Werner Loh, Andreas Umland (Hrsg.): Fascism Past and Present, West and East: An International Debate on Concepts and Cases in the Comparative Study of the Extreme Right; with an afterword by Walter Laqueur. (= Soviet and Post-Soviet politics and society. 35). Ibidem-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-89821-674-8. (academia.edu)
Thomas Keith, Andreas Umland (Hrsg.): Geistes- und sozialwissenschaftliche Hochschullehre in Osteuropa II: Deutsche und österreichische Impressionen zur Germanistik und Geschichtswissenschaft nach 1990. mit einem Geleitwort von Gregor Berghorn. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2006, ISBN 3-631-54711-0.
Andreas Umland (Hrsg.): Geistes- und sozialwissenschaftliche Hochschullehre in Osteuropa I: Eindrücke, Erfahrungen und Analysen deutscher Gastlektoren. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-631-52801-9.
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Die andere Anomalie der Ukraine: ein Parlament ohne rechtsradikale Fraktionen. In: Ukraine-Analysen. Bd. 41, 2008, S. 7–10.
Gastbeitrag auf zeit.de 18. April 2014: Wie Putin den Westen austrickste (Die 'Genfer Erklärung' impliziert, dass die Krim nicht mehr zur Ukraine gehört. Der Westen lässt Russland wieder einmal gewähren)