Von 1989 bis 1996 arbeitete sie in verschiedenen französischen Verlagen. Daneben übersetzte sie Texte deutscher Gegenwartsautoren und Sachbücher ins Französische. Ihre eigenen, seit 1998 veröffentlichten Werke, verfasste sie anfangs in französischer Sprache und übersetzte sie später ins Deutsche. Inzwischen schreibt Anne Weber ihre Texte wieder zuerst in deutscher Sprache, um sie danach auch ins Französische zu übertragen.
Bei Anne Weber könne man sicher sein, „dass sie mit jedem neuen Buch ein neues literarisches Experiment wagt“, urteilte Ijoma Mangold.[2] Mit ihrem Roman Tal der Herrlichkeiten (2012) sei ihr „das Experiment gelungen, das Jenseits erzählbar zu machen, ohne eine religiöse Verpflichtung einzugehen“.[3]
Ihr autobiografischer Lang-Essay Ahnen. Ein Zeitreisetagebuch, der Anfang 2015 zeitgleich in Frankreich und Deutschland erschien, ist eine Auseinandersetzung mit ihrem Urgroßvater Florens Christian Rang (1864–1924). Alexander Cammann schrieb zu diesem Buch: „Dass diese weitverzweigte Suche nach Herkunft gelingt, liegt an der Erzählerin Anne Weber. […] Tatsächlich folgen wir ihren Positionswechseln gebannt, ebenso ihrer Arbeit mit und an den Worten. Es ist große Kunst, wie Anne Weber es vermag, aus der Geschichte einer intellektuellen Randgestalt wie Florens Christian Rang, verwoben mit ihrem eigenen Schicksal als uneheliche Tochter, eine paradigmatische Erzählung über jene Suche nach Herkunft zu machen, die immer noch viele Deutsche umtreibt.“[4]
Webers Roman Bannmeilen (2024) erkundet die Banlieues von Paris, die als soziale Brennpunkte für Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien Frankreichs bekannt sind.[8] Die Erzählung verbindet Elemente der Ich-Erzählung und des Essays, wobei die Protagonisten, die Erzählerin und der Filmemacher Thierry die städtischen und gesellschaftlichen Ränder dieser Gebiete durchstreifen. Sie konzentriert sich auf die genaue Betrachtung und Befragung dieser wenig bekannten und oft stigmatisierten Orte, reflektiert dabei über kulturelle und soziale Unterschiede und hinterfragt eigene wie fremde Sichtweisen in einer „feinnervigen Prosa“.
„Der Übersetzer wird von jeder Unschärfe und jeder offenen Frage wie am Hosenbein festgehalten. Indem er die Mehrdeutig- und Eigenwilligkeiten, die Rhythmen, Klangvorlieben und Obsessionen des Autors auslotet, lernt er ihn langsam kennen; am Ende weiß er mehr von ihm oder ihr als dessen Ehefrau oder Ehemann. Wenn er nicht aufpasst, geht er langsam in ihn über: Die Autoren sind Kannibalen und fressen gerne ihre Übersetzer. Wie soll auch das Übersetzen gelingen, so lange man stur auf seiner Persönlichkeit beharrt? Der Übersetzer ist in mancher Hinsicht vergleichbar mit einem Schauspieler, insofern er ein fremdes Werk verkörpert, ihm einen neuen Sprachkörper verleiht.“
– Anne Weber, Dankesrede für den Johann-Heinrich-Voß-Preis, 2016[9]
Georges Perros: Klebebilder. Aus dem Französischen und mit Anmerkungen von Anne Weber. Mit einem Vorwort von Jean Roudaut. Matthes & Seitz, Berlin 2020.
Rede der Preisträgerin: Dankesrede zum Johann-Heinrich-Voß-Preis und zum Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis, in Übersetzen, 1, 2017, ungekürzt (Print-Ausgabe in Auszügen)
↑Das Dickicht wird umso dichter, je tiefer sie eindringt in FAZ vom 19. Februar 2015, Seite 12
↑Andrea Köhler: Im Roman «Bannmeilen» geht Anne Weber in Paris dorthin, wo niemand sonst hingeht. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. April 2024, ISSN0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 20. April 2024]).
↑Anne Weber erhält Helmlé-Übersetzerpreis. In: Saarbrücker Zeitung, 22. Juni 2016, S. B4. Die Preisrede Weber zu den Preisen von 2015/2016 siehe unter Weblinks.