Die Berlinische Galerie ist ein Museum des Landes Berlin. Offiziell trägt es den Beinamen Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur. Das Museumsgebäude befindet sich in der Alten Jakobstraße im Berliner Ortsteil Kreuzberg. Die Berlinische Galerie sammelt in Berlin seit 1870 entstandene Kunst mit einem regionalen und internationalen Schwerpunkt. Direktor des Museums ist seit September 2010 der KunsthistorikerThomas Köhler, bis dahin stellvertretender Direktor, als Nachfolger von Jörn Merkert.[1]
Das Museum wurde im Jahr 1975 als privater Verein gegründet, um in Berlin entstandene Kunst zu sammeln, zu erforschen und zu präsentieren. Gründungsdirektor war der Kunsthistoriker Eberhard Roters, den das fehlende Bewusstsein für spezifisch Berlinische Kunst zur Museumsgründung bewegte.[2] Weitere Gründungsmitglieder waren Karol Kubicki, Winnetou Kampmann, Klaus Osterhof, Wolf Jobst Siedler, Werner Küpper, Eberhard Knoch, Otto Mertens, Margit Scharoun, Peter Pfankuch, Hanspeter Dresbach, Helmut Zeumer, Werner Düttmann und Karl Giese. In den ersten Jahren residierte das Museum in einem Charlottenburger Büro, Ausstellungen wurden unter anderem in der Akademie der Künste oder der Neuen Nationalgalerie gezeigt. 1978 zog die Galerie in das Landwehr-Kasino in der Jebensstraße am Bahnhof Zoo und 1986 in den Martin-Gropius-Bau.
Nach der Wiedervereinigung Berlins im Jahr 1990 wurde die Sammlung 1994 zur Stiftung öffentlichen Rechts und nutzte Räume im Martin-Gropius-Bau. Aus dem Trägerverein entstand später der Förderverein Berlinische Galerie e. V. Im Jahr 1998 musste die Sammlung wegen Sanierung und Umbauarbeiten des Hauses in der Niederkirchnerstraße umziehen.
Nach Jahren ohne Domizil wurde am 22. Oktober 2004 ein eigenes Haus in einer vom Architekten Jörg Fricke umgebauten Industriehalle mit 4600 m² Ausstellungsfläche in der Alten Jakobstraße eröffnet. Der Umbau der 1965 errichteten Halle dauerte ein Jahr; ursprünglich befand sich dort ein Glaslager für die Berliner Senatsreserve. Im Nachbargebäude wird noch heute das Glaserhandwerk gelehrt.
Vor dem Museumsgebäude steht unter anderem eine Metallskulptur des Bildhauer-Ehepaars Matschinsky-Denninghoff.[3] Daneben gibt es aus Platzgründen in den Straßen rund um das Museum einen öffentlichen Skulpturenpark mit der Bezeichnung „Kunst – Stadt – Raum“.
Die Berlinische Galerie sammelt Kunst, die in Berlin entstanden ist, vom Ende des 19. Jahrhunderts (seit 1870) bis in die Gegenwart. Hierbei ist die Sammlung interdisziplinär aufgestellt. Malerei, Skulptur, Installations- und Medienkunst, Grafik, Fotografie, Architektur und die dokumentarischen Nachlässe von Künstlern gehören zu den Beständen.[4] Die Sammlung besteht aus fünf Sammlungsbereichen: Bildende Kunst, Fotografie, Architektur, Grafik und „Künstler*innen-Archive“.[5]
Zur grafischen Sammlung zählen rund 15.000 Blätter, darunter Druckgrafiken und vor allem Zeichnungen. Die Arbeiten bilden die Vielfältigkeit der kunsthistorischen Entwicklungen in Berlin ab: von Dada Berlin, dem späten Expressionismus ab 1914, der osteuropäischen Avantgarde der 1920er Jahre über die Neue Sachlichkeit, die Neue Figuration der 1960er Jahre, die Ost-Berliner Kunst seit Mauerbau und Mauerfall bis hin zur zeitgenössischen Zeichnung.[4]
Die fotografische Sammlung zählt mit rund 73.000 Fotografien zu einer der bedeutendsten Deutschlands. Neben Porträt-, Architektur- und Stadtfotografie zählen auch Werbe- und Modefotografie, bildjournalistische Arbeiten, Fotomontagen, Fotogramme und fotografische Konzeptarbeiten zu den Schwerpunkten. Eine Besonderheit ist die künstlerische Fotografie der DDR. Durch kontinuierliche und umfangreiche Ankäufe fördert das Museum auch die zeitgenössische Berliner Fotografie.[4]
Die Architektursammlung umfasst etwa 300.000 Pläne, 80.000 Fotografien, 4.000 Entwurfskartons für Glasmalereien und Mosaike, 2.500 Modelle und rund 800 Meter Aktenmaterial aus Nachlässen, Wettbewerben und Archiven. Die Materialien dokumentieren die Stadtplanung und Architektur Berlins von 1900 bis zur Gegenwart.[4]
Die Sammlung bewahrt dokumentarisches Material zu Künstlern, Künstlergruppen, Galeristen und Kunstwissenschaftlern (u. a. zum Jugendstil-Künstler Fidus, zur Novembergruppe, zur Galerie Ferdinand Möller sowie zu den Bildhauern Naum Gabo und Hans Uhlmann). Ein besonderer Schwerpunkt ist der umfangreiche Archivbestand zur Berliner DADA-Bewegung bestehend aus den Nachlässen von Hannah Höch und Raoul Hausmann.[4]
Im Obergeschoss präsentiert das Museum in seiner Dauerausstellung mit dem Titel Kunst in Berlin 1880–1980 eine Auswahl der Hauptwerke seiner Sammlung aus den Bereichen Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie und Architektur in chronologischer Folge auf mehr als 1000 m², aktualisiert durch Entdeckungen und Neuerwerbungen.[6] Im Oktober 2020 wurde der Rundgang durch die Sammlung grundsätzlich erneuert und präsentiert Kunst von der Malerei der Kaiserzeit Ende des 19. Jahrhunderts über Werke des Expressionismus, der osteuropäischen Avantgarde bis hin zur Architektur der Nachkriegsmoderne und der Heftigen Malerei der 1970er Jahre.[4]
Das Sonderausstellungsprogramm im Erdgeschoss reicht von der Klassischen Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst in Berlin. Diese werden ergänzt durch Veranstaltungsreihen mit Filmen, Konzerten, Künstlergesprächen, Kuratorenführungen und Vorträgen.
2019/2020: original bauhaus. Die Jubiläumsausstellung (eine Kooperation mit dem Bauhaus-Archiv Berlin, anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses)[20]
Von 2015 bis 2017 wurde in enger Kooperation mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) daran gearbeitet, die Dauerausstellung mit Tastmedien, einem Bodenleitsystem und einer Museumsapp auszustatten. Ziel des von der Aktion Mensch geförderten und von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa unterstützten Projektes Kultur mit allen Sinnen war es, seheingeschränkten Besuchern einen Zugang zu Kunst mit allen Sinnen zu ermöglichen.[37]
Seit 2010 wird der GASAG-Kunstpreis in Kooperation mit der Berlinischen Galerie verliehen. Alle zwei Jahre zeichnet der Preis eine „künstlerische Position an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technik“ aus. Der GASAG-Kunstpreis ist mit rund 10.000 Euro dotiert und schließt einen Kunstankauf in Höhe von 5000 Euro (Stand: 2018) ein.[38]
Der Preis Vattenfall Contemporary ist Nachfolger der Auszeichnung Vattenfall Kunstpreis Energie, der seit 1992 jährlich verliehen wird. 2009 hat Vattenfall Europe den Kunstpreis zusammen mit der Berlinischen Galerie neu ausgerichtet. Neben Malerei und Zeichnung wird er seither auch für Medienkunst, Performance und Skulptur an international renommierte Künstler verliehen, die in Berlin leben und arbeiten. Der Preis beinhaltet eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie, die Produktion eines Kataloges und den Ankauf einer Arbeit für die Sammlung Vattenfall. Die bisherigen Preisträger sind Julian Rosefeldt (2010) und Angela Bulloch (2011). 2012 ging der Preis an Michael Sailstorfer. 2013 wurde der Preis eingestellt. Letzte Preisträgerin war Katja Strunz (2013).[44]
Seit 1996 wird von der Kulturverwaltung des Berliner Senats der Hannah-Höch-Preis für ein hervorragendes künstlerisches Lebenswerk verliehen. Zielgruppe des Preises sind bildende Künstler, die ihr 60. Lebensjahr vollendet haben und deren Lebens- und Arbeitsschwerpunkt von Berlin geprägt ist. Entscheidend für die Auswahl ist eine kontinuierlich hochwertige künstlerische Leistung, die bisher noch nicht öffentlich gewürdigt wurde. Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch die Förderkommission Bildende Kunst der Kulturverwaltung des Berliner Senats, wobei Eigenbewerbungen nicht möglich sind.
Die Preissumme beträgt 15.000 Euro. Die Ehrung ist verbunden mit einem künstlerischen Projekt oder einer Ausstellung sowie einem Katalog. Diese werden nach Möglichkeit durch die Stiftung Berlinische Galerie, die Stiftung Stadtmuseum Berlin, das Kupferstichkabinett oder den Neuen Berliner Kunstverein durchgeführt. Die Preisverleihung findet in Anlehnung an den Geburtstag von Hannah Höch im November des jeweiligen Jahres statt.
Der Fred-Thieler-Preis wird an Künstler verliehen, die, laut Eigenaussage, ihren Lebens- und Schaffensmittelpunkt in Deutschland haben und deren Werk abseits vom aktuellen Geschehen Zeichen in der Entwicklung zeitgenössischer Kunst setzt. Die Verleihung erfolgt seit 1992 am 17. März, dem Geburtstag von Fred Thieler, und wird seit 2007 mit 10.000 Euro dotiert zweijährlich vergeben.[45]
Der Förderverein wird seit über 45 Jahren von rund 1700 Mitgliedern (Stand: 2023) getragen, die die Arbeit des Museums vor allem finanziell unterstützen. Dazu gehören auch die Mitglieder von „Jung und Artig“, dem Kreis der jungen Freunde. Sie erhalten neben freiem Museumseintritt Sonderführungen, Atelierbesuche, Exkursionen und Previews.[46]
↑Ferdinand Hodler: Ferdinand Hodler und die Berliner Moderne. Wienand, Köln 2021, ISBN 978-3-86832-626-0 (dnb.de [abgerufen am 29. Oktober 2023]).
↑Louise Stomps - Natur gestalten 1928–1988: Skulpturen und Zeichnungen: das verborgene Museum zu Gast in der Berlinischen Galerie, Berlin 2021 = Louise Stomps – figuring nature 1928–1988. Hirmer, München 2021, ISBN 978-3-7774-3776-7 (dnb.de [abgerufen am 29. Oktober 2023]).
↑Marion Beckers, Friederike Berger, Ralf Burmeister, Annelie Lütgens, Elisabeth Moortgat, Katia Reich, Änne Söll, Hannah Vogel, Gundula Wolter: Modebilder – Kunstkleider: Fotografie, Malerei und Mode 1900 bis heute. Wienand, Köln 2022, ISBN 978-3-86832-617-8 (dnb.de [abgerufen am 29. Oktober 2023]).
↑Magyar Modern: ungarische Kunst in Berlin 1910-1933. Hirmer, München 2022, ISBN 978-3-7774-3903-7 (dnb.de [abgerufen am 29. Oktober 2023]).
↑Klassenfragen. 25. November 2022, abgerufen am 29. Oktober 2023.
↑Julius von Bismarck: When platitudes become form: Julius von Bismarck. 1. Auflage. DISTANZ, Berlin 2023, ISBN 978-3-95476-576-8 (dnb.de [abgerufen am 29. Oktober 2023]).
↑Grünzeug. 12. Oktober 2023, abgerufen am 29. Oktober 2023.
↑Kader Attia. 27. April 2024, abgerufen am 31. Oktober 2024.
↑Mariechen Danz. 13. September 2024, abgerufen am 31. Oktober 2024.
↑Pressemitteilung Berlinische Galerie vom 4. November 2019, online
↑GASAG Kunstpreis. In: berlinischegalerie.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. März 2019; abgerufen am 26. März 2019.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlinischegalerie.de
↑Tue Greenfort. In: berlinischegalerie.de. Berlinische Galerie, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. März 2019; abgerufen am 26. März 2019.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlinischegalerie.de
↑Nik Nowak. In: berlinischegalerie.de. Berlinische Galerie, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. März 2019; abgerufen am 26. März 2019.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlinischegalerie.de
↑Fred-Thieler-Preis. In: berlinischegalerie.de. Berlinische Galerie, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Oktober 2019; abgerufen am 6. Oktober 2019.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/berlinischegalerie.de