August Winnig (* 31. März 1878 in Blankenburg (Harz); † 3. November 1956 in Bad Nauheim) war ein deutscher Gewerkschafter, Politiker (SPD, Alte SPD, KVP, CDU) und Schriftsteller.
Der Sozialdemokrat Winnig neigte während des Ersten Weltkriegs immer stärker dem Nationalismus zu und unterstützte 1920 den Kapp-Putsch. Er wurde seines Amtes als Oberpräsident enthoben. Als völkischer Nationalist und Antisemit begrüßte er die „Machtergreifung“ Hitlers 1933. Danach, spätestens 1937, entwickelte er eine konservative, christliche Grundhaltung. Er hatte Kontakte zum Widerstand und gehörte nach 1945 zu den Gründern der CDU Niedersachsen.
August Winnig wuchs als eines von zwölf Kindern im Haushalt des Totengräbers Johann Gottfried August Winnig und seiner Frau Johanna Christiane Dorothee Marie Goeze aus Stapelberg auf. 1892 begann er mit einer Maurerlehre, die er 1895 abschloss. Ab Sommer 1896 engagierte er sich in der Arbeiterbewegung, er schrieb für die sozialdemokratische Parteipresse, organisierte einen Ortsverband der Maurergesellen und beteiligte sich an Streiks. Wegen einer Auseinandersetzung mit Streikbrechern wurde er inhaftiert. 1904 wurde er Mitarbeiter, später dann Chefredakteur, der Gewerkschaftszeitschrift Grundstein. Es folgte 1913 die Wahl in die Hamburgische Bürgerschaft für die SPD. Als Funktionär des Bauarbeiterverbandes organisierte er 1910 einen großen Bauarbeiterstreik mit, der mit der Annahme geringfügiger Lohnerhöhungen und dreijährigem Streikverzicht der Gewerkschaft endete. 1912 wurde er Vorsitzender des lokalen Bauarbeiterverbandes.
Während des Ersten Weltkrieges gehörte Winnig zum intellektuellen Umfeld der Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe, die, ausgehend vom „Augusterlebnis“ 1914 und dem Zusammenbruch der „Internationale“, die Idee des „nationalen Sozialismus“ und der „Volksgemeinschaft“ vertrat. Allerdings war die Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe nicht antisemitisch, wie es Männer wie Winnig und Gustav Noske in späteren Jahren wurden, ihrem Umfeld gehörten jüdische Sozialdemokraten und Sozialisten wie Alexander Parvus und Ernst Heilmann an.
Seit Oktober 1918 war Winnig Reichsgesandter und nach dem Ausbruch der Revolution in Deutschland Generalbevollmächtigter für die besetzten baltischen Länder. Winnig unterzeichnete die Anerkennungen der Republiken Estland und Lettland. Um auf die lettische Regierung politischen Druck auszuüben, wollte er die Räumung des Baltikums verzögern und strebte dazu die Schaffung von freiwilligen Kampfverbänden an. Winnig forderte für die deutsch-baltische Minderheit ein Viertel der Sitze im lettischen Volksrat, um das „Deutschtum im Osten“ zu erhalten. Wegen solcher Maßnahmen verringerte sich seine Popularität in der SPD.
In die Weimarer Nationalversammlung gewählt, unterstützte er in der SPD Eberts Kandidatur als Reichspräsident gegen Philipp Scheidemann. Unter der neuen Regierung wurde er Oberpräsident von Ostpreußen. Klaus von der Groeben hat Winnigs Rede erhalten, die er als Oberpräsident am 17. Dezember 1919 vor dem Ostpreußischen Provinziallandtag zu den deutschen Gründen der Niederlage im Ersten Weltkrieg hielt.[1] Als Oberpräsident bekämpfte Winnig die Revolutionäre und organisierte die Aufstellung von Freikorps. 1920 unterstützte er Wolfgang Kapp im Putsch gegen die von der SPD gestellte Reichsregierung Gustav Bauer. Nachdem der Putsch gescheitert war, wurde Winnig seines Amtes enthoben und aus der SPD sowie der Gewerkschaft ausgeschlossen.
1922 begann er ein Studium an der Universität Berlin, er beschäftigte sich dort mit Geschichte, Nationalökonomie und Geographie. In dieser Zeit begann er auch als Schriftsteller bekannt zu werden (hauptsächlich mit seinen autobiographischen Werken). Mit Hans Grimm, Hans Carossa, Edwin Erich Dwinger und anderen gehörte er zum Lippoldsberger Dichterkreis.
Als Vertreter des Schützen- und Wanderbundes Rheinland-Westfalen nahm er im April 1924 auf Burg Hoheneck (Ipsheim) an einer Führertagung des Bundes Oberland teil.[2]
1927 trat er der Alten Sozialdemokratischen Partei bei, 1930 der Volkskonservativen Vereinigung. Im selben Jahr erschien auch sein Werk Vom Proletariat zum Arbeitertum, in dem er den von ihm beschrittenen Weg resümiert und als Vorbild darstellt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wandelte sich Winnig (wie er in seinen Aufzeichnungen Aus zwanzig Jahren berichtet) vom national denkenden Sozialisten zum Vertreter einer christlich-konservativen, am Gedanken einer europäischen Kooperation orientierten Grundhaltung, was ihn in die Nähe von Beteiligten am Attentat vom 20. Juli 1944 brachte, die in seinem Potsdamer Haus ein und aus gingen. Er selbst blieb nach dem 20. Juli von Verfolgungen frei.
1945 lebte er wieder in Blankenburg, das er kurz vor dem Einrücken der Roten Armee verließ, um sich in Vienenburg niederzulassen. Er starb mit 78 Jahren während eines Kuraufenthalts in Bad Nauheim und wurde in Goslar beerdigt. 1996 wurde er zu seiner ersten Frau auf den Waldfriedhof seiner Heimatstadt Blankenburg am Harz umgebettet.
August Winnig war in erster Ehe ab 1903 mit Hermine geb. König (* 9. Oktober 1877; † 31. Januar 1950) verheiratet. 1922 wurde die Ehe, aus der die Tochter Anna Minna hervorging, geschieden. Am 29. Juli 1924 heiratete er in Potsdam Martha, geb. Meßmer (* 18. Oktober 1878; † 14. April 1933), die in seinen autobiographischen Schriften als „Dora Amborn“ erscheint.[3] In dritter Ehe heiratete er 1934 die Nachbarin und Freundin seiner zweiten Frau, Paula, geb. Wernich, verw. Siegfried.[4]
„Mit Flüchen auf Gott, König und Vaterland und mit dem Aufruf zur proletarischen Revolution begann der Jude bei uns seinen Weg.“
„Unser Schicksal hat uns nur eine Wahl gelassen: entweder die Gemeinschaftsarbeit oder den Zusammenbruch. Den Zusammenbruch dürfen vor allem jene nicht wollen, denen die politische Neuordnung die Erfüllung jahrzehntelangen Strebens ist. Das Schicksal unserer Wirtschaftsordnung ist zugleich das Schicksal der Demokratie. Bricht unsere Wirtschaftsordnung zusammen, so ist damit auch die Demokratie zerstört. Je deutlicher jetzt die Demokratie das Gebot der Stunde erkennt und je beherzter sie bereit ist, es zu erfüllen, umso fester wird sie stehen und umso lebendiger wird sie sich auswirken in Gesetzgebung und Verwaltung. Aufhören muß auch die Propaganda gegen die Mitbürger jüdischer Abstammung, die in der Provinz und besonders in der Provinzialhauptstadt vielfach so üble Formen angenommen hat. Wohl kann man nicht verkennen, daß sich unter den zersetzend wirkenden Elementen, die unsere Not um so vieles vergrößerten, verhältnismäßig viele Personen jüdischer Abstammung befinden. Aber die nicht weniger erweisbare Tatsache, daß eine weit größere Anzahl jüdischer Mitbürger durch ihre wissenschaftliche und kommerzielle Arbeit dem Staate und der Provinz wertvolle Dienste geleistet hat und weiter leistet, verbietet es jedem gerecht denkenden Menschen, an dieser Propaganda teilzunehmen.“
„Blut und Boden sind das Schicksal der Völker.“
„Der Sieg der nationalsozialistischen Bewegung ist mit der Kraft dieser Jugend unseres Volkstums errungen. Durch diesen Sieg hat der Arbeiter die große Führung ergriffen.“
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Personendaten | |
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NAME | Winnig, August |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SPD), MdHB, Gewerkschafter und völkischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 31. März 1878 |
GEBURTSORT | Blankenburg/Harz |
STERBEDATUM | 3. November 1956 |
STERBEORT | Bad Nauheim |