Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 47° 50′ N, 9° 39′ O | |
Bundesland: | Baden-Württemberg | |
Regierungsbezirk: | Tübingen | |
Landkreis: | Ravensburg | |
Gemeindeverwaltungsverband: | Mittleres Schussental | |
Höhe: | 459 m ü. NHN | |
Fläche: | 16,01 km2 | |
Einwohner: | 7407 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 463 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 88255 | |
Vorwahl: | 0751 | |
Kfz-Kennzeichen: | RV, SLG, ÜB, WG | |
Gemeindeschlüssel: | 08 4 36 011 | |
LOCODE: | DE BFT | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Marktplatz 1 88255 Baienfurt | |
Website: | www.baienfurt.de | |
Bürgermeister: | Günter A. Binder | |
Lage der Gemeinde Baienfurt im Landkreis Ravensburg | ||
Baienfurt ist eine oberschwäbische Gemeinde im baden-württembergischen Landkreis Ravensburg in Deutschland. Die Gemeinde mit gut 7000 Einwohnern gehört zum Gemeindeverwaltungsverband Mittleres Schussental.
Baienfurt ist Teil des Siedlungsgebiets Mittleres Schussental, das sich von Eschach, ein südlicher Stadtteil Ravensburgs, über die beiden Städte Ravensburg und Weingarten bis nach Baienfurt und Baindt im Norden erstreckt. Sie befindet sich wenige Kilometer westlich des Altdorfer Walds am Talostrand der Schussen, die ein nördlicher Bodensee- bzw. Rhein-Zufluss ist, und wird vom Schussen-Zufluss Wolfegger Ach durchflossen.
Baienfurt grenzt im Norden beginnend an Fronreute, Baindt, Bergatreute, Schlier, Weingarten und Berg.
Zu Baienfurt gehören neben dem Hauptort die Ortsteile und Wohnplätze Niederbiegen, Köpfingen, Kickach, Baumgarten und Briach sowie das Wohngebiet Neubriach.
Baienfurt hat im Norden einen minimalen Anteil am Naturschutzgebiet Annaberg und im äußersten Süden einen ebenso minimalen Anteil am Landschaftsschutzgebiet Laurental und Rößlerweiher.
Zudem liegen in Baienfurt Teile der FFH-Gebiete Schussenbecken mit Tobelwäldern südlich Blitzenreute und Altdorfer Wald.[2]
Durch Bodenfunde sind keltische Siedlungsspuren im Gemeindegebiet belegt. Aus der Hallstattepoche gibt es einen Grabhügel. Auf dem Gebiet der heutigen Teilorte Rain und Kickach gab es römische Landgüter.
Die Siedlung Baienfurt ist wahrscheinlich im 9. Jahrhundert entstanden. Der Name Baienfurt, in frühen Dokumenten auch Baier, Beierfurt oder Paigerfurt geschrieben, geht auf eine Furt durch die Wolfegger Ach zurück. Baien wird von baie, beige (= Öffnung) abgeleitet, andere Quellen nennen eine Herkunft von Bai (= Riedgras).
Wahrscheinlich vor 1090 unter Welf IV. erhielten die Herren von Waldburg den Ort als Lehen. 1143 wird der Ort Binningen erstmals als Eigentum des Klosters Weingarten urkundlich genannt, Kickach wird 1148 erstmals urkundlich erwähnt. 1278 wurde eine Blasiuskapelle in Briach errichtet. 1525 waren Baienfurt und seine Umgebung ein Schauplatz des Deutschen Bauernkriegs. Die Truchsessen von Waldburg hatten die Herrschaft bis 1587 inne, als sie die Landeshoheit in einem Vergleich der vorderösterreichischen Landvogtei Schwaben mit Sitz im benachbarten Altdorf (heute Weingarten) übertrugen. Baienfurt wurde Kameralort der Landvogtei, Grundbesitz hatten neben der Landvogtei aber auch die Klöster Weingarten und Baindt. 1806 wurde Baienfurt mit der Landvogtei Schwaben Teil des Königreichs Württemberg (Oberamt Ravensburg, Amt Um-Altdorf).
1826 wurde der Ort zusammen mit anderen Teilen des ehemaligen Amtes Um-Altdorf und der Siedlung um das Kloster Baindt zur Gemeinde Baindt vereinigt, deren Schultheissensitz Baienfurt war. Schon 22 Jahre später hatten die stetigen Bemühungen der Baienfurter um Selbständigkeit jedoch Erfolg, als die Gemeinde am 20. September 1848 zur selbständigen Schultheißerei ernannt wurde.
1850 erhielt Baienfurt mit der benachbarten Bahnstation Niederbiegen an der Württembergischen Südbahn Anschluss an das Netz der Württembergischen Eisenbahnen.
Mit der Entstehung einer Papierfabrik ab 1870 wurde das bis dahin bäuerlich geprägte Dorf Industriestandort und wuchs seither stetig.
1934 wurde das Oberamt Ravensburg in Kreis Ravensburg umbenannt und 1938 im Rahmen der Verwaltungsreform während der NS-Zeit in Württemberg in den Landkreis Ravensburg überführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel Baienfurt mit dem Landkreis Ravensburg in die Französische Besatzungszone und kam somit zum neu gegründeten Land Württemberg-Hohenzollern, welches 1952 als Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern im Land Baden-Württemberg aufging.
Von 1970 bis 1977 wurde ein modernes Ortszentrum mit Rathaus, Gemeindehalle, Marktplatz und Hallenschwimmbad errichtet. Eine zunächst vorgesehene Fusionierung der Gemeinde mit Ravensburg, Weingarten und Baindt im Zuge der Gemeindereform 1975 kam wegen mangelnder Zustimmung der Bevölkerung im Schussental nicht zustande.
Bevölkerungsentwicklung | ||||||||||||||
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Jahr | 1849 | 1888 | 1910 | 1939 | 1959 | 1987 | 1991 | 1995 | 1999 | 2005 | 2010 | 2015 | ||
Einwohner | 800 | 1200 | 1750 | 2900 | 4100 | 7000 | 6620 | 6883 | 7200 | 7293 | 7194 | 7138 |
Die Gemeinderatswahl am 9. Juni 2024 führte in Baienfurt zu dem in den nebenstehenden Diagrammen dargestellten Ergebnis.[3]
Liste der Bürgermeister von Baienfurt von 1848 bis heute:
Amtszeit | Name | Anmerkung |
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1848–1870 | Johann Baptist Mehrle | |
1870–1872 | Alois Mangold | |
1872–1919 | Gebhard Mehrle | 1911 Anbindung an Straßenbahn Ravensburg-Weingarten |
1919–1929 | Otto Mehrle | |
1929–1938 | Leo Lacher | |
1938–1945 | Emil Teufel | eingesetzt, nicht demokratisch gewählt |
1945–1946 | Karl Kurz | Militärregierung unter französischer Besatzung |
1946–1949 | Johann Mehrle[4] | |
1949–1961 | Karl Rittler[5] | |
1961–1989 | Maximillian „Max“ Brenner | (1929–2007), 1989 zum Ehrenbürger[6] |
1989–2013 | Robert Wiedemann | FWV, Amtszeit bis Dezember 2013, seit Dezember 2013 Ehrenbürger der Gemeinde Baienfurt |
seit 2013 | Günter A. Binder | CDU, ehemaliger Hauptamtsleiter in Bodnegg, gewählt am 22. September 2013 mit 93,1 %[7][8] wiedergewählt am 26. September 2021 mit 86,6 Prozent der Stimmen |
Der bisherige Bürgermeister Robert Wiedemann trat nach 24 Jahren im Dezember 2013 nicht mehr zur Wiederwahl an.[9] Als mögliche Nachfolger stellten sich 2013 nur zwei Kandidaten, wobei einer davon als Kandidat der „NEIN!-Idee Partei“[10] von der lokalen Presse mehr oder weniger als „Spaßkandidat“ eingestuft wurde.
Blasonierung: „In Grün eine goldene (gelbe) Weber-Karde mit drei aufwärts und zwei abwärts gerichteten Distelblättern.“[11] | |
Wappenbegründung: In Baienfurt wurde von 1830 bis etwa 1918 die Sonderkultur des Weber-Karden-Anbaues betrieben. Damals benötigte die Textilindustrie diese Distelart zum Aufrauen bestimmter Stoffe und wurden bei einem eigenen Kardel-Markt, der durch das Aushängen von blau-weißen Fahnen angekündigt wurde, in Baienfurt verkauft. Auf Vorschlag der Archivdirektion Stuttgart legte die Gemeinde im Jahre 1931 ein Wappen fest, das diese Besonderheit anspricht. Der Kardel wurde im Juli 2000 auf dem Platz vor der evangelischen Kirche ein bronzenes Denkmal gesetzt. Seit Januar 2011 steht das bronzene Denkmal vor dem „Neunerbeck“ in Baienfurt, welches eines der ältesten Häuser der Gemeinde ist und in dem sich passend zum Denkmal, ein Kardel-Museum befindet. |
Baienfurts Partnergemeinden sind seit 1993 Martonvásár in Ungarn, seit 2006 Goito in Italien sowie seit 2010 Pirna in Sachsen. Bereits 1989 schlossen sich verschiedene Orte im Schussental für eine projektbezogene Unterstützung mit Brest in Belarus zusammen.[12]
Neben wenigen landwirtschaftlichen Betrieben (mit Dauergrünland, Ackerland und Obstbau) und Forstwirtschaft (etwa 20 % der Gemeindefläche sind Waldgebiet) ist der Ort weitgehend von Industrie, Handwerk und Handel geprägt. Zu nennen ist insbesondere die Kiesel GmbH, ein international agierender Vermieter von Baumaschinen.
Schon im 13. Jahrhundert wurden an der Wolfegger Aach drei Mühlen betrieben. Im 19. Jahrhundert war der Fluss Grundlage für die Entstehung einer Papierfabrik (1870–1873). Sie gehörte ab 1968 zum Feldmühle-Konzern und heute seit 1990 zur finnisch-schwedischen Stora-Enso-Gruppe. Zum Jahresende 2008 hat der Konzern das Werk Baienfurt bis auf ein Schneidzentrum komplett geschlossen.[17][18] Auf dem Gelände entstand ab 2016 ein Industrie- und Gewerbepark.[19]
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden außerdem eine Zigarrenfabrik und eine Eisen- und Metallgießerei.
In Baienfurt gibt es mit der Achtalschule seit 2013 eine Gemeinschaftsschule (vorher eine Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule). Für die jüngsten Einwohner bestehen zwei gemeindliche, zwei römisch-katholische und ein evangelischer Kindergarten. Außerdem gibt es im Ort eine Außenstelle der Volkshochschule Ravensburg-Weingarten.