Die Assiniboine (Aussprache: Assinabeun) sind ein Volk der Indianer Nordamerikas, die historisch zum Kulturareal der Prärie-Indianer gerechnet werden. Sie lebten ursprünglich als reine Jäger und Sammler und sprechen eine Sioux-Sprache, die sehr nah mit dem Idiom der Yanktonai-Sioux verwandt ist, von denen sie sich vor 1640 abspalteten. Das Wort Assiniboine leitet sich sowohl vom Anishinabe-Wort Asiniibwaan als auch vom Cree-Wort Asini Pwat (oder Asini Pwat-sak – Plural) her und bedeutet ungefähr: „Jene Sioux (‚Feinde‘), die auf Steinen kochen“ – die Fremdbezeichnung übernahmen sie als Spitznamen und nannten sich Assseeneepoituc.[1] Sich selbst nannten die Assiniboine hingegen Nakonabi (Singular: Nakona – ‚Freundliches Volk‘, ‚Verbündete‘, ‚Alliierte‘),[2][3] in Kanada werden sie Stoney genannt (dies führt oft zur Verwechslung mit den Stoney, die auch Nakoda genannt werden).
Vor der Unterwerfung durch die Weißen lebten die Assiniboine im Osten westlich von York Factory an der südwestlichen Küste der Hudson Bay, Lake Nipigon, Ontario, und des Lake Superior (Oberer See) bis in die Rocky Mountains (in Assiniboine: In-yan-he-tonga – ‚Große Berge‘) des westlichen Alberta und des östlichen British Columbias.[2] Hierbei dominierten sie Mitte des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts die kanadischen Prärieprovinzen (den Südosten Saskatchewans, Südwesten Manitobas sowie den Osten Albertas) und lebten in den Tälern des Saskatchewan Rivers und des Assiniboine Rivers (in Assiniboine: Hohe Wakpa – ‚Fluss der Rebellen‘, d. h. der Assiniboine). Im Süden beherrschten sie die amerikanischen Plains bis zum Milk River und Missouri River[4] im Nordosten Montanas und Nordwesten North Dakotas in den USA. Im Norden streiften und wanderten sie bis in die Prärie-, Wald- und Seengebiete der borealen Wälder entlang des Athabasca, McLeod und North Saskatchewan River. Zudem dominierten sie die Handelsrouten zu den Handelsposten der Hudson’s Bay Company entlang des Hayes, Nelson und Churchill River. Die Assiniboine waren eng mit den Plains Cree und Plains Ojibwa verbündet, mit denen sie gemeinsam die Cree-Konföderation (Cree: Nehiyaw-Pwat, Nehiyawak – ‚Plains Cree‘, Asini Pwat – ‚Assiniboine‘)[5] bildeten und fast ständig im Krieg gegen die verwandten Sioux (Lakota, Nakota und Dakota), die Blackfoot, Sarcee und Gros Ventre lagen.
Die Unterscheidung zwischen Woodland Assiniboine / Woods / Bush Assiniboine („Assiniboine der Wälder bzw. des Buschlandes“) – bzw. auf Grund der geographischen Lage ihrer Stammesgebiete auch als Northern Assiniboine („Nördliche Assiniboine“) bezeichnet – und den südlich von ihnen lebenden Plains Assiniboine („Assiniboine der Plains (Ebenen)“) – bzw. Southern Assiniboine („Südliche Assiniboine“) – war wie bei den eng verwandten Stoney primär eine ökologische und geographische.[6]
Die Woodland Assiniboine bewohnten die borealen Wald- und Seen-Regionen westlich der Rainy Lake-Lake-of-the-Woods-Region im Südwesten Ontarios und Südosten Manitobas bis zum Churchill River, Nelson River und Hayes River im Nordosten Manitobas. Westwärts erstreckte sich ihr Stammesgebiet entlang des Saskatchewan River bis zu den Oberläufen des Athabasca, McLeod sowie zwischen dem North Saskatchewan River und den Eagle Hills südlich des Battle Rivers im mittleren Alberta und westlichen Saskatchewan. Die Woodland Assiniboine lebten vom Frühjahr bis Frühherbst vom Fischen, Fallenstellen und der Jagd auf Wasservögel, Kleinwild (Bibern, Bisamratten, Stachelschweinen) sowie auf Großwild (Wapitihirsche, Dickhornschafe und Schneeziegen), ergänzt durch das Sammeln von Früchten, Beeren und Wurzeln. Die Woodland Assiniboine kontrollierten zudem die Handelsrouten entlang der Flussläufe des Hayes, Nelson und des Churchill River. Südliche Bands der Woodland Assiniboine, die entlang des North Saskatchewan und Battle River lebten, zogen oft in die Aspen Parklands genannten Waldsteppen-Gebiete, die ein Übergangsgebiet zwischen Plains und borealem Wald darstellen, sowie auf die angrenzenden Plains im Süden, um dort zusammen mit ihren Stammesverwandten, den Plains Assiniboine, auf Bisonjagd zu gehen. Im Gegensatz zu den Plains Assiniboine besaßen die Woodland Assiniboine sehr wenige oder keine Pferde und unternahmen daher alle Wanderungen zu Fuß oder per Kanu.
Die Plains Assiniboine lebten vom Red River of the North im Osten, westwärts entlang des Assiniboine und Qu’Appelle River, zwischen dem North und South Saskatchewan bis zum Red Deer River. Die Plains Assiniboine jagten im Gegensatz zu ihren nördlichen Stammesverwandten meist nur Großwild (Dickhornschafe, Hirsche, Elche, Präriebisons), ergänzten ihre Nahrungsbasis ebenfalls durch Bisamratten, Stachelschweine und Biber sowie durch das Sammeln von Früchten, Beeren und Wurzeln. Da die Plains Assiniboine zudem weit mehr Pferde besaßen als ihre nördlichen Verwandten, waren sie mobiler und glichen sich der Lebensweise auf den Plains immer mehr an. Als Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts viele Plains Assiniboine die Flussläufe des Assiniboine und Qu’Appelle Rivers verließen und weiter nach Süden sowie Südwesten auf die nordwestlichen und nördlichen Plains zogen,[7] wurde die Bisonjagd bald die Hauptquelle für den Nahrungserwerb. Die meisten Bands streiften nun im Westen zwischen den Cypress Hills im Süden der kanadischen Provinzen Saskatchewan und Alberta und den Little Rocky Mountains (auch Little Rockies genannt) entlang des Missouri River bis zum Musselshell River, dann über die Plains bis zur Mündung des Powder River in den Yellowstone River, ostwärts entlang des nördlichen Ufers des Yellowstone bis zu dessen Mündung in den Missouri. Das Gebiet erstreckte sich dann den Missouri flussabwärts bis zur Mündung des White Earth River sowie nordwärts entlang des westlichen Ufers des White Earth bis zu den Sweet Grass Hills in den Plainsgebieten von Montana und North Dakota.[8] Wichtige Jagdgründe waren zudem die Flusstäler des Milk River, Poplar River und Souris River (in den USA Mouse River genannt) im Osten. Im Gegensatz zu benachbarten Plains-Stämmen blieb der Fisch weiterhin für die Plains Assiniboine eine bedeutende Nahrungsquelle – zudem galten sie unter benachbarten Stämmen sowie bei weißen Händlern und Militärs als regelrecht pferdearm und wurden daher zu gefürchteten und geschickten Pferderäubern, um weiterhin auf den Plains erfolgreich auf Jagd gehen zu können sowie sich militärisch gegenüber anderen Stämmen zu behaupten.
Schon vor dem ersten Kontakt mit den Weißen hatten sich die damals noch in den borealen Wald- und Seengebieten zwischen Rainy Lake, Lake of the Woods und den südlichen Lake Manitoba und Lake Winnipeg (in Assiniboine: Mi-ni-tonga – ‚Großes Wasser‘)[9] lebenden Assiniboine von den Wazikute (‚Shooters Among the Pines‘) der Upper Yanktonai abgespaltet und wurden von den Europäern im Gegensatz zu den Dakota (‚Südliche Nakoda‘) in Minnesota als Nördliche Nakoda bezeichnet. Diese südöstlichen Assiniboine-Gruppen lebten vom Fischfang, der Jagd auf Vögel und Wild, dem Anbau von Feldfrüchten sowie der Ernte von Wildreis. Nachdem die Franzosen und Engländer Anfang des 17. Jahrhunderts erste Handelsposten im Gebiet der Großen Seen sowie entlang der Hudson Bay errichtet hatten, waren diese Gruppen der Assiniboine ab 1650 die ersten unverzichtbaren Mitspieler im Pelzhandelsnetzwerk der Odawa (Adawe – ‚Händler‘) und Franzosen der westlichen Großen Seen. Da die Franzosen bestrebt waren, den Pelzhandel mit den Assiniboine zu erweitern, errichtete Daniel Greysolon Dulhut 1678 einen Handelsposten am Lake Nipigon.
Jedoch hatten Swampy Cree und Woodland Cree, die nördlich der Assiniboine entlang der südlichen Hudson Bay und James Bay wohnten, bereits früher Kontakt zu den europäischen Händlern und deren Produkten (Eisenwaren, Waffen, Munition, Perlen). Besonders als 1670 die Hudson’s Bay Company mitten in deren Gebiet die Handelsstation York Factory errichtete, hatten die Cree einen unmittelbaren militärischen Vorteil gegenüber den benachbarten Stämmen, den sie gegenüber den südlich lebenden Assiniboine ausspielten. Bereits von Feinden im Osten (Ojibwa) und im Süden (Dakota) umgeben, verbündeten sich die Assiniboine mit den Cree, mit der Absicht, Frieden zu wahren.[10] Beide Stämme lebten daraufhin oft zusammen und gingen in großer Zahl Mischehen ein – wobei die Cree-Gruppen meist versuchten, sich in unmittelbarer Nähe der Handelsstationen anzusiedeln, während die Assiniboine weiterhin ihrer semi-nomadischen Lebensweise nachgingen. Die Assiniboine und Cree (Anfang des 18. Jahrhunderts schlossen sich die west- und südwestwärts gezogenen Plains Ojibwa an) bildeten eine starke Militärallianz, die als Cree-Konföderation oder Iron Confederacy bezeichnet wurde – sie selber bezeichneten ihre Allianz als Nehiyaw-Pwat (in Cree: Nehiyaw – ‚Cree‘ und Pwat oder Pwat-sak – ‚Sioux (Feinde)‘). Bereits im 17. Jahrhundert berichteten die europäischen Händler und Reisenden, dass die Assiniboine Cree als Zweitsprache nutzen. Viele Cree-Gruppen sprachen ebenfalls Assiniboine.
Die Cree-Konföderation ermöglichte es den verbündeten Stämmen ab 1680 ein umfangreiches Kanu-Handelssystem aufzubauen: Entlang des Lake Winnipeg und des Nelson River, Rainy Lake, Lake of the Woods, Winnipeg River und Lake Winnipeg nordostwärts bis zur York Factory an der Hudson Bay sowie als alleinige Zwischenhändler zwischen Engländern und Franzosen und den Stämmen im Westen (Blackfoot, Gros Ventre, Sarcee), im Norden (Chipewyan, Dogrib) und im Süden (Hidatsa, Mandan). Ohne die Cree und Assiniboine, die die Kontrolle über die einzigen Transportwege, die mit den sogenannten Pelzhandelskanus befahrenen Flüsse und Seen, innehatten, hätte es den Pelzhandel in dieser Form nie gegeben.[11] Gleichzeitig gestattete ihnen die bessere Waffenausrüstung die Expansion nach Westen, Süden und Norden, wobei sie militärisch gegen die Chipewyan im Norden und die Dakota im Süden (1670–1700) vorgingen. Für die Sioux (Dakota, Nakota, Lakota) gehörten die Assiniboine nunmehr nicht mehr zu den Oceti Sakowin (‚Das Feuer der sieben Stämme‘, ‚Die sieben Ratsfeuer‘) – sie waren für sie nur noch Feinde, die sie als Hohe (‚Rebellen‘) bezeichneten.
Die Assiniboine und Cree etablierten somit ein Monopol im Handel zwischen den Plains-Stämmen (Blackfoot, Sarcee, Gros Ventre, Absarokee u. a.) und Plateau-Stämmen (Flathead, Kutenai, Sekani, Secwepemc) im Westen, den Missouri River-Stämmen (Mandan, Hidatsa und Arikaree) im Süden und den Stämmen im Norden (Chipewyan, Daneẕaa, Slavey, Yellowknife, Dogrib). Die Assiniboine und Cree boten den Stämmen zu erhöhten Preisen (die Gewinnspannen waren enorm) englische und französische Güter (besonders Gewehre, Munition, Metallwaren, Messer, Ahlen, Äxte, Tomahawks, Kessel, Tabak und Alkohol) im Tausch gegen Feldfrüchte, den hochgeschätzten Leder- und Federarbeiten der Mandan, bemalten Bisonroben, gegerbten und mit Pelzen und Federn verzierten Wildlederhäuten sowie bemalten Federn und ab ca. 1740 auch gegen Pferde. Die Assiniboine und Cree handelten nun ihrerseits diese Güter, zusammen mit den von ihnen während des Jahres erlegten Biber-, Mink-, Luchs- und Otter-Pelzen sowie Bisamfelle.
Die Assiniboine und Cree (nun oft als Westliche Cree oder Plains Cree bezeichnet) zogen auf der Suche nach neuen Jagdgründen zur Versorgung der europäischen Händler mit Pelzen sowie um den ab 1720 nun ebenfalls mit französischen Waffen ausgestatteten Dakota auszuweichen, west- und nordwärts, wobei sie den Flussläufen des Saskatchewan, Red River of the North, Assiniboine und Qu’Appelle River folgten und verbündeten sich mit den Blackfoot, Sarcee und Gros Ventre. Mit ihnen bildeten sie eine Handels- und Militärallianz im Kampf gegen die Chipewyan, Nördlichen und Östlichen Shoshone, Arapaho und Sioux. Da die Blackfoot und Gros Ventre in ihrem Kampf gegen die pferdereichen und mächtigen Shoshone entlang des South Saskatchewan Gewehre und Munition benötigten, waren sie von den Cree und Assiniboine abhängig, die als einzige direkten Zugang zu den Handelsstationen der Franzosen und Engländer hatten, und es etablierte sich bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine friedliche Koexistenz in den Plains und Parklands. Die Assiniboine spalteten sich durch die West- und Nordwestwanderung in zwei große Gruppen – in die weiterhin in den Seen- und Waldgebieten des borealen Schildes nördlich des North sowie Saskatchewan River lebenden Woodland Assiniboine (‚Nördliche Assiniboine‘) und in die südlich in den Aspen Parklands, zwischen North Saskatchewan und Red River of the North, bis in die kanadisch-amerikanischen nordwestlichen Plains im Norden Montanas und North Dakotas, lebenden Plains Assiniboine (‚Südliche Assiniboine‘).
1744 trennten sich die Assiniboine erneut, da manche westliche Gruppen der Woodland Assiniboine (‚Nördliche Assiniboine‘) tiefer in die Rocky Mountains und in die Prärieprovinzen nördlich und westlich der Assiniboine zogen. Zusammen mit ebenfalls nach Nordwesten gewanderten Gruppen der Lakota bildeten sie nun eine eigenständige Gruppe, die als Stoney oder Mountain / Rocky Assiniboine bezeichnet wurde und streiften vom Süden British Columbias bis ins nördliche Montana. Obwohl die Stoney mit den Assiniboine verwandt, aber nicht identisch sind,[12] bestehen sprachlich zwar große Ähnlichkeiten, die Dialekte können aber trotzdem nur mit Mühe gegenseitig verstanden werden. Die Assiniboine nannten die nach Westen gezogenen Gruppen der Stoney Te’ha Nakota (‚Far Away Assiniboine‘ – ‚Weit weg lebende Assiniboine‘).[13]
Die Südlichen Assiniboine (oder ‚Plains Assiniboine‘), Plains Cree und Plains Ojibwa entwickelten sich durch das Vordringen nach Westen und Südwesten langsam von ehemals per Kanu und zu Fuß reisenden Waldland-Indianern zu Plains-Indianern (wobei lediglich die Südlichen Assiniboine wirklich zu den Plains-Völkern zu rechnen sind, da die Cree und Ojibwa weiterhin meist in der Nähe der Handelsposten der Engländer, Franzosen und Amerikaner siedelten und nur zur Jagd auf die Plains zogen). Obwohl die neuen Stammesgebiete der nordwestlichen Plains und Aspen Parklands weniger reich an Kleinwild (Biber, Bisamratten) sowie Fischen und Vögeln waren als die Wälder und Seen im Osten, bot sich den Stämmen doch bedeutend mehr Großwild (Antilopen, Wapiti, Weißwedelhirsche, Maultierhirsche) und besonders Bisons als Nahrungsgrundlage.
Ab 1740 waren die westlich und südwestlich lebenden Blackfoot, Absarokee und Gros Ventre die größten Pferdehändler in der Region. Das Pferd (ein Import der Europäer) breitete sich wildlebend (Mustang (Pferd)) sowie über Handel und Raubzüge von Süden kommend aus und erreichte den Norden gegen Mitte des 18. Jahrhunderts. 1754 berichtete Anthony Henday[14] zuerst, dass Assiniboine Pferde zum Transport von Gütern benutzten – aber noch nicht als Reittiere. 1766 berichtete jedoch William Pink bereits über eine große Gruppe von Assiniboine am Zusammenfluss des North und South Saskatchewan, die so viele Pferde besaßen, dass sie teilweise begannen, das Kanu als Transport- und Fortbewegungsmittel aufzugeben. 1776 waren laut dem Bericht von Alexander Henry (dem Älteren 1739–1824) die westlichen Gruppen der Plains Assiniboine für ihre großen Pferdeherden bekannt. Die Plains Assiniboine im östlichen Saskatchewan und südlichen Manitoba bezogen ihre Pferde durch ihre bereits zuvor etablierten Handelsbeziehungen zu den Stämmen im Missouri River Valley, den Mandan und Hidatsa (wobei besonders die Hidatsa als Pferdehändler in Erscheinung traten, da die pferdereichen Absarokee im Westen einst zu den Hidatsa gehörten). Die Plains Assiniboine in Alberta und im westlichen Saskatchewan bekamen ihre Pferde von den Blackfoot und Gros Ventre.
Zwischen 1730 und 1740 erreichten die ersten französischen Händler die Dörfer der Mandan und Hidatsa und begannen (verstärkt nach der Errichtung von Fort Souris und Brandon House an der Mündung des Souris River in den Assiniboine River) und mit diesen direkt zu handeln, was die Assiniboine und ihre Verbündeten in ihrer Stellung als Zwischenhändler auf den Plains in Frage stellte. Die Mandan und Hidatsa tauschten Wolfsfelle und Fuchsfelle, Biberpelze, Bisonhäute, Fleisch, Mais, Hunde sowie kriegsgefangene indianische Frauen gegen Gewehre, Munition, Pulver, Tabak, Äxte, Messer, Ahlen, Meißel und sog. Luxusartikel, wie billige Perlen und Glaskugeln. Hunde waren besonders im Winter in den angrenzenden nördlichen Wäldern und Rocky Mountains als Transporttiere nützlich und zudem in der Haltung billiger als Pferde.
Die französischen Händler oder Voyageurs und Waldläufer (franz.: Coureurs des bois) kauften die jungen indianischen Frauen und nahmen sie als Gefährtin und zugleich als Fürsprecherin im Kontakt mit benachbarten Stämmen oder deren eigenem Stamm. Aus diesen Verbindungen bildeten sich die verschiedenen Gruppen der Métis (neben französischer auch englischer und schottischer Beteiligung) und bildeten alsbald unabhängige Ethnien, die ab ca. 1800 eine wichtige Rolle im Pelzhandel und insbesondere in der Versorgung der Forts und Handelsposten mit Nahrungsmitteln (etwa Pemmikan), als auch deren militärischer Sicherung gegen feindliche indianische Stämme übernahmen. Wichtige Persönlichkeiten sowie manch berühmte Häuptlingsfamilien der Nehiyaw-Pwat waren im eigentlichen Sinne keine Indianer, sondern gehörten den Métis an. Von nun an häuften sich die Überfälle der Assiniboine und Cree auf die Mandan und Hidatsa, um an Pferde zu gelangen und Frauen zu rauben – sowie den Handel mit den Europäern so stark wie möglich zu stören und zu hintertreiben.
Die Auseinandersetzungen begannen mit dem Ende des Siebenjährigen Krieges in Nordamerika (1754–1763) als letztem Franzosen- und Indianerkrieg zu eskalieren, als die frankokanadische North West Company und anglokanadische Hudson’s Bay Company begannen, Handelsposten westwärts entlang des Red River Valley, des Assiniboine River sowie des Saskatchewan River zu errichten. 1774 wurde Cumberland House am Unteren Saskatchewan River, 1777 Hudson’s House und 1795 Edmonton House am North Saskatchewan River und 1799 Rocky Mountain House und Acton House am Zusammenfluss des Clearwater River und North Saskatchewan River gegründet – diese neuen Posten befanden sich entweder am östlichen Rand oder mitten im Gebiet der Blackfoot und Gros Ventre.
Die Pocken-Epidemie von 1780 bis 1781 dezimierte und schwächte die Stämme am Oberen Missouri und auf den kanadischen Plains sehr. Besonders die Shoshone, Mandan und Hidatsa sowie Gruppen der Südlichen Assiniboine hatten darunter zu leiden. Die Shoshone wurden so sehr geschwächt, dass sie den (mit Cree- und Assiniboine-Gewehren bewaffneten) Gros Ventre und Blackfoot nach Westen und Südwesten ausweichen mussten und endgültig die Plains verlassen und nunmehr nur noch in den Bergausläufern am Rande der Ebenen leben mussten. Die Mandan und Hidatsa verloren ihrerseits über die Hälfte ihrer Bevölkerung von zusammen ca. 11.500 Menschen – zudem führten ständige Attacken der nun ebenfalls berittenen Lakota (Teton-Sioux) zu Mangelernährung unter den Stämmen, da die Mandan und Hidatsa es bald nicht mehr wagten, ihre Felder zu bestellen und auf die Jagd zu gehen. Die Mandan flohen daraufhin aus ihrem alten Stammesgebiet am Zusammenfluss des Heart River und Missouri River (heutiges Bismarck) und zogen den Missouri flussaufwärts, um sich den Hidatsa anzuschließen, die entlang des Knife River lebten.[15]
Die Pocken-Epidemie schwächte auch die Nehiyaw-Pwat sehr – ganze Gruppen der Südlichen Assiniboine wurden ausgelöscht und mussten sich neu organisieren und stabilisieren. Die Plains Cree (von denen Schätzungen nach vielleicht die Hälfte der Seuche erlagen) konnten zwar zusammen mit den Plains Ojibwa das Machtgleichgewicht, das durch die Vernichtung großer Teile der südlichen Gruppen der Plains Assiniboine bedroht war, wiederherstellen – doch die Assiniboine, deren Population sich zwar teilweise erholte, konnten ihre alte Machtstellung nie wiederherstellen. Die Pocken-Epidemie hatte aber den europäischen Händlern klargemacht, dass sie, im Angesicht der augenblicklichen Schwäche der Nehiyaw-Pwat, direkten Kontakt zu den weiter westwärts lebenden Plains- und Plateau-Stämmen aufnehmen (und hierfür die Blackfoot-Konföderation als Partner gewinnen) mussten.
Durch die vermehrten Handelskontakte kam es immer wieder zu schweren Epidemien unter den Stämmen, die oft auf Jahre hinaus den Pelzhandel zusammenbrechen ließen. 1835 sollte sich eine entlang des Athabasca und Peace River ausbrechende Grippe-Epidemie als mindestens ebenso katastrophal auswirken, der viele Wood Stoney, Woodland Assiniboine und Woodland Cree im Norden zum Opfer fielen. 1838 folgte eine ebenso heftige Epidemie, so dass die Zahl der Plains Cree wohl um fünf Sechstel (wenn nicht mehr) zurückging. Um 1780 gab es gemäß Schätzungen zwischen 6.000 und 10.000 Assiniboine, zwischen 1836 und 1839 starben rund 4.000 Stammesangehörige (zwischen der Hälfte und zwei Drittel) an den Pocken.
Die Cree und Assiniboine hatten durch die Errichtung der Handelsposten im Gebiet der Blackfoot und Gros Ventre ihre Position als Zwischenhändler verloren – diese Stämme waren nun nicht mehr darauf angewiesen, ihnen Pferde, Pelze und Bisonfleisch im Tausch zu den durch den Zwischenhandel teuren Gütern der Weißen zu geben. Der Prozess der Entfremdung wurde zudem beschleunigt, als die traditionelle Quelle der Cree und Assiniboine für Pferde – die Hidatsa und Mandan im Missouri River Valley, durch Pocken- und Choleraepidemien stark dezimiert – zunehmend versiegte. Sie waren nicht mehr länger in der Lage, Pferde in ausreichender Menge zu liefern sowie die einstigen gemeinsamen Feinde – die Shoshone und Arapaho aus dem Gebiet des South Saskatchewan Rivers – südwärts nach Wyoming und Idaho von den Nordwestlichen Plains zu vertreiben.
Da immer mehr Cree- und Assiniboine-Gruppen westwärts auf die Plains zogen (und ihnen folgend ihre Verbündeten, die nun als Plains Ojibwa oder Saulteaux bezeichneten Gruppen der Ojibwa) und nach 1730 ihre Lebensweise auf das Pferd als Reit-, Jagd- und Transporttier umstellten, wurde die Versorgung mit Pferden um die Jahrhundertmitte zur Existenzfrage. So begann ab den 1770er Jahren eine lange Phase scharfer Konkurrenz, die häufig militärisch eskalierte. Pferdediebstahl war in dieser Phase nicht nur ein Beweis des Mutes, sondern oftmals ein verzweifelter Beitrag zum Überleben, denn viele ethnische Gruppen konkurrierten um die Jagd in den Graslandschaften. Besonders die Assiniboine erwarben sich bald einen Ruf als exzellente Pferdediebe. Doch die Kriege (ca. 1770 – ca. 1800) hatten für die Nehiyaw-Pwat auch einen Nachteil – ihre einstigen indianischen Bezugsquellen für Pferde (Blackfoot, Gros Ventre, Mandan, Hidatsa) waren zu ihren Feinden geworden – und die Assiniboine galten bald (trotz ihres Rufes als erfolgreiche Pferdediebe) als der pferdeärmste Stamm auf den Nördlichen Plains.
Daher knüpften die Cree und Assiniboine Kontakte mit den Flathead und verbündeten sich mit den Absarokee (engl. Crow genannt) im heutigen Montana, die zu Anfang Pferde von Spaniern bezogen hatten, aber auch verwilderte Pferde einfingen und bald selbst züchteten. Da aber diese beiden Stämme bereits erbitterte Feinde der Blackfoot waren, zerbrach die Cree-Assiniboine-Blackfoot-Allianz und es kam zu erbitterten Kämpfen. Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts hatten die Cree, vermittelt durch die Mountain Stoney, mit den Secwepemc (engl. Shuswap) und Kutenai Frieden geschlossen und sie in das große Netzwerk der Nehiyaw-Pwat eingegliedert. Die besser bewaffneten Cree und Assiniboine schlugen die Gros Ventre und östlichen Blackfoot-Gruppen in den 1780er und 1790er Jahren mehrmals. Besonders stark hatten die pferdereichen Gros Ventre unter den Raub- und Kriegszügen der Cree und Assiniboine zu leiden, da sie ihre Wohngebiete entlang der Saskatchewan River Forks (dem Zusammenfluss von North und South Saskatchewan River) hatten und als erste den mit Gewehren bewaffneten Angriffen standhalten mussten. Als Vergeltung für die Versorgung ihrer Feinde mit Waffen griffen die Gros Ventre 1793 die Niederlassung der Hudson’s Bay Company in South Branch House am South Saskatchewan River nahe der heutigen Stadt St. Louis an und brannten sie nieder. Anschließend zog der Stamm südwärts an den Milk River in Montana und verband sich noch enger mit den ebenfalls nach Südwesten ausgewichenen Blackfoot. Das Gebiet zwischen dem North Saskatchewan River und Battle River (der Name leitet sich von den Krieg zwischen den beiden Gruppen her) wurde zur Grenze der nun beiden verfeindeten Stammes-Allianzen.[16]
Zwischen 1790 und 1850 befanden sich die Cree (Plains Cree und Woodland Cree) sowie die mit ihnen verbündeten Assiniboine, Stoney, Plains Ojibwa (auch als Saulteaux bekannt) und Métis auf dem Höhepunkt ihrer Macht – sie konnten erfolgreich ihre Gebiete gegenüber den Sioux (Lakota, Nakota und Dakota) und der Konföderation der Blackfoot (Siksika, Piegan, Kainai, Inuk’sik, Gros Ventre, Sarcee) behaupten. Hierbei drangen sie immer weiter ins Territorium der Blackfoot-Konföderation vor, so dass sich die Piegan gezwungen sahen, in die Region des Missouri River auszuweichen. Die Kainai (in Cree: Miko-Ew -‘die mit Blut befleckten’, d. h. die ‘Blutrünstigen, Grausamen’, daher im engl. oft als Blood bezeichnet) zogen sich bis zum Bow River und Belly River zurück. Einzig die Siksika konnten ihre Gebiete entlang ded Red Deer River verteidigen. Gegen 1870 zerbrach das Bündnis mit den Blackfoot und die Gros Ventre mussten bei ihren einstigen Feinden, den Südlichen Assiniboine, Schutz suchen.
Das Ausweichen der Blackfoot und Gros Ventre nach Südwesten und Süden ermöglichte es großen Gruppen der Plains Assiniboine nach Süden zu ziehen – dies war bemerkenswert, da bisher die Assiniboine und Cree jeweils nach Norden und Westen gezogen waren. Fast zwei Drittel der Südlichen Assiniboine hatten den Red River of the North und Assiniboine River verlassen und streiften nun westwärts bis zu den Cypress Hills im Süden der kanadischen Provinzen Saskatchewan und Alberta und den Little Rocky Mountains (auch Little Rockies genannt) sowie südwärts entlang des Missouri River bis zum Musselshell River, dann über die Plains bis zur Mündung des Powder River in den Yellowstone River, ostwärts entlang des nördlichen Ufers des Yellowstone bis zu dessen Mündung in den Missouri. Wichtige Jagdgründe bildeten nun die Flusstäler des Milk River, Poplar River und Souris River (auch Mouse River genannt) im Osten. Die übrigen Plains Assiniboine verblieben im Nordwesten und durchstreiften besonders die Parklands zwischen South Saskatchewan und Battle River in westlichen Saskatchewan.
Während ihrer Expansion nach Westen, Nordwesten und Südwesten heirateten die verschiedenen Cree-, Assiniboine-, Stoney- und Ojibwa-Gruppen der Nehiyaw-Pwat oft untereinander oder gingen Allianzen ein, die durch Familienbande gestärkt wurden – so dass fast jede Gruppe der Iron Confederacy ethnisch und sprachlich gemischter Herkunft war. Viele Gruppen waren nur noch nominell (dem Namen nach) Nakoda (‘Assiniboine’ – ‘Stoney’), Cree oder Ojibwa (oft als Saulteaux bezeichnet, daher von den Cree Soto genannt), da sie von Außenstehenden oft ethnisch und politisch nicht voneinander zu unterscheiden waren.
So wurden die Wadopahnatonwan der Assiniboine von den Amerikanern in Fort Union am Oberen Missouri als Nakoda (sprich Assiniboine) identifiziert, zugleich im kanadischen Fort Edmonton (früher ‘Edmonton House’) als Cree und später südliche Splittergruppen wiederum als Chippewa (sprich Ojibwa) bezeichnet. Zudem identifizierten sich mehrere Gruppen der Assiniboine später als Cree und übernahmen die Cree-Sprache als Muttersprache, so z. B. die später als Calling River / Qu'Appelle Cree (Kitopwe Sipi Wi Iniwak) bezeichneten Gruppen. Besonders sind hier die Sahiyaiyeskabi (‘Cree-Sprecher’) der Assiniboine genannt, die besser als Cree-Assiniboine / Young Dogs (Nehiyaw-Pwat, Nēhiyawi-pwātak) bekannt sind und heute allgemein zu den ‘Downstream People’ der Cree gezählt werden. Kompliziert wurde die Angelegenheit zudem hierdurch, dass sich einzelne regionale Unterstämme einer Großgruppe oft als ‘Cree’, ‘Nakoda’ oder ‘Soto’ bezeichneten, da sich die Mehrheit ihrer Lokalgruppen als zu je diesen Gruppen nominell zugehörig fühlten. So gab es z. B. die ethnisch und sprachlich gemischte Großgruppe der Asini Wachi Wi Iniwak (‘Volk, das entlang der Berge lebt’), die wiederum regionale Unterstämme umfasste, die sich primär als Cree (Asini Wachi Nehiyawak – ‘Cree, die entlang der Berge leben’, die Assiniboine nannten sie Sahiya Ye Xa Yabine – ‘Cree, die in den Bergen wohnen’) oder primär als Assiniboine- und Stoney (Ye Xa Yabine oder Hebina Assiniboine – ‘Berg-Volk’, die Cree nannten sie Asini Pwat-sak – ‘Berg-Assiniboine’) begriffen.[17]
Die Cree (‘Nehiyaw’) und Assiniboine (‘Pwat-sak’) repräsentierten die Mehrheit, gefolgt von den Ojibwa (‘Soto’) sowie kleineren Gruppen benachbarter Stämme (Chipewyan, Daneẕaa (Dunneza, Tza Tinne, veraltet Beaver), Kutenai, Flathead, Secwepemc) sowie indianischen Händlern im Nordwesten, die sich ethnisch zu den Irokesen zählten. Generell waren die südlich auf den Plains lebenden Gruppen tendenziell überwiegend nominell Nakoda, die östlichen und südöstlichen Gruppen nominell Soto und die nördlichen sowie nordwestlichen Gruppen nominell Cree. Diese Bezeichnungen sagten meist wenig über die ethnische und sprachliche Identität und Herkunft der so bezeichneten Gruppen aus – es gab sogar (besonders im Nordwesten und später im Südosten) Gruppen der Nakoda und Soto, die ursprünglich Secwepemc, Kutenai, Daneẕaa oder gar Métis waren.
Die zwei großen regionalen Stammesgruppen der Nakoda Oyadebi oder Assiniboine, waren historisch in bis zu 40 separate Bands oder Dagugichiyabi aufgeteilt, von denen jede durch einen eigenen Häuptling bzw. Hųgá / Hunga und einen diesen beratenden Stammesrat – den sog. Hungabi (‚Little Chiefs‘ – „kleine Häuptlinge“) geführt wurde.[18] Daneben gab es auch noch den Kriegshäuptling oder įtą́cą, der die Krieger im Krieg anführte. Die einzelnen Bands wiederum unterteilten sich nochmals in mehrere Lokalgruppen bzw. Tiʾóšpaye, die sich aus einer bzw. mehreren Großfamilien zusammensetzten. Die kleinste organisatorische Einheit bildete die Kernfamilie bzw. Tiwáhe, die meist ein Tipi bzw. wiʾį́kceya tíbi / įkcéwąga oder zwei benachbarte Tipis bewohnte.
Diese semi-nomadischen bzw. nomadischen Bands verlegten oft ihre Lager, um die jahreszeitlich verschiedenen tierischen sowie pflanzlichen Ressourcen in ihrem Stammesgebiet am besten nutzen zu können, hierbei waren insbesondere bei der Bisonjagd auf den Plains oftmals große Jagdverbände unterwegs, die auch mehrere Bands umfassen konnten. Vor der Einführung des Pferds im 18. Jahrhundert wanderten sie zu Fuß und benutzten von Hunden gezogene Travois. Alle Arbeiten im Zusammenhang mit den Tipis einschließlich Auf- und Abbau wurden allein von Frauen erledigt. Als besondere Kühnheit im Krieg wurde das Erbeuten von Skalps und Pferden und das Berühren des Feindes im Kampf angesehen (Counting Coup). Die Anführer von Kriegszügen bekamen ihre Weisungen in Visionen oder Träumen. Trotz ihres kriegerischen Auftretens gegenüber benachbarten feindlichen Stämmen waren die Assiniboine (sowie die verbündeten Cree und Ojibwe) gegenüber ihren Handelspartnern, den weißen Händlern in den Handelsstationen oder entlang der Flüsse, zumeist äußerst freundlich gesinnt. Als jedoch diese begannen, auch Handelsposten im Gebiet ihrer traditionellen Feinde zu errichten und diese ebenfalls mit Waffen zu versorgen, schlug dieses Verhältnis schnell in Misstrauen und oftmals offener Feindschaft um, da die Assiniboine ihre Stellung als Mittelsmänner im Handel auf den Plains und entlang der Flüsse in den Wäldern nicht verlieren wollten. Die wichtigste religiöse Zeremonie waren der Sonnentanz und der Medizinhüttentanz.
Um 1780 gab es gemäß Schätzungen ca. 10.000 Assiniboine; von diesen verloren ca. die Hälfte bis zu zwei Drittel (5.000 bis 7.000) während der Pocken-Epidemie von 1781 bis 1782 ihr Leben. Nach einer kurzen Erholung reduzierte die Masern- und Keuchhustenepidemie von 1819–20 die Bevölkerung erneut um die Hälfte. 1835 starben durch eine Grippeepidemie viele Woodland Assiniboine und Stoney. Nachdem die Dampfschiffe Ende der 1830er Jahre die Pocken in das Gebiet entlang des Upper Missouri gebracht hatten, forderten diese in den Jahren 1836 bis 1839 zum zweiten Mal viele Opfer unter den Plains Assiniboine (schätzungsweise wiederum zwischen 50 % bis zu 60 %). Geschwächt durch die enormen Verluste an Menschenleben, schwindenden Ressourcen (Bisons, Wildtiere etc.), verstärkten intertribalen Kämpfen und wechselnden Allianzen sowie der vorrückenden Frontier, unterzeichneten die Plains Assiniboine 1851 ihren ersten Vertrag mit den Vereinigten Staaten. Nach einer langsamen Erholung trafen 1856–57 und 1869 zwei weitere Pockenepidemien die Assiniboine, bevor die Bevölkerung sich wieder erholte. In den Jahren 1874 bis 1876 schlossen die einst mächtigen Stämme der "Cree-Assiniboine-Konföderation (Nehiyaw-Pwat)" (Assiniboine, Stoney, Plains Cree, Woodland Cree und Ojibwa) - von Pocken und anderen Krankheiten dezimiert - mit der Regierung von Kanada die Numbered Treaties No. 4 und 6, da die fast verschwundenen Büffelherden sie zwangen, eine Alimentation durch den kanadischen Staat zu akzeptieren, um nicht verhungern zu müssen. Dafür mussten sie ihr traditionelles Gebiet in Zentral-Alberta und Saskatchewan aufgeben und sich in Reservate zurückziehen. Gegen 1870 zerbrach das Bündnis der Gros Ventre mit den Blackfoot und diese mussten bei ihren einstigen Feinden - den Südlichen Assiniboine (Plains Assiniboine) - Schutz suchen; insbesondere die sog. "Upper Assiniboine Bands (Northern Assiniboine)" der Plains Assiniboine in Montana verbündeten sich mit den Gros Ventre gegen feindliche Stämme (Blackfoot-Konföderation, Lakota und Westliche Dakota der Sioux) und bekämpften diese weiterhin erbittert. Hingegen hatten sich die "Lower Assiniboine Bands (Southern Assiniboine)" der Plains Assiniboine (aus ähnlichen Gründen) mit ihren vormaligen Feinden, den Yanktonai der Westlichen Dakota, verbündet (und wurden hierdurch von weiteren Sioux-Attacken verschont) und kämpften nun auf Seiten ihrer neuen Verbündeten gegen Gros Ventre und "Upper Assiniboine Bands". Daher wurden die "Upper Assiniboine Bands (Northern Assiniboine)" zusammen mit den Gros Ventre (Atsina) auf der Fort Belknap Reservation angesiedelt und die "Lower Assiniboine Bands (Southern Assiniboine)" zusammen mit Sioux Bands der Sisseton, Wahpeton, Yanktonai und Hunkpapa auf der Fort Peck Indian Reservation.
1907 lebten noch 1.217 Assiniboine in den USA und 873 in Kanada. Im Jahr 2000 gab es laut US Census (Volkszählung)[37] in den USA etwa 4.000 Stammesmitglieder, in Kanada leben ca. 5.000 Assiniboine (1997 D. Parks) in den verschiedenen Reservaten und Siedlungen.[38]
Die Mehrzahl der Assiniboine spricht heute nur noch American oder Canadian English. Viele Assiniboine beherrschen zudem als Folge ihrer Mitgliedschaft in der "Cree-Assiniboine (Nehiyaw-Pwat)-Konföderation" als Zweitsprache Varianten von Plains und Woodland Cree. Zudem identifizierten sich mehrere Assiniboine Bands später als Cree und übernahmen die Cree-Sprache als Muttersprache, so z. B. die später als Calling River / Qu'Appelle Cree (Kitopwe Sipi Wi Iniwak, Kātēpwēwi-sīpīwiyiniwak) bezeichneten Cree-sprachigen Assiniboine-Gruppen, Touchwood Hills Cree (Pasākanacīwiyiniwak, Pusakawatciwiyiniwak) sowie die besser als Cree-Assiniboine / Young Dogs (Nehiyaw-Pwat, Nēhiyawi-pwātak) bekannten, von den Assiniboine als Sahiyaiyeskabi ("Cree-Sprecher") bezeichneten Gruppen. Auch viele ethnisch gemischte Gruppen der Großgruppe der Asini Wachi Wi Iniwak ("Volk, das entlang der Berge lebt"), die sich ursprünglich als Assiniboine (Ye Xa Yabine oder Hebina Assiniboine – "Berg-Volk") identifizierten, sprechen heute meist Woodland Cree und bezeichnen sich als Cree.
Ihre Sprache (ca. 150 bis 250 Sprecher – die Angaben variieren) – das Assiniboine[39][40] oder Iyábi bzw. Iʾábi ("Sprache", auch: Nakón Iyábi, Nakóda Iyábi, A'M̆oqazh[41], Assiniboin, Hohe, Nakota, Nakoda, Nakona, Stoney) – gehört zusammen mit dem sprachlich eng verwandten Stoney[42] (Isga l'abi bzw. Isga Owawabi, auch: Nakota, Nakoda, Isga, früher: Alberta Assiniboine; ca. 3.200 Sprecher) sowie dem Dakota (Dakhótiyapi / Dakȟótiyapi)[43][44] (auch: Dakhóta Iyá; ca. 290 Sprecher) und Lakota (Lakȟótiyapi / Lakotiyapi)[45][46][47] (auch: Lakólʾiya,[48] Lakhota, Teton oder Teton Sioux; ca. 2.100 Sprecher) zur Dakota / Sioux–Assiniboine–Stoney-Untergruppe des "Mississippi Valley Sioux (Mittleres Sioux)". Das "Mississippi Valley Sioux (Mittleres Sioux)" wiederum ist eine der vier geographischen Untergruppen des „Westlichen Sioux (Eigentlichen Sioux)“ der Sioux-Sprachen; die weiteren drei geographischen Untergruppen sind: "Mandan", "Missouri River Sioux (Crow–Hidatsa)" sowie "Ohio Valley Sioux (Südöstliches Sioux)". Auf Grund des großen Stammesgebiets der "Plains Assiniboine" und "Woodland Assiniboine" und der Organisation in mehrere Bands gab es ursprünglich mehrere Dialekte bzw. Varietäten (jedoch ist heute eine Rekonstruktion nicht mehr möglich); da aktuell die meisten Sprecher über 40 Jahre alt sind, ist ihre Sprache akut vom Sprachtod bedroht.
Sowohl die USA als auch Kanada verfolgten verschiedene Arten des Linguizids um die Assimilierung der indianischen Völker zu beschleunigen; während der Indianerkriege (die genozidale Züge hatten) mittels Ausrottung der Sprecher der indigenen Sprache (Genozid), später nach Unterwerfung der Stämme und Umsiedlung in die Reservationen bzw. Reservate mittels repressiver Maßnahmen (Verweigerung der Verwendung indigener Sprachen in Schulen und Massenmedien sowie moralischer und materieller Unterstützung für kulturelle Aufgaben und Sprachpflege), zweifelhafte Berühmtheit haben in diesem Fall in den USA die Boarding Schools sowie in Kanada die Residential Schools erlangt, wo eine institutionalisierte Trennung der Kinder von ihren Eltern erfolgte, um die Weitergabe der Muttersprache und somit die Tradierung der indigenen Kultur zu verhindern. Diese Schulen lagen außerhalb der Reservate, um den Anpassungsdruck zu erhöhen und die Kinder von ihren Eltern über längere Zeit zu trennen. Die Krankheits- und Sterberaten waren hoch, die psychischen Folgen dieses jahrzehntelang bestehenden Systems sind erst in einem frühen Stadium der Aufarbeitung. Die kanadische Regierung entschuldigte sich 2008 für ihr Schulsystem, 2010 folgten zögerlich die USA.
Heute leben die Assiniboine in zwei Reservaten in den USA,[49] die sie sich mit Angehörigen der ehemals feindlichen Gros Ventre und Sioux teilen, sowie in Kanada in verschiedenen Reservaten, wobei es gegenwärtig nur zwei Assiniboine First Nations in Saskatchewan gibt sowie fünf weitere First Nations in Saskatchewan mit großer Assiniboine-Bevölkerung, bei denen diese zusammen mit Cree, Saulteaux sowie einigen Dakota sich gemeinsam Reservate teilen. In ihrem einstigen Streifgebiet in Manitoba gibt es keinerlei Reservate mit Assiniboine. Die heute als Stoney bekannten ehemaligen Bands der Assiniboine leben in fünf größeren Reservaten im Südwesten Albertas, und die ebenfalls in Alberta lebenden Aseniwuche Winewak Nation sind zurzeit von der kanadischen Regierung nicht als First Nation anerkannt.