Die Trennung von Bösgesäß (Bösgesäß I, umgangssprachlich „Preußisch-Bösgesäß“) und Bös-Gesäß (Bösgesäß II, umgangssprachlich „Hessisch-Bösgesäß“) ist schon für das ausgehende Mittelalter nachgewiesen. Damals wurde die durch den Ort fließende Bracht als Grenze zwischen den isenburgischen Gerichten Reichenbach und Wolferborn festgelegt. Die beiden Ortsteile liegen etwa 100 Meter auseinander.
Zum Ortsteil Hettersroth gehören noch die kleinen Wohnplätze Höfen, Birkenstöcke und Loosemühle. Aufgrund ihrer geringen Größe werden diese offiziell meist nicht explizit genannt.
Zur Kerngemeinde Birstein gehören noch die inoffiziellen Ortsteile Unterberg und Oberberg.
Das „castrum birsenstein“ (birsen = birschen, mit Spürhunden jagen) wurde 1279 erstmals urkundlich erwähnt. Die Herrschaft Birstein war fuldischer Besitz, hervorgegangen aus dem fuldischen Zent Reichenbach, und war zunächst an die Herren von Büdingen als Lehen gegangen. Von diesen hatten es die Herren von Trimberg geerbt, und im Jahre 1279 belehnte FürstabtBertho IV. Heinrich von Weilnau und dessen Frau Lukardis von Trimberg gemeinsam mit diesem Erbe ihrer Familie, dem „castrum birsenstein et Advochatiam in Richenbach“.
Graf Heinrich II. von Weilnau verlegte 1326 seinen Wohnsitz nach Birstein. Die Weilnauer Herrschaft in Birstein dauerte allerdings nicht lange. Bereits 1332 erwarb Heinrich II. von Ysenburg durch Heirat die Hälfte der Burg und Herrschaft Birstein, und 1438 ging der gesamte Rest, soweit er nicht bereits an die Herren von Stockheim oder die von Reifenberg gefallen oder verpfändet war, an Diether I. von Ysenburg, wiederum als fuldisches Lehen.
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Zum 1. Februar 1971 fusionierten die bis dahin selbständigen Gemeinden Birstein, Bösgesäß, Fischborn und Kirchbracht im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig zur erweiterten Gemeinde Birstein.[2] Am 1. März 1971 kamen Hettersroth und Oberreichenbach hinzu.[3] Böß-Gesäß und Illnhausen folgten am 31. Dezember 1971.[4] Obersotzbach, Unterreichenbach und Untersotzbach wurden am 1. April 1972 aufgenommen. Die Reihe der Eingemeindungen wurde mit der Eingliederung der damaligen Gemeinde Oberland kraft Landesgesetz am 1. Juli 1974 abgeschlossen.[5][6] Die ehemals selbstständigen Gemeinden von Oberland, Lichenroth, Mauswinkel, Völzberg, Wettges und Wüstwillenroth wurden Ortsteile von Birstein. Für das Gebiet jeder der früher selbstständigen 16 Gemeinden, die sich in der Gemeinde Birstein zusammengeschlossen haben, wurden je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Birstein 6317 Einwohner. Darunter waren 165 (2,6 %) Ausländer, von denen 92 aus dem EU-Ausland, 52 aus anderen europäischen Ländern und 21 aus anderen Staaten kamen.[10] (Bis zum Jahr 2020 erhöhte sich die Ausländerquote auf 5,6 %.[11]) Nach dem Lebensalter waren 1086 Einwohner unter 18 Jahren, 2526 zwischen 18 und 49, 1479 zwischen 50 und 64 und 1227 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 2484 Haushalten. Davon waren 582 Singlehaushalte, 723 Paare ohne Kinder und 902 Paare mit Kindern, sowie 219 Alleinerziehende und 58 Wohngemeinschaften.[13] In 468 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 1611 Haushaltungen lebten keine Senioren.[12]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [8]; Hessisches Statistisches Informationssystem[11]; Zensus 2011[10] Nach 1970 einschließlich der im Zuge der Gebietsreform in Hessen eingegliederten Orte.
Die Bevölkerung der Gemeinde Birstein ist zu einem recht hohen Anteil evangelischer Konfession. Neben den fünf evangelischen Kirchen im Gemeindegebiet existieren eine katholische Kirche und weitere Glaubensgemeinschaften.
Seit dem 17. Jahrhundert existierte eine jüdische Gemeinde in Birstein. Im Jahre 1925 machten Juden 10,4 % der Bevölkerung aus. In den ersten Jahren des Nationalsozialismus sah sich ein Großteil der Birsteiner Juden zur Auswanderung gezwungen; die jüdische Gemeinde wurde 1937 aufgelöst. Mindestens 26 der in Birstein geborenen oder ansässigen Juden wurden in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet.[14]
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Gemeindevorstands, dem in der Gemeinde Birstein neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Beigeordneter und zehn weitere Beigeordnete angehören.[21] Bürgermeister ist seit dem 1. April 2020 Fabian Fehl (SPD).[22] Er wurde als Nachfolger von Wolfgang Gottlieb, der nach vier Amtszeiten nicht wieder kandidiert hatte,[23] am 3. November 2019 in einer Stichwahl bei 61,9 Prozent Wahlbeteiligung mit 52,8 Prozent der Stimmen gewählt.[24]
Für alle Ortsteile und die Kerngemeinde besteht je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach Maßgabe der §§ 81 und 82 HGO und des Kommunalwahlgesetzes in der jeweils gültigen Fassung.[7]
Die Ortsbezirke sind durch die Gebiete der Ortsteile abgegrenzt. Die Ortsbeiräte bestehen aus drei bis fünf Mitgliedern.
Deren Wahl erfolgt im Rahmen der Kommunalwahlen. Der Ortsbeirat wählt eines seiner Mitglieder zum Ortsvorsteher bzw. zur Ortsvorsteherin. Zur Zusammensetzung siehe die jeweiligen Stadtteile.
Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 47,0 %. Dabei wurden gewählt: drei Mitglieder der „Freien Bürgergemainschaft“ (FBG), zwei Mitglieder der SPD.[28] Der Ortsbeirat wählte Peter Blumöhr (FBG) zum Ortsvorsteher.[29]
alter Ortskern von Birstein (Kirchgasse, Schlossstraße, Schulweg, Lauterbacher Straße), u. a. mit der ehemaligen Lateinschule (erbaut 1692), dem ehemaligen Amtsgericht (erbaut 1903) und dem ehemaligen Rathaus
Sotzbacher Feuerwehrscheune, das einzige Feuerwehrmuseum seiner Art im Main-Kinzig-Kreis.
Naturlehrpfad „Graf-Dietrich-Weiher“ in Birstein-Fischborn, der den Besuchern die Flora und Fauna des 1980 gegründeten Naturschutzgebiets rund um den Graf-Dietrich-Weiher näherbringt
Lehrpfad „Der Weg des Wassers“ in Birstein-Fischborn, welche den Weg des Trinkwassers aus dem Vogelsberg nach Frankfurt am Main rekonstruiert
Durch das Stadtgebiet verläuft der BahnRadweg Hessen. Auf ehemaligen Bahntrassen führt er ca. 250 km durch Vogelsberg, Wetterau, das Schlitzerland, den Landkreis Hersfeld-Rotenburg, das grenznahe Thüringen, die Rhön, Fulda und durch Teile des Kinzigtals
Lokomotiv-Denkmal der letzten verbliebenen Diesellok VL13, welche bis 1967 auf der Vogelsberger Südbahn zwischen Wächtersbach, Birstein und Hartmannshain verkehrte
Birstein ist an das Autobahnnetz über die Bundesstraße 276, die zur Anschlussstelle Bad Orb/Wächtersbach der A 66 führt, angebunden. Die Buslinien MKK-71 und MKK-72 der Kreiswerke Main-Kinzig GmbH stellen eine stündliche Verbindung über die Orte Wächtersbach–Schlierbach–Neuenschmidten–Birstein dar. In Wächtersbach besteht Anschluss an die Bahnstrecke Frankfurt–Fulda.
Ferner besteht Anschluss an das Radwegenetz Hessen über den Vogelsberger Südbahnradweg, welcher durch Birstein führt. Auf diesem verkehrte bis 1967 die heute stillgelegte Vogelsberger Südbahn. Entlang des Radwegs wurden etliche Rastplätze mit Informationstafeln eingerichtet. Pedelecs können an mehreren kostenlosen Ladestationen wiederaufgeladen werden. Ein paar der Ladestationen sind auf der Website der Kreiswerke Main-Kinzig veröffentlicht. Viele weitere Ladestationen sind auf den Karten der Website GoingElectric.de zu finden.
Wilhelm Ziegler (1891–1962), deutscher Theologe, Publizist, Historiker und Ministerialbeamter
Fritz Maubach (* 1912 in Birstein; † 1963 in Eichenzell), Sohn des ehemaligen fürstlichen Hofapothekers Andreas Maubach. Schriftsteller, schrieb 1947 das Buch „Die Zwingburg“, in dem er seine Birsteiner Jugendjahre beschrieb. Zudem veröffentlichte er unter dem Pseudonym Caspar Reiserecht (zum Beispiel Rhön von allen Seiten und Heimstatt der leichten Muse). Er war wie sein Vater Apotheker, arbeitete später als Redakteur und war als solcher auch Berichterstatter bei den Nürnberger Prozessen.
Siegfried Theimer (1926–2004), Industrieller, wirkte im Ortsteil Obersotzbach als Produzent in der grafischen Industrie.[31] Seit 1991 Träger des Bundesverdienstkreuzes.[32]
↑Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.6, S.248, Punkt 328, Abs. 48 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2MB]).
↑Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 3. März 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.12, S.474, Punkt 535, Abs. 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0MB]).
↑Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.3, S.84, Punkt 93 Abs. 39 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0MB]).
↑ abFuldainfo, 30. März 2020: Ausgeglichener und genehmigter Doppelhaushalt zum Amtsantritt in Birstein: „Landrat Thorsten Stolz überreicht dem Birsteiner Bürgermeister Wolfgang Gottlieb und seinem Nachfolger Fabian Fehl den von der Kommunalaufsicht genehmigten Doppelhaushalt der Gemeinde – pünktlich zum Amtsantritt am 1. April.“
↑FR, August 2011: Trauer um Kurzkurt: „Neben 37 Jahren Kreispolitik in verschiedenen Funktionen amtierte Kurzkurt von 1977 bis 1996 knapp zwei Dekaden als Bürgermeister von Birstein.“
↑Gemeinde Birstein: Die Entstehung der Großgemeinde: „der noch von der alten Gemeindevertretung auf 6 Jahre gewählte Bürgermeister Erhard Erb versah zwischenzeitlich die Amtsgeschäfte in der neuen Gemeinde Birstein als Staatsbeauftragter. … Als Wahltermin wurde der 15. März 1972 festgesetzt, einziger Kandidat war der seitherige 46-jährige Amtsinhaber Erhard Erb. In geheimer Wahl wurde er an diesem Abend … zum ersten Bürgermeister der neuen Großgemeinde gewählt. Einstimmig unterstützten alle Gemeindevertreter den Antrag an den Regierungspräsidenten, Erb für sechs Jahre im Amt zu bestätigen. Hintergrund dieses Antrages war das sogenannte Vorschaltgesetz, welches vorsah, daß vor Abschluss der Gebietsreform Bürgermeister nur bis zum 31. März 1973 zu wählen seien. Am 6. Juli 1972 wurde Erb im Rahmen einer Gemeindevertretersitzung … in sein Amt eingeführt und verpflichtet.“
↑Götz J. Pfeiffer: Rückbesinnung und Neubeginn. Die Fenster von Richard Schröder in der 1913/14 von Ernst Faust erbauten ev. Kirche zu Birstein. In: Mitteilungsblatt. Zentrum für Regionalgeschichte. 45. Jg. 2020, S.50–54.