Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Freiname | Apalutamid[1] | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
4-{7-[6-Cyan-5-(trifluormethyl)pyridin-3-yl]-8-oxo-6-sulfanyliden-5,7-diazaspiro[3.4]octan-5-yl}-2-fluor-N-methylbenzamid | |||||||||||||||||||||
Summenformel | C21H15F4N5O2S | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißes, leicht gelbliches Pulver[2] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse |
nicht steroidale Antiandrogene | |||||||||||||||||||||
Wirkmechanismus |
Inhibition des Androgenrezeptor-Signalweges | |||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 477,44 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[2] | |||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
praktisch unlöslich in Wasser[2] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Apalutamid (im Englischen Apalutamide) ist ein orales, nicht-steroidales Antiandrogen (NSAA), welches zur Behandlung von Prostatakarzinomen eingesetzt wird.[4]
Prostatakarzinome entwickeln unter der Therapie mit Androgendeprivation (Entzug von Androgenen, zum Beispiel durch Hodenentfernung oder GnRH-Analoga) eine Überexpression von Androgen-Rezeptoren und werden dadurch therapieresistent. Daher wurde nach Medikamenten gesucht, die eine intensivere Bindung an Androgen-Rezeptoren aufweisen.[5] Im Tiermodell wurde das Pharmakon ARN-509 (späterer Name Apalutamid) als besonders aussichtsreich gefunden und in klinischen Studien erprobt. Am 14. Februar 2018 wurde Apalutamid aufgrund der SPARTAN-Studie[6] von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für die Behandlung von Patienten mit kastrationsresistentem, nicht metastasiertem Prostatakarzinom zugelassen.
Am 19. September 2019 erfolgte aufgrund der TITAN-Studie[7] die FDA-Zulassung von Apalutamid für Patienten mit Androgen-sensitivem, metastasierten Prostatakarzinom.[8] Am 19. März 2019 hat auch die Europäische Kommission Apalutamid für beide Indikationen zugelassen.[4]
Die Leitlinie Prostatakarzinom empfiehlt die Anwendung von Apalutamid beim Prostatakarzinom mit dem höchsten Empfehlungsgrad A in zwei Situationen:
Unter der Einnahme von Apalutamid kam es zu kardiovaskulären Ereignissen, zum Teil mit Todesfolge. In den Zulassungsstudie SPARTAN and TITAN starben 0,5 % mit Apalutamid und 0,2 % ohne an koronaren Herzerkrankungen. In der SPARTAN-Studie wurden unter Apalutamid mehr Knochenbrüche (12 %) beobachtet als ohne (7 %).
Bei der Einnahme können ferner Müdigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall, Hypertonie, Hautausschläge und eine Hypothyreose auftreten. Selten werden Krampfanfälle ausgelöst.[2]
Apalutamid wird von der Firma Janssen-Cilag unter dem Handelsnamen Erleada in zwei unterschiedlichen Packungsgrößen mit Filmtabletten zu je 60 mg Apalutamid vertrieben.[10] Die übliche Tagesdosis beträgt 4 Tabletten pro Tag.[11] Diese Dosierung von 240 mg pro Tag wurde auch in den Zulassungsstudien TITAN[7] und SPARTAN[6] verwendet. Bei Nebenwirkungen dritten Grades wird eine Unterbrechung empfohlen, bis die Nebenwirkungen auf Grad eins abgeklungen sind. Dann sollte mit 180 mg oder 120 mg Tagesdosis fortgesetzt werden.[2]
Die Bioverfügbarkeit beträgt 100 %. Im Mittel ist zwei Stunden nach Einnahme der höchste Plasmaspiegel erreicht. Die Plasmaproteinbindung beträgt 95 %.
Apalutamid bindet direkt an die „Ligand-binding-Domain“ des Androgenrezeptors und verhindert eine Androgen-Rezeptor-Translokation in den Zellkern, die DNA-Bindung und damit alle Androgen-Rezeptor-abhängigen Transkriptionen.[12]
Auf Basis der Ergebnisse aus dieser Studie erfolgte die Zulassung von Apalutamid beim metastasierten, Androgen-sensitiven Prostatakarzinom. Die Bezeichnung TITAN steht für „The Targeted Investigational Treatment Analysis of Novel Anti-androgen“ (ClinicalTrials-Nummer: NCT02489318).[13] In einer randomisierten, doppeltblinden, multizentrischen Phase-III-Studie wurden 525 Patienten mit metastasiertem Prostata-Karzinom mit Apalutamid und ADT behandelt, weitere 527 erhielten ein Placebo und eine ADT. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 22,7 Monaten lebten 68,2 % der Apalutamid-Patienten ohne Progress, in der Placebo-Gruppe nur 47,5 % (signifikant, p < 0,001). Auch das Gesamtüberleben war mit 82,4 % in der Apalutamid-Gruppe signifikant höher als in der Placebogruppe (73,5 %; p < 0,005).[7] Die Patienten hatten einen ECOG-Score von 0 oder 1. Viszerale Metastasen (Organbefall) hatten 128 der 1.042 Patienten. Eine Docetaxel-Chemotherapie ging bei 10,7 % der Patienten voraus.
Diese Studie war die Datenbasis für die Zulassung von Apalutamid für Patienten mit kastationsresistentem Prostatakarzinom und einer kurzen PSA-Verdoppelungszeit als Zeichen der besonderen Bösartigkeit. Die Bezeichnung SPARTAN steht für „Selective Prostate Androgen Receptor Targeting with ARN-509“ (ClinicalTrials-Nummer: NCT01946204[14]). In einer multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studie wurden 1207 bisher metastasenfreie Patienten mit Prostatakarzinom, die trotz Androgendeprivatation einen PSA-Anstieg mit einer Verdoppelungszeit von 10 Monaten oder weniger hatten, in eine Apalutamid-Gruppe (806 Patienten) und eine Placebo-Gruppe (401 Patienten) randomisiert. Zum Zeitpunkt der Auswertung war das metastasenfreie Überleben in der Apalutamid-Gruppe 40,5 Monate, in der Placebogruppe 16,2 Monate (hochsignifikant, p < 0,001). In beiden Gruppe wurde die ADT in gleicher Form fortgesetzt.[6] In einer späteren Auswertung nach Median 52 Monaten Nachbeobachtungszeit war auch die mittlere Gesamtüberlebenszeit unter Apalutamid mit 73,9 Monaten signifikant länger als mit Placebo (59,9 %).[15]