Baculoviridae | ||||||||
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Systematik | ||||||||
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Taxonomische Merkmale | ||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||
Baculoviridae | ||||||||
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Die Familie Baculoviridae (Baculoviren) umfasst doppelsträngig-zirkuläre filamentöse DNA-Viren. Sie befallen ausschließlich Wirbellose, ihr Hauptwirt sind Mottenlarven, jedoch sind über 600 Wirte beschrieben. Baculoviren werden in der Gentechnologie zur Erzeugung von komplexen Eukaryotenproteinen in Zellkulturen sowie zur Vektorklonierung verwendet. Auch werden sie in der Landwirtschaft zur Kontrolle von Schadinsekten eingesetzt.
Die Familie ist Mitglied der 2021 neu geschaffenen Ordnung Lefavirales in der ebenfalls neuen Klasse Naldaviricetes. Diese Taxonomie löst provisorische Bezeichnungen ab wie beispielsweise „Baculo-like viruses“.[2]
Der Name „Baculo“ geht auf lateinisch baculum ‚Stock, Stab‘ zurück und bezieht sich auf die Morphologie des Nukleokapsids.[3]
Sie sind weltweit verbreitet und wurden erstmals im 16. Jahrhundert beschrieben, als „Welkkrankheit“ bei Seidenraupen. In den 1940er Jahren wurden sie als Biopestizide in Getreidefeldern eingesetzt, um Schadinsekten zu dezimieren. Durch spätere Untersuchungen wurden sie in den 1990er Jahren zur Produktion von Eukaryonten-Proteinen in Insektenzellkulturen eingesetzt, da sie dort einfach vermehrt werden können. Die Viren sind an Wirbellose angepasst mit über 600 möglichen Wirtsarten. Hauptsächlich befallen sie Mottenlarven, aber sie wurden auch bei Pflanzenwespen, Moskitos und Shrimps gefunden.
In seinem Lebenszyklus kommt das Virus in zwei Formen vor, dem ODV (englisch Occlusion Derived Virus), mit Proteinhülle, und dem BV (englisch Budding Virus). Die ODV-Form ist für die Erstinfektion notwendig, später werden dann BV-Partikel gebildet.[4]
Der Hauptinfektionsweg verläuft über kontaminierte Blätter, die von Insekten gefressen werden. Das Virus gelangt in den Verdauungstrakt, wo sich die Proteinhülle (ODV-Form) aufgrund der basischen Umgebung auflöst. Die freien Viren heften sich nun an die Darmepithelzellen und werden über Endocytose in ein Endosom aufgenommen, aus dem sie sich befreien und nun als Nukleokapside, vermutlich durch Aktin-Filamente, in den Zellkern transportiert werden. Hier erfolgt die Replikation des Virus. Nun werden unbehüllte Viren (BV) erzeugt und das Virus infiziert die umliegenden (basolateralen) Epithelzellen. Die BV-Partikel umhüllen sich jedoch auch locker mit Zellmembran, die Glycoproteine des Virus enthält.
Die Infektion kann in drei Phasen unterteilt werden: die frühe Phase (0–6 Stunden), die späte Phase (6–24 h) und die sehr späte Phase (18–24 bis 72 h nach der Infektion). Bis zur späten Phase werden noch unbehüllte BV Formen freigesetzt, in der letzten Phase jedoch nur ODV Formen, die durch die Kernmembran knospen und mit Viren gefüllte Partikel bilden, die mit OB-(Occlusion Body)-Protein gefüllt sind. Diese besitzen nun eine größere Resistenz gegen Umweltfaktoren als die BV-Form und dienen der Verbreitung des Virus auf den nächsten Wirt. Da beim Austritt der Viren die Zelle lysiert wird, kommt es im gesamten Insekt zu einer regelrechten Verflüssigung, wobei nur die Chitinhülle intakt bleibt. Diese platzt später auf und verstreut die Viren auf der gesamten Blattoberfläche. Diese Eigenschaft gab der durch dieses Virus verursachten Erkrankung auch den englischen Namen “wilting disease” ‚Welkkrankheit‘.
Das bestuntersuchte Baculovirus ist Autographa californica multicapsid nucleopolyhedrovirus (AcMNPV). Es wurde erstmals aus einer Gammaeulenart (Autographa californica) isoliert, die auf Luzerne lebt. Das Genom hat 134 kBp (kilo Basenpaare) und besitzt 154 Offene Leserahmen (englisch open reading frames, ORFs). Das wichtigste Kapsidprotein ist VP39, es bildet mit einigen kleineren Proteinen das Nukleokapsid (21 nm × 260 nm), das die DNA umhüllt, die wiederum vom Protein p6.9 umgeben ist.
Die BV-Partikel benötigen für eine Infektion das Glycoprotein gp64 (Genprodukt 64), welches an den Enden des fadenförmigen Virions vorkommt. Dieses Protein findet sich nicht in den ODV-Partikeln, hier gibt es einige Proteine die nur bei ODV vorkommen. Unterschiede gibt es auch in der Zusammensetzung der Lipide der Hülle, bei BV kommt Phosphatidylserin vor, ODV enthält Phosphatidylcholine und Phosphatidylethanolamine.
Im Laufe der Evolution des Virus hat sich das gp64 verändert. Ld139, (auch Baculovirus-F-Protein) aus dem Schwammspinner Lymantria dispar (LdMNPV) ist vermutlich ein ursprüngliches Membranfusionsprotein (zur Freisetzung des Virus aus der Wirtszelle), das durch gp64 als nicht „gleichwertiges“ Protein ersetzt wurde, da Ld139 und gp64 im Genom vieler Baculovirus-Arten vorkommen (Maulbeerspinner, Gammaeule, Douglasien-Bürstenspinner (Familie der Trägspinner)).
Gp64 selbst ist ein homotrimeres Protein, das an den Polen der filamentösen BV-Partikeln sitzt. Es besteht aus 512 Aminosäuren, mit vier Glykolisierungsstellen an Asparagin-Resten und eine N-terminale Signalsequenz von 20 Aminosäuren, weiters Oligomerisations- und Fusionsdomänen, sowie eine hydrophobe Transmembrandomäne am C-terminalen Ende von sieben Aminosäuren. Es wird in der frühen und in der späten Phase der Infektion gebildet mit einem Maximum 24 bis 26 Stunden nach der Infektion. Die Trimerisation (Zusammenlagerung von je 3 gp64-Einheiten) über interne Cystinbindungen ist wichtig für den Transport zur Zelloberfläche, da nur 33 % des gp64 die Oberfläche erreichen und Monomere innerhalb der Zelle abgebaut werden.
Dieses Protein ist essentiell für die Knospung des Virions aus der Zelle sowie für die Infektion von weiteren Zellen im Infektionszyklus. Seine Hauptaufgabe ist die über den pH-Wert regulierte Fusion mit dem Endosom. Obwohl gp64 notwendig ist für die Virusvermehrung, können Mutanten, denen gp64 fehlt, über Substitution mit Ld130 oder dem G-protein des „Vesikulären Stomatitis-Virus“ (Vesicular stomatitis virus, VSV) wieder funktionsfähig gemacht werden.
Innerhalb der Familie wurden früher zwei Gattungen unterschieden: Nucleopolyhedrovirus (NPV) und Granulovirus (GV, jetzt Gattung Betabaculovirus). Bei Betabaculovirus kommt pro Hülle nur ein Nukleokapsid, bei den aus der Gattung Nucleopolyhedrovirus neu unterteilten Gattungen Alpha-, Gamma- und Deltabaculovirus kommen entweder einzelne (SNPV) oder mehrere (MNPV) Nukleokapside pro Hülle vor. Die Virusteilchen (Virionen, Nukleokapsid und Hülle) sind nun abermals in eine Granulin (GV)- oder Polyhedrin (NPV)-Matrix eingebettet. Die Betabaculoviren besitzen nur ein Virion pro Granulinmatrix, bei den anderen Gattungen sind mehrere Virionen in der Polyhedrinmatrix.
Nach ICTV (Master Species List#37, Stand April 2022) besteht die Familie aus den folgenden vier Gattungen (die früheren Typusspezies und ggf. eine Auswahl weiterer Arten sind mit angegeben):[5]
Man versucht, Baculoviren als Genfähren zu nutzen. Im Gegensatz zu den als Genfähren besser erforschten Lentiviren (LV), (humanen) Adenoviren (AV bzw. hAdV) und Adeno-assoziierten Viren (AAV) haben Baculoviren ein größeres Kapsid, so dass im Genom eines gentechnisch veränderten Virus dieser Gruppe mehr zusätzliches Genmaterial untergebracht werden kann.[22]