Die Bibliothek der Universität Tenri (jap. 天理大学附属天理図書館, Tenri Daigaku fuzoku Tenri Toshokan, engl. Tenri Central Library) ist eine bekannte Bibliothek in Tenri in der Präfektur Nara, die zur privaten Universität Tenri der shintoistischen Tenrikyō-Bewegung gehört. Obgleich es sich um die Universitätsbibliothek einer Privatuniversität handelt, ist sie prinzipiell allen Personen ab 15 Jahren öffentlich zugänglich.[Anm. 1] Sie wurde 1925 gegründet und besitzt ca. zwei Mio. Medien, darunter sechs Nationalschätze, viele Wichtige Kulturgüter, als Wichtige Kunstgegenstände (重要美術品, Jūyō Bijutsuhin)[Anm. 2] deklarierte Objekte, kostbare Handschriften und alte Manuskripte. Mitteilungen werden in der bibliothekseigenen Zeitschrift „Biblia“ veröffentlicht.
Vorläufer der Universität Tenri war die 1925 eröffnete „Tenri-Fremdsprachenschule“. Sie wurde von der Tenrikyō gegründet, um Menschen für die Missionierung im Ausland in den dazu nötigen Fremdsprachen auszubilden. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 wurde die Fremdsprachenschule dann zu einer Privatuniversität. Die Bibliothek wurde ebenfalls 1925 im August eingerichtet; man versammelte bis November 1926 aus allen zur Tenrikyō gehörenden Bibliotheken 26.000 sorgfältig ausgewählte Bücher[Anm. 3] in der neuen Bibliothek Tenri, die in einem Zimmer im dritten Stock des Schulgebäudes untergebracht wurde. 1930 wurde ein neues Gebäude für die Bibliothek errichtet. Auf Vorschlag von Masaharu Anesaki, dem Direktor der Universitätsbibliothek Tokio, wurde die Tenri-Bibliothek nach Plänen für die Bibliothek der University of Minnesota gebaut. Die Ausarbeitung der Baupläne oblag dem Architekten Ban Shizuo.
1930 wurde außerdem ein zur Universität gehörendes Informationszentrum (天理参考館, Tenri Sankōkan) eröffnet. Dabei handelt es sich um eine kulturelle Einrichtung, die ethnologische und archäologische Materialien aus aller Welt sammelt und in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich macht. Insbesondere unter dem zweiten Shimbashira bzw. Leiter der Tenri-Gemeinschaft Nakayama Shōzen (1905–1967), dem Urenkel der Stifterin Miki Nakayama, konnte die Anzahl der Sammlungen, gerade auch der Raritäten, erweitert werden. Shōzens Idee war es, die Mitglieder der Tenrikyō für die Missionierungsarbeit im Ausland nicht nur mit Fremdsprachenkenntnissen auszustatten, sondern ihnen auch ein Verständnis der Kultur zu vermitteln, was zu einer Belebung der Sammeltätigkeit führte. So kaufte Shōzen 1941 den Nachlass der Familie Itō samt den Unterlagen und Büchern des konfuzianischen Gelehrten Itō Jinsai, seines Sohnes Itō Tōgai und der Schule Kōgidō (古義堂), in der die beiden in Kyōto unterrichtet hatten. 1963 wurde durch eine Erweiterung der Bibliothek und des Lesesaals die Gesamtfläche auf 10.722 m² erhöht.[1]
Zu den rund 1,8 Mio. Büchern des Bestandes zählen neben sechs Nationalschätzen auch viele alte Handschriften, Drucke der jesuitischen Mission (キリシタン版, Kirishitan-ban), westliche Inkunabeln aus dem 15. Jahrhundert wie etwa Vita et Fabulae von Aesop und alte Landkarten. Dazu eine Vielzahl von Kostbarkeiten der japanischen Literatur, wie Handschriften des Genji-, Ise- oder Taketori Monogatari, Materialien zur Haikai- und Renga-Dichtung, zu Ihara Saikaku und Matsuo Bashō, aber auch zu Schriftstellern der Moderne wie Higuchi Ichiyō, Natsume Sōseki, Akutagawa Ryūnosuke, Mori Ōgai oder Nagai Kafū.
Neben den deklarierten und ausgezeichneten Werken befinden sich auch seltene Dokumente bekannter Persönlichkeiten wie eine Weltkarte des niederländischen Kartographen Abraham Ortelius, ein Globus des Deutschen Caspar Vopelius und auch eine Handschrift der Yongle-Enzyklopädie aus der Ming-Zeit.
Sammelschwerpunkte sind: Religion, Sprache, Geschichte, Geographie, Literatur, chinesische und koreanische Studien.
Koordinaten: 34° 35′ 40,9″ N, 135° 50′ 46,6″ O