August Hermann Niemeyer besuchte das Pädagogium in Halle und studierte 1771–1777 an der dortigen Hochschule Theologie. Am 18. April 1777 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert.
Niemeyer begann seine berufliche Laufbahn 1777 als Privatdozent der Theologie an der Universität Halle, ab 1784 lehrte er an der dortigen Theologischen Fakultät als Professor. Später gründete und leitete er das Pädagogische Seminar der Universität und wurde schließlich zu deren Kanzler und Rektor ernannt. Darüber hinaus war Niemeyer Direktor der Franckeschen Stiftungen.
1785 wurde er Mitdirektor des Pädagogiums und des Waisenhauses, 1787 Direktor des theologischen Seminars, 1792 Konsistorialrat, 1804 Oberkonsistorialrat und Mitglied des Berliner Oberschulkollegiums. 1807 wurde er als Geisel nach Frankreich gebracht, nach seiner Rückkehr aber 1808 zum Mitglied der Reichsstände des Königreichs Westphalen, auch zum Kanzler und Rector perpetuus der Universität Halle ernannt. Die Kanzlerstelle behielt er auch unter der preußischen Regierung (1814), welche ihn 1816 zum Mitglied des Konsistoriums zu Magdeburg ernannte.
August Hermann Niemeyer war der Urenkel von August Hermann Francke, dem Begründer der Franckeschen Stiftungen. Sein Vater war Johann Konrad Philipp Niemeyer (1711–1767), Prediger, Diakon und Archidiakonus Adjunctus in Halle. Die Mutter Auguste Sophie (1717–1763), geb. Freylinghausen, war die Tochter des Waisenhaus-Direktors Johann Anastasius Freylinghausen (1670–1739) und seiner Frau Johanna Sophia Anastasia (1697–1771), geb. Francke. Er hatte einen Bruder David Gottlieb Niemeyer, der Pastor in Glaucha war.
Charakteristik der Bibel (Halle 1775–1782, 5 Bde.; 2. Aufl. 1830)
Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts (Halle 1796, 3 Tle.; 9. Aufl. von H. A. Niemeyer, Halle 1834–39; neue Ausg. von Rein, Langensalza 1878, 3 Bde.)
Das evangelisch-lutherische Gesangbuch zum gottesdienstlichen Gebrauche für die Stadt und das Herzogtum Magdeburg aus dem Jahr 1805 enthält 15 von Niemeyer geschriebene Kirchenlieder.
Beobachtungen auf einer Reise durch einen Teil von Westphalen und Holland im Jahr 1806, Halle 1823 (Digitalisat); Rezension in: Allgemeine Literaturzeitung Nr. 172 (Juli 1824), S. 537 (Digitalisat)
Beobachtungen auf Reisen in und außer Deutschland, Halle 1824 (Digitalisat)
Beobachtungen auf einer Reise nach England, 3 Bände, Halle 1822–1825 (Digitalisat)
Johann Christian Croneberg, auch Ivan Jakovlevič Kroneberg (1788–1838) war ein russisch-ukrainischer Altphilologe deutscher Abstammung. Er besuchte das Pädagogium in Halle (1800–1805) und war von 1819 bis 1838 Professor für klassische Philologie an der russisch-kaiserlichen Universität Charkow sowie Rektor (1823–1829, 1833–1836) daselbst, heute Ukraine.
Johann August Jacobs (1788–1829), Philologe und Hochschullehrer, folgte Niemeyer nach dessen Rücktritt 1820 als Inspektor des Pädagogikums und 1828 nach dem Tod Niemeyers als Direktor der Franckeschen Stiftungen. Sein Lebensweg wurde durch Niemeyer nachhaltig geprägt.
Hans-Hermann Groothoff, Ulrich Herrmann: August Hermann Niemeyer – Leben und Werk. In: Niemeyer, August Hermann: Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts. Herausgegeben von Hans-Hermann Groothoff und Ulrich Herrmann, Paderborn 1970, S. 376–399.
Ulrich Herrmann: Der Begründer der modernen Universitätspädagogik: August Hermann Niemeyer (1754–1828): „denkender Christ“ – „unpartheyischer Pädagogje“ – „Retter und Wiederbegründer der Franckeschen Anstalten“ – „hallescher Patriot“. In: Neue Sammlung 44 (2004), S. 359–382.
Ralf Koerrenz (Hrsg.): Reformpädagogik als Projekt der Moderne: August Hermann Niemeyer und das pädagogische 18. Jahrhundert, Paderborn 2019.
Jochen Lengemann: Biographisches Handbuch der Reichsstände des Königreichs Westphalen und der Ständeversammlung des Großherzogtums Frankfurt, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-458-16185-6, S. 169–170
Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 280–281.
Karl Menne: August Hermann Niemeyer – Sein Leben und Wirken. Halle 1928. (neu aufgelegt 1995.)
Jessika Piechocki: Bürgerliche Geselligkeit und Bildung um 1800. August Hermann und Agnes Wilhelmine Niemeyer in Halle. Harrassowitz, Wiesbaden 2022, ISBN 9783447118729.