Bacilladnaviridae ist die Bezeichnung für eine Familie von Viren mit DNA-Genom im PhylumCressdnaviricota (en. circular REP-encoding single-stranded DNA viruses, informell CRESS-DNA-Viren). Ihre natürlichen Wirte sind hauptsächlich Kieselalgen (Diatomeen alias Bacillariophyta) wie Chaetoceros. Sie haben ein unsegmentiertes, zirkuläres Genom, das zu einem kleinen Teil Doppelstrang-DNA, ansonsten aber Einzelstrang-DNA ist.[4][5]
Die Bezeichnung Bacilladnaviridae ist zusammengesetzt aus der Bezeichnung Bacillariophyta für die Wirte, DNA, und der Endung -viridae für Virusfamilien.[6]
Die Virionen haben einen Durchmesser von etwa 34 nm – bei Chaetoceros setoensis DNA virus (CsetDNAV, Spezies Chaetoceros diatodnavirus 1) beispielsweise 33 nm[7] – und sammeln sich im Zellkern an.
Das Genom dieser Viren scheint einzigartig zu sein. Es besteht aus einem einzigen Molekül kovalent geschlossener zirkulärer einzelsträngiger DNA von 4,5–6 kb (Kilobasen) sowie (normalerweise) einem Segment (Fragment) bezeichnet linearer ssDNA von (insgesamt) ca. 0,6[7] bis 1 kb. In der Baltimore-Klassifikation weist sie dies als Mitglieder der Gruppe 2 (ssDNA-Viren) aus. Die linearen Fragmente sind aber komplementär zu einem Teil des geschlossenen Rings, wodurch in diesem teilweise doppelsträngige Regionen (dsDNA) entstehen, eine Konfiguration, die nach Baltimore nicht klassifizierbar wäre. Ausnahmen von der üblichen Zahl von einem komplementären Fragment sind beispielsweise: ● Bei Chaetoceros setoensis DNA virus (CsetDNAV) hat die zirkuläre DNA eine Länge von 5836 nt (Nukleotiden der Basen), und es gibt sogar acht kurze Segmente linearer komplementärer ssDNA mit jeweils nur 67 bis 145 nt. ● Bei dem als Mitglied vorgeschlagenen Spezies „Chaetoceros debilis DNA virus“ (CdebDNAV) gibt es offenbar keine solchen linearen Fragmente.[7]
Es gibt mindestens drei große Offene Leserahmen (englischopen reading frames, ORFs) in diesem Genom: VP1, VP2, VP3 (der Größe nach aufsteigend). D. h. es kodiert für (mindestens) drei Proteine.[6]
Wahrscheinlich replizieren Bacilladnaviridae ähnlich wie andere eukaryotische ssDNA-Viren ihr Genom per Rolling-Circle-Mechanismus, der durch die im Virusgenom kodierte Endonuklease Rep (kodiert durch VP3)[2] initiiert wird.
Dieses Protein weist bei den Bacilladnaviridae jedoch unter den konserviertenSequenzmotiven für diese spezifische Besonderheiten auf und bildet in phylogenetischen Bäumen eine monophyletische Klade, die von anderen Gruppen von ssDNA-Viren getrennt ist.
Das Kapsidprotein CP (kodiert durch VP2)[2] hat eine Jelly-Roll-Faltung (englischsingle jelly roll fold) und ist am engsten mit den entsprechenden Proteinen von Mitgliedern der Familie Nodaviridae verwandt, die allerdings ein Einzelstrang-RNA-Genom besitzen. Offenbar ist es im Laufe der Evolution der ssDNA-Bacilladnaviridae zu einer Übernahme des Kapsid-Gens von den ssRNA-Nodaviridae gekommen.[2]
Reife Virionen werden am Ende durch Lyse der Wirtszelle freigesetzt.[6]
Die Systematik der Familie Bacilladnaviridae gestaltet sich nach ICTV – ergänzt um einige Vorschläge in doppelten Anführungszeichen (nach NCBI wo nicht anders vermerkt) – ist mit Stand Mai/Juni 2024 wie folgt:[9][10]
Spezies: Diatodnavirus chaese (ehem. Typus) mit Chaetoceros diatodnavirus 1 alias Chaetoceros setoense DNA virus, Chaetoceros setoensis DNA virus (CsetDNAV)[7] – 5836:67+70+72+78+90+107+109+145 nt
↑Weiße Pfeile mit schwarzem Rand zeigen PCR-Primer an. Graue Pfeile zeigen die Positionen der ORFs VP1, VP2 und VP3 an. Graue Kästen zeigen die Positionen der acht kleinen, komplementären ssDNA-Fragmente an.
↑Akronyme: Chaetoceros debilis DNA virus (CdebDNAV), C. lorenzianus DNA virus (ClorDNAV), C. salsugineum DNA virus (CsalDNAV), C. setoensis DNA virus (CsetDNAV), C. tenuissimus DNA virus (CtenDNAV), Chaetoceros sp. strain TG07-C28 DNA virus (Csp05DNAV), Thalassionema nitzschioides DNA virus (TnitDNAV).
↑Provisorische Zuordnung nächst ClorDNAV nach Tomaru et al. (2013) Fig. 6 (siehe Abb.)
↑Provisorische Zuordnung nächst CdebDNAV nach Tomaru et al. (2013) Fig. 6 (siehe Abb.)
↑ abcde
Darius Kazlauskas, Anisha Dayaram, Simona Kraberger, Sharyn Goldstien, Arvind Varsani, Mart Krupovic: Evolutionary history of ssDNA bacilladnaviruses features horizontal acquisition of the capsid gene from ssRNA nodaviruses. In: Virology. 504. Jahrgang, 2017, S.114–121, doi:10.1016/j.virol.2017.02.001, PMID 28189969 (sciencedirect.com).
↑Virus Taxonomy: 2019 Release. In: talk.ictvonline.org. International Committee on Taxonomy of Viruses, abgerufen am 25. April 2020.
↑Y. Tomaru, Y. Takao, H. Suzuki, T. Nagumo, K. Koike, K. Nagasaki: Isolation and Characterization of a Single-Stranded DNA Virus Infecting Chaetoceros lorenzianus Grunow. In: Applied and Environmental Microbiology. 77. Jahrgang, Nr.15, 2011, S.5285–5293, doi:10.1128/AEM.00202-11, PMID 21666026, PMC 3147440 (freier Volltext).
↑Janice E. Lawrence, Amy M. Chan, Curtis A. Suttle: A novel virus (HaNIV) causes lysis of the toxic bloom-forming alga Heterosigma akashiwo (Raphidophyceae). In: Journal of Phycology. 37. Jahrgang, Nr.2, 1. Mai 2002, S.216–222, doi:10.1046/j.1529-8817.2001.037002216.x.