Anton Flettner (* 1. November 1885 in Eddersheim bei Frankfurt am Main; † 25. Dezember 1961 in New York City, USA) war ein deutscher Lehrer, Ingenieur und Erfinder.
Im Alter von 29 Jahren stellte er dem damaligen Reichsmarineamt seine erste Erfindung, einen lenkbaren Torpedo, vor. Diese, wie auch seine nächste Erfindung 1915, ein ferngesteuerter Kampfwagen, wurden abgelehnt, da man sie nicht für technisch realisierbar hielt.
Nach dem Ersten Weltkrieg stellte Flettner Überlegungen an, wie die personal- und zeitintensiven Arbeiten beim Segelschiffsantrieb zu reduzieren seien. Dabei sollten mit einem Hilfsruder ausgestattete Metallsegel die üblichen Segel aus Tuch ersetzen. Bevor ein bereits in Kiel geplanter Umbau eines Schiffes mit Metallsegeln zur Ausführung kam, hörte er von den Versuchen mit rotierenden Zylindern an der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen. Mit Hilfe der Versuchsergebnisse entwickelte er den sogenannten Flettner-Rotor, der den Magnus-Effekt ausnutzte: Ein der anstehenden Windströmung ausgesetzter, rotierender Zylinder erzeugt aus dem Sog und den Staudruckkräften eine Kraft quer zur Strömung. Ohne anstehenden Wind versagt dieser Effekt. Beim Flettner-Rotor als Schiffsantrieb bei sogenannten Rotorschiffen rotieren hohe, auf Deck stehende motorisch angetriebene Zylinder aus Blech mit veränderlich angepasster Geschwindigkeit.
Diese Rotoren wurde auf zwei Schiffen, 1924–1926 auf der (später in Baden-Baden umbenannten) Buckau und 1926–1932 auf der Barbara getestet, fand jedoch keine weitere Verbreitung. Das Prinzip des Flettner-Rotors wird, teilweise abgewandelt, heute zum Beispiel auf dem 2006 getauften Uni-Kat Flensburg und dem Rotorfrachtschiff E-Ship 1, das am 2. August 2008 bei der Lindenau-Werft in Kiel vom Stapel lief, angewendet.
Um 1925 experimentierte Flettner mit einem „Dreiflächenruder“ an Schiffen (siehe unter Literatur).
Im Jahre 1927 wandte Flettner sich der Luftfahrt zu. Er konstruierte ein Flugzeugruder mit Hilfssteuerfläche. Diese unter dem Begriff Flettner-Ruder oder Flettner-Klappe bekannte Erfindung entwickelte er später für den Schiffbau weiter.
Die von ihm geplante Konstruktion eines Drehflügelflugzeuges war nach vielen Rückschlägen erst nach etwa acht Jahren um 1935 mit der Fl 184 und der Fl 185 erfolgreich.[1] 1938 konstruierte Flettner zusammen mit Kurt Hohenemser die Fl 265. Dieser neuartige Hubschrauber löste durch gegenläufig ineinanderkämmende Rotoren (Flettner-Doppelrotor) das Problem des Drehmomentausgleichs. Er entwickelte 1940 die Flettner Fl 282 Kolibri, die ähnlich dem Vorgängermodell gebaut war; zwei dieser Hubschrauber gelangten als Kriegsbeute in die USA. Dort wurden sie eingehend erprobt und beeinflussten die Hubschrauberentwicklung der Kaman Aircraft Corporation, die nachfolgend ihre eigenen Konstruktionen nach dem Flettner-Doppelrotor-Prinzip entwickelte. Bereits während des Zweiten Weltkriegs hatte die Kellett Aircraft Corporation mit der XR-8 einen Hubschrauber nach dem Flettner-Prinzip gebaut.
Nach Ende des Krieges blieb Flettner anfangs noch in Bad Tölz und befasste sich weiter mit seinem Hubschraubersystem. Im Jahr 1947 ging er in die USA, wo er Berater des Office of Naval Research (ONR) wurde und kurze Zeit später die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm. Er gründete 1949 die Flettner Aircraft Corporation in Kew Gardens, Queens, New York City. Als Vizepräsident gewann er Charles E. Rosendahl, und Eugene Liberatore wurde Assistent der technischen Leitung, während Flettner selbst als Präsident fungierte und die technische Gesamtleitung übernahm. Sein Unternehmen war hauptsächlich als Berater der US Navy bei neuartigen Flugzeugkonzepten und in der Weiterentwicklung des Flettner-Doppelrotors tätig.[2] Flettner erwog kurzzeitig eine Verbindung mit Kaman einzugehen, entschied sich aber dann gegen dieses Vorhaben, da er sich zu dieser Zeit mit dem Strahlantrieb von Kranhubschraubern befasste.[3]
Unter anderem ist Anton Flettner auch für die bekannten Flettner-Lüfter verantwortlich, die Luftaustausch in geschlossenen Räumen ohne eigenen Antrieb ermöglichen. Diese Entwicklung mag vom Savonius-Rotor, der 1924 von dem Finnen Sigurd Savonius erfunden wurde und dessen deutsches Patent[4] Flettner aufkaufte, beeinflusst gewesen sein. Die ständig rotierenden Lüfter waren in den 1930er- bis 1960er-Jahren bei Lieferwagen, Omnibussen, Eisenbahnwaggons und Booten weit verbreitet. Die Firma Flettner Ventilator Limited in Milton Keynes, Großbritannien, stellt noch heute Flettner-Lüfter her.[5]
Anton Flettner konzipierte 1930 den fünfachsigen „Krupp-Flettner-Großkraftwagen“. Dieser bestand aus einem einachsigen Krupp-Motorwagen und einem angekuppelten vierachsigen Wagen mit der Nutzfläche. Angetrieben waren die beiden hinteren Achsen durch eine vom Motorwagen mit drei Kardangelenken führende Antriebswelle. Die ersten beiden Achsen des Nutzwagens (Achse 2 und 3) wurden durch das Ausscheren des normal gelenkten Motorwagens durch Gestänge automatisch mitgesteuert. Dies sollte die Kräfte des Fahrers schonen und die Betriebssicherheit erhöhen. Ein Prototyp wurde bis 1931 hergestellt und auf der Berliner Automobilausstellung vorgeführt. Danach wurde das 13,74 m lange Fahrzeug von der KVG Sachsen, dem damals größten Busbetrieb Deutschlands, zum Transport von Treibgasflaschen genutzt. Der bis Mitte der 1930er-Jahre geplante Bau eines Fünfachs-Großomnibusses wurde nicht mehr verwirklicht.
Anton Flettner hat von 1912 bis 1960 mehr als 1000 Patente angemeldet.[6] Er ist auf dem Friedhof von Eddersheim begraben. Sein Grabmal steht unter Denkmalschutz.[7] In seinem denkmalgeschützten Geburtshaus, der Flettner-Villa, ist heute der städtische Kindergarten „Villa Kunterbunt“ von Eddersheim untergebracht.[8]
In einigen deutschen Städten wie Cuxhaven, Raunheim, Hattersheim am Main und Werder (Havel) existieren Anton-Flettner-Straßen.
Personendaten | |
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NAME | Flettner, Anton |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Ingenieur und Wissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 1. November 1885 |
GEBURTSORT | Eddersheim bei Frankfurt am Main |
STERBEDATUM | 25. Dezember 1961 |
STERBEORT | New York City, USA |