Das Bauhaus-Museum Weimar vermittelt einen Einblick in die Kunst des beginnenden 20. Jahrhunderts in Weimar, in deren Mittelpunkt das Bauhaus steht. Das Museum wurde 1995 als Provisorium in der ehemaligen Wagenremise am Theaterplatz eingerichtet. Zum 100. Gründungsjubiläum des Bauhauses wurde am 5. April 2019 der Neubau des Bauhaus-Museums Weimar am Stéphane-Hessel-Platz eröffnet.[1][2][3]
Ausgangspunkt und Alleinstellungsmerkmal sind die historischen Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar zur Vorgeschichte, Geschichte und Nachwirkung des Staatlichen Bauhauses, das 1919 in Weimar gegründet wurde. Der Sammlungsbestand ist seit 1990 durch Ankäufe und Schenkungen stark gewachsen. Mit der Gropius-Sammlung besitzt die Klassik Stiftung zudem den ältesten überhaupt existierenden Bauhaus-Bestand.
Das ehemalige Bauhaus-Museum Weimar vermittelte mit mehr als 300 Exponaten einen Einblick in die Entwicklung des Staatlichen Bauhauses an seinem Gründungsort Weimar. Die pädagogischen, künstlerischen, architektonischen und gestalterischen Ideen des Bauhauses strahlen noch heute in die ganze Welt aus. Viele dieser bahnbrechenden Konzepte wurden für Weimar vorgedacht. Die Präsentation im Bauhaus-Museum Weimar zeigt Arbeiten von Walter Gropius, Gründungsdirektor des Bauhauses, sowie von Bauhaus-Meistern wie Lyonel Feininger, Gerhard Marcks, Johannes Itten oder Paul Klee. Darüber hinaus werden zahlreiche Schülerarbeiten, darunter Werke von Marcel Breuer oder Alma Siedhoff-Buscher, vorgestellt, die die praxisorientierte Ausbildung am Bauhaus belegen.
Zahlreiche ausgestellte Objekte veranschaulichen die Vielschichtigkeit, Kreativität und Lebendigkeit des schulischen Wirkens in Weimar. Ausgehend vom Manifest und Programm des Bauhauses entwickelten die Bauhaus-Meister ein neuartiges Lehrprogramm mit dem Vorkurs von Itten, der Formen- und Farbenlehre von Klee und Kandinsky und der Ausbildung in verschiedenen Werkstätten. Das Werkstattprinzip, die praxisorientierte handwerklich-künstlerische Ausbildung der durchschnittlich 150 Studierenden, war für das Bauhaus ebenso charakteristisch wie das Teamwork von Lehrenden und Lernenden. Den Übergang vom kunsthandwerklichen Einzelstück zum Prototyp für die Industrie ab 1922, entsprechend dem Motto von Gropius „Kunst und Technik – eine neue Einheit“, dokumentierten im Bauhaus-Museum Weimar die bis heute produzierten Designklassiker, wie das Bauhaus-Schach von Josef Hartwig, die Tischlampe von Carl Jakob Jucker und Wilhelm Wagenfeld oder Metallarbeiten von Marianne Brandt.
Einen weiteren Schwerpunkt der neu konzipierten Ausstellung bildet die Präsentation der Sammlung Ludewig, die mit 1524 Objekten die Erschließung der Themen um die Entwicklung des funktionalen Gestaltens in Deutschland zwischen 1780 und 1835, in England mit der Industrialisierung und der Arts and Crafts-Bewegung und die Entwicklung in Deutschland, Österreich und Belgien in der Zeit von 1895 bis 1914 ermöglicht. Darüber hinaus werden Objekte der Moderne nach dem Ersten Weltkrieg, der Internationalen Moderne nach 1945 und der Stilrichtung des „Neuen Minimalismus“ ausgestellt.
Im Oktober 2021 eröffnete die erste Sonderausstellung Vergessene Bauhaus-Frauen. Lebensschicksale in den 1930er und 1940er Jahren, die Lebensläufe bisher unbekannterer Bauhaus-Frauen in den Blick nimmt. Vorgestellt werden mehr als 30 Künstlerinnen.[4]
Das Museum befand sich seit 1995 in der durch Clemens Wenzeslaus Coudray[5] entworfenen ehemaligen Wagenremise am Theaterplatz, dem späteren Kulissenhaus. Der Bau war seither lediglich ein Provisorium und schloss Teile der Ruine des ehemaligen Weimarer Zeughauses mit ein.[6]
Dieses Gebäude ist eines der frühen Weimarer Bauten Coudrays aus dem Jahr 1823. Die kaum gegliederte Front der Remise hatte sieben Einfahrten. Der Mittelrisalit ist erhöht mit einem flachen Giebel, in dessen Mitte sich ein kleines kreisrundes Fenster befindet. Rolf Bothe nimmt an, dass sich dahinter die Geschirrkammer für die Kutschen befand. Im Innern ist durch die vielen Umbauten vom ursprünglichen Bau fast nicht erhalten.[7] Das Zeughaus war am 9. Februar 1945 im Rahmen der Luftangriffe auf Weimar schwer getroffen worden, das Kulissenhaus beschädigt. Das Museum zeigte rund 250 Exponate von Lehrern und Schülern der bedeutenden Kunstschule, darunter wegweisende Werke von Walter Gropius, Johannes Itten, Lyonel Feininger und Marcel Breuer. Die Kunstgewerbeschule Henry van de Veldes, 1907 als Vorläufer des Bauhauses gegründet, war ebenfalls mit zahlreichen Arbeiten vertreten. Das Museum am Theaterplatz schloss am 8. Januar 2018, um das Gebäude vertragsgemäß an die Stadt Weimar zurückzugeben, in dem 2019 das „Haus der Weimarer Republik“ entstand.
Durch ein Sonderinvestitionsprogramm des Bundes und des Landes Thüringen wurde der Bau eines neuen Bauhaus-Museums in Weimar ermöglicht. Damit wurde ein Hauptprojekt des „Masterplans Kosmos Weimar“ auf den Weg gebracht.
Es wurde 2011 ein offener, internationaler Architekturwettbewerb durch den Stiftungsrat der Klassik Stiftung Weimar und der Stadt Weimar ausgelobt. 2189 Architekten aus 60 Nationen ließen sich für den Wettbewerb registrieren. 2039 Anmeldungen kamen aus 32 europäischen Ländern, davon 1151 aus Deutschland und 70 aus Thüringen. 536 Architekturbüros reichten Beiträge ein. 2012 vergab das Preisgericht jeweils einen zweiten Preis an Johann Bierkandt (Landau) und die Architekten HKR (Klaus Krauss und Rolf Kursawe, Köln). Die beiden dritten Preise erhielten Heike Hanada mit Benedict Tonon (Berlin) und Bube/Daniela Bergmann (Rotterdam).
Der Auftrag für die Realisierung des Museums wurde an die Architektin Heike Hanada in Zusammenarbeit mit Benedict Tonon vergeben. Der Entwurf positioniert einen minimalistischen Kubus als geometrisch einfachen Gebäudekörper am Rande des Weimarhallenparks. Die Fassade des Baukörpers ist aus gegossenem Beton und wird von horizontalen Glasbändern gegliedert, die durch schwarze Streifen unterbrochen werden. Auf rund 1870 Quadratmetern finden die Ausstellungsbestände Platz.
Das Gebäude vermittelt durch seine Positionierung zwischen dem historischen Weimarhallenpark, dem benachbarten congress centrum neue weimarhalle sowie der angrenzenden städtebaulichen Situation mit dem ab 1937 entstandenen Gauforum und einer nördlich angrenzenden Wohnungsbebauung aus den späten 1920er-Jahren. Zusammen mit dem Neuen Museum, dem Stadtmuseum und der Ausstellung zum Gauforum formiert der Platz ein neues kulturelles Zentrum in Weimar.
Die Grundsteinlegung durch die Klassik Stiftung Weimar erfolgte am 28. Oktober 2016, nach den Anfang 2015 begonnenen städtischen Baumaßnahmen für das Bauumfeld. Das Richtfest wurde am 30. November 2017 auf der Baustelle gefeiert.[8] Am 5. April 2019 wurde das Museum der Öffentlichkeit übergeben.
Die sehr geschlossene Fassade ermöglichte auch die Gestaltung einer Himmelsleiter.
Die Dauerausstellung ist mit der Mobile App Weimar+ multimedial zugänglich. Sie bietet als interaktiver elektronischer Museumsführer mit einer Audioführung vertiefende Materialien zu Akteuren der damaligen Zeit und zu Objekten im Museum.
Im Werklabor können Besucher experimentell entdecken, wie Gestaltungsprozesse den Alltag prägen. Ausgangspunkt sind Fragestellungen des historischen Bauhauses zum Zusammenleben, zur Selbstinszenierung und zur Zukunftsgestaltung.
Das im Erdgeschoss als Modell ausgestellte Musterhaus Am Horn lässt als einziges erhaltene Versuchshaus aus der Zeit Bauhaus in Weimar auch als eigenständiges Museum besichtigen (UNESCO-Weltkulturerbe).
Von 1995 bis 2017 war Michael Siebenbrodt gründender Leiter des Bauhaus-Museums Weimar[9][10], nachdem er bereits 1985 der gründende Leiter vom Bauhaus Museum in Dessau war. Die Leitung des Museums hat (Stand 2021) die Kunsthistorikerin Ulrike Bestgen, Fachbereichsleiterin „Bauhaus, Moderne und Gegenwart“ bei der Museumsdirektion der Klassik Stiftung Weimar, inne.[11]
Koordinaten: 50° 59′ 5,3″ N, 11° 19′ 27,8″ O