Bernardo Pasquini erhielt ersten Unterricht durch Mariotto Bocciantini. Ab 1650 lebte er bei einem Onkel, der Priester war, in Ferrara und erhielt bei örtlichen Musikern weiteren Unterricht. Von Anfang 1654 bis November 1655 war er Organist an der Accademia della morte in Ferrara. Danach ließ er sich in Rom nieder. Er war Organist an verschiedenen römischen Kirchen, darunter Santa Maria in Vallicella (Chiesa Nuova, 1657–1664), Santa Maria Maggiore (1664 bis 1704) und S. Maria in Aracoeli (1664–1710).[2] 1664 reiste er im Gefolge des Kardinals Flavio Chigi nach Frankreich an den Hof Ludwigs XIV.
Ab November 1667 war Pasquini in Diensten des Fürsten Giovan Battista Borghese, Principe di Sulmona, und ab 1693 im Dienst von dessen Sohn Marcantonio.[2] Er bewohnte auch ein Appartement mit drei Zimmern und Küche im dritten Stock des Palasts des Fürstenhauses vor dem Palazzo Borghese.
Pasquini komponierte zwischen 1672 und 1694 zahlreiche Opern, Oratorien, Serenaten und Kantaten für andere Vertreter des römischen Hochadels, darunter die Fürsten Chigi, Colonna und Rospigliosi, und die Kardinäle Flavio Chigi, Benedetto Pamphilj und Pietro Ottoboni und Königin Christina von Schweden, zu deren Ehren seine Opern L’amor per vendetta ovvero l’Alcasta (1673) und Il Lisimaco (1681) aufgeführt wurden. Bei dieser und anderen Gelegenheiten arbeitete er mit Arcangelo Corelli zusammen. Pasquini arbeitete auch für das Oratorium Santissimo Crocifisso und für die römischen Theater Capranica und Tordinona. Seine Kantaten, Oratorien und 14 Opern waren sehr erfolgreich: Er gilt zusammen mit Alessandro Melani, Alessandro Stradella und Alessandro Scarlatti als bedeutendster Opern- und Oratorienkomponist der 1670er bis 1690er Jahre in Rom.
Während Alessandro Scarlattis zweitem Aufenthalt in Rom (1703 bis 1708) arbeiteten Pasquini und Arcangelo Corelli oft an Aufführungen mit diesem zusammen, sie wurden alle drei am 26. April 1706 in die Accademia dell’Arcadia aufgenommen.
Pasquini gilt als bedeutendster italienischer Komponist von Tastenmusik zwischen Girolamo Frescobaldi und Domenico Scarlatti. Neben polyphonen Werken wie Ricercari, Canzonen etc. komponierte er vor allem Toccaten, Suiten, Variationen und Partiten. Er galt lange Zeit als Erster und Einziger, der in Italien Suiten komponierte; diese stehen jedoch nach heutigem Kenntnisstand in einer Traditionslinie mit FrescobaldisBalletti (1637) und Instrumentalwerken von Maurizio Cazzati, Giovanni Battista Vitali, Giovanni Maria Bononcini und Arcangelo Corelli.[5] Ein Unikum sind seine 28 Sonaten für Basso continuo, von denen 14 für Cembalo solo und 14 für zwei Tasteninstrumente sind. Der größte Teil von Pasquinis Tastenmusik ist in Manuskripten überliefert, die zwischen ca. 1690 und 1707 aufgeschrieben wurden, und sich heute in Berlin und London befinden.
Nach seinem Tode 1710 befanden sich in Pasquinis Besitz fünf Tasteninstrumente: Zwei Cembali mit zwei Registern (vermutlich 8’, 8’), eine „spinetta“,[6] eine „spinettina piccola“ (vermutlich ein 4’),[7] und ein „spinettone“ (großes Spinett, eventuell mit 8’, 4’).[8] Außerdem besaß er ein Porträt von Andrea Pozzo, das Pasquini in einem kanariengelben Gewand mit Turban auf einem Spinett spielend zeigt (heute in: Florenz, Conservatorio Statale di Musica „Luigi Cherubini“).
Der Komponist wurde in der Kirche San Lorenzo in Lucina, in Rom, begraben. Sein Grabmonument mit Marmorbüste (1713) wurde von Pietro Papaleo im Auftrag von Pasquinis Neffen Felice Bernardo Ricordati geschaffen und ist bis heute erhalten.
Dazu kommen noch ca. 70 handschriftlich überlieferte Kantaten; davon 50 für eine Stimme mit basso continuo (41 für Sopran, 2 für Mezzosopran, eine für Tenor und 6 für Bass); drei Kantaten „a 2 voci“ und zwei „a 3 voci“. Von den Solo-Kantaten sind zwei „con strumenti“ („mit Instrumenten“) und zwei „a 2 voci con strumenti“. Einige Dialog-Kantaten sind von größeren Dimensionen:
Erminia in riva del Giordano,[31] für 4 Stimmen mit Instrumenten (ca. 1672, Text von Benedetto Pamphilj)
die Serenata Applauso musicale per il giorno festivo della chiarissima reale maestà di Maria Luigia,[32] für 5 Stimmen mit Instrumenten (1688)
und die „cantata musicale“ Il colosso della costanza[34] für 4 Stimmen und Instrumente (aufgeführt im Seminario romano in Rom, 1689; Musik verschollen).
Caino e Abele, „oratorio a 5 con strumenti“ (1671). Andreana Galante, Nadia Ragni, Claudio Cavina, Gianpaolo Fagotto, Furio Zanasi, Il Teatro Armonico, Leitung: Alessandro De Marchi, 1990, Symphonia SY90S01
Santa Agnese, „oratorio“ (1677). Consortium Carissimi, Leitung: Vittorio Zanon, 2003, Pierre Verany PV703051
Sonate a due cimbali (1704). Attilio Cremonesi, Alessandro De Marchi, 1992, Symphonia SY91S06
Patrizio Barbieri: Harpsichords and spinets in late Baroque Rome. In: Early Music XL-1, February 2012
Patrizio Barbieri: I cembalari della Roma di Bernardo Pasquini: un censimento, con aggiornamenti sui loro strumenti. In: Atti Pasquini Symposium 2010 (Quaderni Trentino Cultura, Cultura per il territorio, Atti 17), a cura di Armando Carideo, Trento Giunta della Provincia autonoma di Trento, 2012, S. 139–153 (hier S. 139)
Alfred Baumgartner: Propyläen Welt der Musik – Die Komponisten – Ein Lexikon in fünf Bänden. Band4. Propyläen Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-549-07830-7, S.265–266.
Brockhaus-Riemann Musiklexikon. Schott Musik International. Digitale Bibliothek, Band 38, S. 7847 (vgl. BRM Bd. 3, S. 274)
Armando Carideo (Hrsg.): Atti Pasquini Symposium 2010 (Quaderni Trentino Cultura, Cultura per il territorio, Atti 17), a cura di A. Carideo, Trento Giunta della Provincia autonoma di Trento, 2012
J. Harper / L. Lindgren: Pasquini, Bernardo. In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. London, 2001, S. 187–190.
Bernardo Pasquini, Opere per tastiera – Vol. I – VII (7 Bde.), a cura di (hrsg. v.) Armando Carideo, Colledara: Andromeda Editrice, 2002–2004; und Latina: Il Levante Libreria Editrice, 2006.
Bernardo Pasquini, Le cantate, a cura di (hrsg. v.) Alexandra Nigito, Turnhout, Brepols, 2012.
↑A. Morelli: La virtù in corte. Bernardo Pasquini (1637–1710), Lucca, 2016, S. 97–98, 333.
↑J. Harper, L. Lindgren: Pasquini, Bernardo. In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Stainer and Bell, London 2001, S.188.
↑Da die italienische Nomenklatur des Barock nicht völlig eindeutig war, könnte es sich hierbei sowohl um ein Querspinett, aber auch um ein Virginal gehandelt haben. Anfang des 18. Jahrhunderts waren Virginale schon etwas altmodisch, aber Pasquini war ja schon über 70, und könnte ein solches Instrument noch aus Jugendjahren besessen haben.
↑Patrizio Barbieri: I cembalari della Roma di Bernardo Pasquini: un censimento, con aggiornamenti sui loro strumenti. In: Armando Carideo (Hrsg.): Atti Pasquini Symposium 2010. Giunta della Provincia autonoma di Trento, Trento 2012, S.139.
↑„Die Aufrichtigkeit mit der Aufrichtigkeit (!?) oder der Tirinto“