Die Atlantik-Charta vom 14. August 1941 ist eine gemeinsame Erklärung der damaligen Regierungschefs der USA, Franklin D. Roosevelt, und Großbritanniens, Winston S. Churchill, in der gemeinsame Grundsätze ihrer internationalen Politik in der „Hoffnung auf eine bessere Zukunft der Welt“ formuliert wurden.
Unter dem Eindruck des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion trafen sich Roosevelt und Churchill vom 9. bis 12. August 1941 unter höchster Geheimhaltung auf dem britischen Schlachtschiff Prince of Wales in der Placentia Bay vor Neufundland. Churchill wollte dabei die Grundprinzipien einer Nachkriegsordnung mit einer neu zu gründenden Weltsicherheitsorganisation mit Roosevelt besprechen. Roosevelt fürchtete die isolationistische Einstellung zuhause gegenüber dem Völkerbund und setzte sich durch, so dass die zu gründende Weltorganisation nur in einem Nebensatz der vereinbarten Atlantik-Charta erwähnt wird. Bekannt gegeben wurde die Atlantik-Charta am 14. August 1941 in einer Abschlusserklärung. Sie war damit keine formale Staatsaktion und bedurfte dadurch weder der Zustimmung der britischen Dominions noch des amerikanischen Kongresses.[1][2]
Darüber hinaus wurden auf der Konferenz gesteigerte US-Waffenlieferungen an Großbritannien und die UdSSR vereinbart sowie eine Ausweitung der amerikanischen Sicherungszone für diese Lieferungen bis nach Island. Besprechungen, die sich vor allem um die Lage in der Republik China und Spanien drehten, führten zu keinen militärstrategischen Entscheidungen. Harry Hopkins und Lord Beaverbrook sollten wegen der Aufrüstung der Roten Armee im September zur Moskauer Konferenz reisen. Aufgrund der schlechten Gesundheit von Hopkins nahm stattdessen Harriman daran teil.[3]
Während der Atlantikkonferenz bildete sich eine Freundschaft zwischen dem US-Stabschef Marshall und dem britischen Feldmarschall Dill heraus, was später dem gemeinsamen Oberkommando (Combined Chiefs of Staff) zugutekam.[4]
Insgesamt wurden acht Punkte festgehalten, darunter: Verzicht auf territoriale Expansion, gleichberechtigter Zugang zum Welthandel und zu Rohstoffen, Verzicht auf Gewaltanwendung, Selbstbestimmungsrecht der Völker, engste wirtschaftliche Zusammenarbeit aller Nationen mit dem Ziel der Herbeiführung besserer Arbeitsbedingungen, eines wirtschaftlichen Ausgleichs und des Schutzes der Arbeitenden, Sicherheit für die Völker vor Tyrannei, Freiheit der Meere, Entwaffnung der Nationen, um ein System dauerhafter Sicherheit zu gewährleisten.
Eine gewisse Anlehnung an den Vierzehn-Punkte-Plan von Woodrow Wilson lässt sich nicht leugnen.[5]
Mehrere Punkte der Charta waren zwischen Roosevelt und Churchill umstritten. So widersprach Punkt vier der Dominanz Englands im Commonwealth, die ein Ausscheiden einzelner Staaten aus diesem Verbund nicht vorsah. Punkt vier stand die handelspolitische Abschottung des britischen Commonwealth nach außen entgegen. Churchill stimmte der Charta aber mit der Einschränkung zu, dass Großbritannien eine Anwendung auf das Commonwealth nicht zulassen werde. Die UdSSR beanspruchte später, jeweils im Einzelfall, insbesondere in Polen und im Baltikum, zu entscheiden, ob die Atlantik-Charta auf ihr Interessengebiet angewendet werden sollte.
Punkt zwei der Charta widersprach den Vorstellungen der Exilregierungen der von Truppen der Achse besetzten Länder, die eigene Entwürfe der zukünftigen Grenzen ihrer Staaten nach Kriegsende hatten. Sie meldeten Vorbehalte an. Die polnische Regierung sah ihre Ansprüche auf Danzig, Ostpreußen und Oberschlesien gefährdet.[6] Jugoslawien ging es darum, die Grenze Italiens hinsichtlich Slowenien zu seinen Gunsten zu revidieren und Triest zu erhalten. Der Tschechoslowakei ging es um das Sudetenland.
Die Atlantik-Charta vom 14. August 1941 (deutsche Übersetzung)
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und Ministerpräsident Churchill, als Vertreter der Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich, erachten es als ihr Recht, einige allgemeine Prinzipien der Politik ihrer Länder bekanntzugeben, Prinzipien, auf deren Verwirklichung sich ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft der Welt gründen.
In seiner 2. Sitzung im St James’s Palace in London am 24. September 1941 nahm der Interalliierte Rat die allgemeinen Grundsätze der Atlantik-Charta mit folgender Entschließung an (deutsche Übersetzung):[8]
„Die Regierungen Belgiens, der Tschechoslowakei, Griechenlands, Luxemburgs, der Niederlande, Norwegens, Polens, der Sowjetunion und Jugoslawiens und Vertreter General de Gaulles, des ‚Führers der Freien Franzosen‘, haben von der Erklärung Kenntnis genommen, die der Präsident der Vereinigten Staaten und Premierminister Churchill für Seiner Majestät Regierung des Vereinigten Königreichs kürzlich abgegeben hat. Sie geben hiermit ihre Zustimmung zu den allgemeinen politischen Grundsätzen, die in jener Erklärung niedergelegt sind, und ihre Absicht bekannt, nach besten Kräften mit daran zu arbeiten, sie zu verwirklichen.“
Während der Arcadia-Konferenz unterzeichneten 26 kriegführende Regierungen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Atlantik-Charta am 1. Januar 1942 die Deklaration der Vereinten Nationen, in der sie sich gegenseitigen Beistand zusagten und einen Separatfrieden mit den Achsenmächten ausschlossen. 21 weitere Länder schlossen sich während des Krieges dieser politischen Vereinbarung an.[9]