Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Name | Benzotriazol | |||||||||||||||
Andere Namen | ||||||||||||||||
Summenformel | C6H5N3 | |||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
beigefarbener Feststoff[2] | |||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 119,13 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[2] | |||||||||||||||
Dichte | ||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||
Siedepunkt |
350 °C[3] | |||||||||||||||
Dampfdruck | ||||||||||||||||
pKS-Wert | ||||||||||||||||
Löslichkeit |
wenig in Wasser (19 g·l−1 bei 20 °C)[3] | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
1H-Benzotriazol ist eine organische Chemikalie mit einer 1,2,3-Triazolstruktur, die als Komplexbildner Verwendung findet. Eine strukturisomere Verbindung, mit der 1H-Benzotriazol im tautomeren Gleichgewicht steht, ist das 2H-Benzotriazol.
1H-Benzotriazol ist ein weißes, kristallines Pulver, welches nach Aufreinigung durch mehrmalige Sublimation im Hochvakuum bei 100,5 °C schmilzt.[5] Die Verbindung kristallisiert in einem monoklinen Kristallgitter.[6] Der bei einer Sublimation relevante Dampfdruck liegt im Temperaturbereich zwischen 53,4 °C und 71,7 °C zwischen 90 mPa und 640 mPa und kann mittels der Gleichung lg(p/Pa)=5159,5(T/K)−1+14,77 beschrieben werden.[7] Die Sublimationsenthalpie beträgt bei 25 °C ΔsubH = 98,15 kJ/mol, bei 63,4 °C ΔsubH = 96,30 kJ/mol.[8]
Die Verbindung zersetzt sich oberhalb des Schmelzpunktes stark exotherm.[9] Eine Destillation der Verbindung ist deshalb nicht ratsam. Eine Quelle[10] aus dem Jahr 1956 berichtet von einer explosiven Zersetzung eines Ansatzes von einer Tonne während der Destillation bei 160 °C und 2,5 hPa. Bei einer thermoanalytischen Untersuchung zeigte sich ab 240 °C eine Zersetzungsreaktion mit einer sehr hohen Reaktionsenthalpie von −1590 kJ/kg.[9] Trotz der hohen Zersetzungswärme ist die Verbindung nicht explosionsgefährlich im Sinne des Sprengstoffgesetzes, da keiner der für die Einordnung relevanten Tests wie z. B. der BAM 50/60 Stahlrohrtest oder der Koenen-Test (bei 1 mm Bohrung der Düsenplatte: Typ O) ein positives Ergebnis liefert.[9]
Zwischen 1H-Benzotriazol und 2H-Benzotriazol kann ein Tautomeriegleichgewicht formuliert werden. Experimentelle Messungen und quantenchemische Berechnungen zeigen aber, dass in fester Phase sowie in Lösung dieses Gleichgewicht praktisch auf der Seite des 1H-Benzotriazols liegt.[11][12][13] Dieses ist das energetisch günstigere Tautomer. Im photochemisch angeregten Triplettzustand ist allerdings das 2H-Tautomer energetisch begünstigt bzw. stabiler.[12]
Benzotriazol besitzt amphiprotische Eigenschaften, kann also im sauren Medium protoniert bzw. im basischen Medium deprotoniert werden. Die Protolysekonstanten betragen pKa1 = 0,42 und pKa2 = 8,27.[4]
Die Herstellung erfolgt durch ringschließende Diazotierung von o-Phenylendiamin mit Nitrit und (Essig-)Säure.[14]
Benzotriazol wird als Korrosionsschutzmittel, vor allem für Kupfer[15] in Kühlflüssigkeiten, Frostschutzmitteln, Enteisungsmitteln, sowie in Entkalkungstabletten eingesetzt. In Geschirrspülmitteln dient es als Silberschutz[15]. In der Industrie wird es in Kühlschmiermitteln der Metallbearbeitung eingesetzt. In fotografischen Entwicklern dient es zur Verminderung von Schleierbildung auf dem Film.
Benzotriazol-Derivate (z. B. 5-Methyl-1H-benzotriazol) kommen beispielsweise als Frostschutzmittel,[16] UV-Filter, in Solarzellen oder bei medizinischen Anwendungen zum Einsatz.[17]
Benzotriazol wurde 2014 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Benzotriazol waren die Besorgnisse bezüglich Umweltexposition sowie als potentieller endokriner Disruptor. Die Neubewertung fand ab 2016 statt und wurde von Deutschland durchgeführt. Ein Abschlussbericht ist in Vorbereitung.[18]
Benzotriazol ist mit 19 g/l begrenzt gut wasserlöslich aber schwer abbaubar. Es wird daher in Kläranlagen nur zu einem kleinen Anteil eliminiert und gelangt durch den vielseitigen Einsatz in größeren Mengen in Flüsse und Seen.[19][20] In europäischen Flüssen werden typischerweise Konzentrationen im drei- bis vierstelligen Nanogramm-pro-Liter-Bereich gemessen.[21] Entsprechend seinen potentiellen endokrinen und kanzerogenen Eigenschaften wird es als ein relevanter Spurenstoff eingestuft.[22]
Benzotriazol ist eine der Leitchemikalien der Schweizer Kontrollliste für die Einschätzung der Klärleistung in der 4. Reinigungsstufe von Klärwerken.[23]
Bei Spülmitteln mit Gütezeichen wie dem EU-Ecolabel, dem Österreichischen Umweltzeichen oder dem Blauen Engel ist das Silberschutzmittel Benzotriazol – wie alle wassergefährdenden Inhaltsstoffe – nicht erlaubt.[24]
Im Spätherbst 2020 startete ein „Runde Tisch 1H-Benzotriazol“ unter Beteiligung von Fachleuten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), des Umweltbundesamtes (UBA), von Umweltbehörden der Länder und Kommunen, der Wasserwirtschaft, der Umweltverbände (BBU), der Stiftung Warentest und der Industrie. Es wurden zehn Treffen abgehalten. Dieser Runde Tisch wurde im Juni 2023 abgeschlossen.
Stiftung Warentest untersuchte in ihrer Ausgabe 8/2023 Geschirrspülmaschinentabs. Dabei wurde in der Kategorie „Gewässerbelastung“ ein neues Bewertungskriterium aufgenommen. Der Einsatz von Triazolen führt darin maximal zu einer Bewertung mit „ausreichend“. Diese bewirkt auch eine Abwertung im Gesamtqualitätsurteil, das maximal einen Notenpunkt von der Bewertung in der Kategorie „Gewässerbelastung“ abweichen darf. Daher erreichen Geschirrspülmaschinentabs mit Triazolen bestenfalls die Gesamtbewertung „befriedigend“.
Allerdings ist der Silberschutz auch in der Kategorie „Materialschonung“ bewertet. Nach Recherchen der Stiftung Warentest reinigen mehr als 10 % der deutschen Haushalte ihr Silberbesteck in der Geschirrspülmaschine. Generell rät die Stiftung Warentest jedoch davon ab, Silberbesteck in der Spülmaschine zu reinigen.
Die Bewertung der Stiftung Warentest zeigte, ist der Einsatz von 1H-Benzotriazol als Silberschutzmittel nicht zwingend erforderlich ist. Produkte ohne 1H-Benzotriazol schneiden in der Kategorie „Materialschonung“ zum Teil genauso gut oder besser ab und zeigen gute Ergebnisse beim Silberschutz.[25]