Gegründet wurde die Firma als Jung & Staimer OHG am 13. Februar 1885 von Arnold Jung und Christian Staimer. Am 3. September 1885 wurde die erste Lokomotive ausgeliefert. 1913 erfolgte die Umbenennung in Arnold Jung Lokomotivfabrik GmbH, Jungenthal. 1976 wurde die Lokomotivproduktion zugunsten anderer Produkte wie Werkzeugmaschinen, Transportwagen, Panzerplatten, Kräne und Brückenausleger aufgegeben.
Die Produktion wurde am 30. September 1993 eingestellt, das Werk geschlossen. Die Jung-Jungenthal GmbH besteht jedoch weiterhin als „Jungenthal Wehrtechnik GmbH“, diese gehört seit 2007 zum Flensburger Fahrzeugbau.[1] Auf dem Freigelände neben der Lokfabrik steht heute ein Lebensmitteldiscounter.
Insgesamt wurden mehr als 12.000 Lokomotiven gefertigt – unter anderem 1959 mit der 23 105 die letzte an die DB gelieferte Neubaudampflok – dazu noch Dampfkessel für andere Einsatzzweige wie Straßenwalzen.
Die TICINO (Fabriknummer 59) (in Privatbesitz) wurde 1889 gebaut und als Lok 2 vom Consorzio Correzione del Fiume Ticino in Bellinzona erworben. Die zweiachsige Lokomotive hat eine Spurweite von 1000 mm, sie wiegt 6,5 t, ist 4500 mm lang und leistet 50 PS.
L 10 B: Zweiachsige Lok mit Endführerstand, Blindwelle und Kuppelstangen. Spurweite 750 mm, LüP 6100 mm, Breite 2100 mm. Bei den Farbwerken Hoechst waren mehrere dieser Maschinen im Einsatz. Mit der Betriebsnummer 22-03 befindet sich heute eine der 77,3 kW leistenden Lokomotiven bei der Jagsttalbahn.
L 40: Vierachsige Lokomotive mit Mittelführerstand der Achsfolge BB, Spurweite 1000 mm. Die Maschine weist unter jedem Vorbau einen 250 PS leistenden Dieselmotor auf. Gebaut für eine Bahn in Brasilien kam die Lok mit der Fabriknummer 12022, Baujahr 1955, stattdessen als Kalkbahn Lohja 4 zu einer Zementfabrik in Finnland, 1972 dann in die Schweiz zur Luzern-Stans-Engelberg-Bahn (LSE), wo sie die Betriebsnummer Gm 4/4 111 erhielt.[2][3]
Eine Schwesterlokomotive des Baujahrs 1966, die ebenfalls zunächst in Finnland lief, ist etwas stärker motorisiert und heute als Gm 4/4 70 bei der Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) in Betrieb.
Die schmalspurigen, zweiachsigen Maschinen wurden wahlweise mit offenem und geschlossenem Führerstand ausgeliefert. Der Bau derartiger Fahrzeuge endete 1964.
MS 130: Spurweiten 500–750 mm, LüP 2860 mm, Achsstand 800 mm, Gewicht 2,8 t, 10/11 PS, Baujahre 1929–31, 90 Exemplare
MS 131: Spurweiten 500–900 mm, LüP 2880 mm, Achsstand 800 mm, Gewicht 2,8 t, 10/11 PS, Baujahre 1929–33, ca. 430 Exemplare
MSZ 130: Spurweiten 500–750 mm, LüP 3480 mm, Achsstand 900 mm, Gewicht 4,9 t, 20/22 PS, Baujahre 1929–34, ca. 100 Exemplare
MSZ 160: Spurweiten 600–1435 mm, Achsstand 1600 mm, Gewicht 10 t, 32/35 PS, Baujahre 1927–35, 7 Exemplare
EL 105: Spurweiten 500, 600, 700 und 1000 mm, LüP 2700 mm, Achsstand 780 mm, 4 t, 11/12 PS, Baujahre 1932–62, ca. 1400 Exemplare
EL 110: Spurweiten 600–900 mm, LüP 2890 mm, Achsstand 780 mm, 4 t, Einzylinder-Zweitakt-Dieselmotor Typ SE-110, 11/12 PS, Baujahre 1934–63, ca. 900 Exemplare
ZL 105: Spurweiten 600 und 750 mm, LüP 3400 mm, Achsstand 915 mm, 5,4 t, 22/24 PS, Baujahre 1933–59, ca. 980 Exemplare
ZL 110: Spurweite 600 mm, Baujahr 1939
ZL 114: Spurweiten 600–1000 mm, LüP 3420 mm, Achsstand 890 mm, 5,4 t, 22/24 PS, Baujahre 1935–60, ca. 800 Exemplare
ZL 233: Spurweiten 500–1000 mm, LüP 4780 mm, Achsstand 1150 mm, 8 t, 40/44 PS, Baujahre 1938–56, 118 Exemplare
DL 233: Spurweiten 600 und 750 mm, LüP 4780 mm, Achsstand 1226 mm, 8/10 t, 52/56 PS, Baujahre 1950–64, 16 Exemplare
VL 234: Spurweite 600 mm, 80/88 PS
VL 244: Spurweiten 600 und 650 mm, LüP 5020 mm, Achsstand 1300 mm, 12/15 t, 80/88 PS, Baujahr 1956, 5 Exemplare
MSZ 130
EL 105
EL 110
ZL 114
ZL 233
Auch dreiachsige Feldbahnlokomotiven wurden bei Jung gebaut:
Für den Werksverkehr baute Jung feuerlose Dampfspeicherlokomotiven. 1921 entstand die 1922 an die Bremer Woll-Kämmerei ausgelieferte Lok 2 (Fabriknummer 3239). Die B-gekuppelte 150 PS leistende Maschine war dort mindestens bis 1970 in Betrieb. 1925 ging die Lok mit der Fabriknummer 3438 an die Monopolverwaltung für Branntwein in Berlin-Reinickendorf.[5]
1937 erhielt die Margarine-Union in Hamburg eine ungewöhnliche Dampfspeicherlok mit vorn liegenden Zylindern und Abdampfführung durch einen Schornstein, die aufgearbeitet wurde und museal erhalten ist.[6]
Zwischen 1938 und 1943 war Jung am Bau der WehrmachtslokomotivenWR 200 B 14 (spätere V 20 der DB) und WR 360 C 14 (spätere V 36) beteiligt. Ein erhaltenes Exemplar einer bei Jung gebauten WR 200 B 14 ist die V 20 020 der Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahn in Segeste.
Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte Jung, sich in Anlehnung an die WR 360 C 14 mit den Typen R 361 C und R 362 C ein neues Standbein im Diesellokomotivbau zu schaffen. Von diesen regelspurigen Loks (ERR-Baureihe 4211) konnten jedoch nur insgesamt 42 Maschinen an die Ägyptischen Staatsbahnen verkauft werden. Nennenswerte Erfolge erzielte Jung erst mit den neuen Industrietypen RK 20 B und R 40 C.
DN 233: Hierbei handelt es sich um eine zweiachsige Diesellokomotive für den Rangierbetrieb. Die ersten drei Maschinen entstanden 1939 und 1943, weitere sechs folgten zwischen 1950 und 1961.[7]
VN 234: Zweiachsige Rangierlok, 9 Exemplare, Bauzeit 1939 bis 1958.[8]
ZN 233: Zweiachsige Rangierlok, 15 Exemplare, Bauzeit 1939 bis 1958.[9]
RK 12 B: Achsfolge B, 6880 mm lang, Dienstmasse 24 t, Leistung 88 kW. Die Maschine mit der Fabriknummer 12749 wurde 1957 an die Monopolverwaltung für Branntwein in Berlin-Reinickendorf geliefert.[5]
RK 15 B: Der zweiachsige B-Kuppler ist über Puffer 6450 mm lang, er hat eine Dienstmasse von 24 t und leistet 110 kW. 1960 erhielt die West-BerlinerBewag für ihr Kraftwerk Oberhavel ein Exemplar (Fabriknr. 13284, Betriebsnr. 2).[11]
RK 20 B: B-gekuppelte Diesellokomotive mit endständigem Führerstand, 1952 wurde eine solche Maschine als Nr. 5 von der Gelsenberg Benzin AG in Gelsenkirchen-Horst erworben.[6] Die Osthavelländische Eisenbahn (OHE) in Berlin-Spandau hatte mit der DL 2 ebenfalls eine RK 20 B in ihrem Bestand,[12] eine weitere (Betriebsnummer 3) ging 1953 an die Industriebahn Neukölln.[4]
RC 24 B: Die Loks 5 bis 7 des Berliner Gaswerks Mariendorf waren B-gekoppelte Maschinen dieses Typs. Sie wurden 1966 und 1968 gebaut, waren über Puffer 6840 mm lang, hatten eine Dienstmasse von 30 t und leisteten 184 kW.[4]
R 42 C: Die Lok unterscheidet sich von der R 40 C vor allem durch den um sechzig Zentimeter verkürzten Radstand.[15] Sie war hauptsächlich für den Rangiereinsatz im Werksdienst vorgesehen. Von der Maschine wurden zwischen 1955 und 1962 42 Exemplare gebaut. Mit sieben übernommenen Lokomotiven war die Bundeswehr größter Abnehmer der R 42 C. Die Siegener Kreisbahn und die Kleinbahn Weidenau–Deuz erhielten je vier Exemplare, die Freie Grunder Eisenbahn eines.[16] Mit der DL 3 kam 1955 eine R 42 C zur OHE nach West-Berlin.[12]
RC 43 C: Achsfolge C, LüP 8640 mm, Dienstmasse 48 t, 305 kW. 1970 erwarb die Industriebahn Neukölln als Lok 5 die Maschine mit der Fabriknummer 14040.[17]
R 60 D: Vierachsige Stangenlokomotiven mit einer LüP von 9900 mm, 60 t Dienstmasse und einer Leistung von 650 kW. Die OHE erhielt von Jung die Maschinen Nr. 4 (1960), 5 (1963) und 6 (1966).[12]
RC 70: Die RC 70 ist eine vierachsige Drehgestelllokomotive mit der Achsfolge B’B’. Sie ist 12.240 mm lang, 76 t schwer und leistet 773 kW. Das Einzelstück wurde im Juni 1972 von der OHE in Dienst gestellt.[12]
Weitere regelspurige Bauarten waren die ZN 113, VN 234, RK 11 B und RK 24 B.
Wie andere Lokomotivfabriken baute Jung auch Kleinlokomotiven der Leistungsgruppe II (Kö II und Köf II; interne Bezeichnungen NDR 130 und VN 134) sowie Loks der DB-Baureihen Köf III, V 90[18] und V 100.[6]
EN 112: auch für Spurweite 1524 mm, LüP 4250 mm, Achsstand 1600 mm, Gewicht 5 t, 10/11 PS, Baujahre 136–60, 16 Exemplare
EN 113: LüP 4800 mm, Achsstand 2000 mm, Gewicht 8 t, 22/24 PS, Baujahre 1937–62, 31 Exemplare
ZN 113: 24 PS, Dreiganggetriebe, Dienstgewicht wahlweise 6 t, 7,5 t oder 9 t. Eine 1941 an ein Sägewerk in Neuhaus an der Pegnitz gelieferte Maschine dieses Typs ist dort auf dem Gelände einer Brauerei ausgestellt.[6]
Die Siemens-Güterbahn in Berlin-Siemensstadt erhielt im Dezember 1965 von Jung eine zweiachsige Elektrolok. Das zweimotorige Fahrzeug mit der Fabriknummer 13832 und der Betriebsnummer 4 war die erste fahrdrahtabhängige Lokomotive mit Thyristor-Impulssteuerung. Sie wurde mit einer Gleichspannung 550 V betrieben, hatte eine Stundenleistung von 238 kW, war 7,6 m lang und wog 42 t.[19]
Stefan Lauscher, Gerhard Moll: Jung-Lokomotiven. Geschichte und Lokomotiven der Arn. Jung Lokomotivfabrik in Jungenthal 1885–1987. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2012, ISBN 978-3-88255-797-8.