Bitterfeld Stadt Bitterfeld-Wolfen
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Koordinaten: | 51° 38′ N, 12° 20′ O |
Fläche: | 27,85 km² |
Einwohner: | 14.448 (31. Dez. 2021) |
Bevölkerungsdichte: | 519 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 2007 |
Postleitzahlen: | 06766, 06749 |
Vorwahlen: | 03493, 03494 |
Lage von Bitterfeld in Bitterfeld-Wolfen
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Bitterfeld ist ein Stadtteil der Stadt Bitterfeld-Wolfen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt und ein Zentrum der chemischen Industrie. Bis zum 30. Juni 2007 war Bitterfeld eine eigenständige Stadt und Kreisstadt des Landkreises Bitterfeld. Bitterfeld liegt etwa 25 km nordöstlich von Halle (Saale) und etwa 35 km nördlich von Leipzig. Östlich befindet sich der Muldestausee. Im Norden schließt sich der Ortsteil Wolfen und südöstlich der Stadt die Goitzsche mit dem Großen Goitzschesee an, ein Naturschutzgebiet mit 24 km² Wasserfläche.
Die durchschnittliche Lufttemperatur in Bitterfeld beträgt 10,0 °C, der Jahresniederschlag 516 Millimeter. Er ist damit extrem niedrig, er fällt in das untere Zwanzigstel der in Deutschland erfassten Werte. Der trockenste Monat ist der Februar, die meisten Niederschläge fallen im Juni. Im Juni fällt doppelt so viel Niederschlag wie im Februar. Die Niederschläge variieren kaum und sind gleichmäßig über das Jahr verteilt.
Die Herkunft des Namens ist unklar. Eine Annahme besagt, der Name rühre wahrscheinlich von einer zusätzlichen Bedeutung „sumpfig“ des mittelhochdeutschen Adjektivs bitter her und bedeute demnach „sumpfiges Land“.[2]
Bitterfeld entwickelte sich aus mehreren Siedlungen, unter ihnen das relativ gut erforschte slawische Dorf Sernitzk, sowie einem Rittergut. Bereits vor der ersten urkundlichen Erwähnung am 28. Juni 1224 ließen sich in diesem Gebiet flämische Siedler und Fernkaufleute nieder, die ein Zusammenwachsen der verschiedenen Ortschaften begünstigten.[3]
Die Stadt gehörte zunächst zur Grafschaft Brehna, die 1290 an das Herzogtum Sachsen-Wittenberg fiel. Das Herzogtum kam wiederum 1423 an die Markgrafschaft Meißen, aus dem sich das Kurfürstentum Sachsen entwickelte. In der Grenzlage zu den anhaltischen Fürstentümern und Brandenburg blieb das verkehrstechnisch schlecht angebundene Bitterfeld über das Mittelalter hinaus eine kleine Stadt, die von Handwerk und Landwirtschaft lebte, hauptsächlich Tuchmacher, Töpfer und Schuster, und von ihren Bierbrauereien.
Im sächsischen Kurfürstentum war Bitterfeld Sitz des gleichnamigen Amts Bitterfeld,[4] zu dem neben einigen Dörfern lediglich die Stadt Brehna gehörte.
Im Jahr 1621 hatte Bitterfeld eine Kippermünzstätte, in der unter Münzmeister Barthel Eckardt Interimsmünzen (Kippermünzen) geschlagen wurden. Das waren Kippergroschen- und Kreuzerstücke sowie Kipper-Schreckenberger. Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort 1637 durch die Schweden geplündert.
Im Zuge des Wiener Kongresses wurde Bitterfeld der neugebildeten preußischen Provinz Sachsen zugeordnet und Sitz des Landratsamtes des Kreises Bitterfeld. Dieser Kreis vereinte die ehemals sächsischen Ämter Bitterfeld, Bad Düben, Gräfenhainichen und Zörbig.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stagnierte die Wirtschaft, besonders die Tuchmacherei. Die handwerklich erzeugten Produkte konnten in Qualität und Masse nicht mit den bereits maschinell hergestellten Waren aus Großbritannien mithalten. In der Folge sank die Bevölkerung in Bitterfeld. Einen Wandel brachte der Anschluss an das Eisenbahnnetz ab 1857. Bitterfeld entwickelte sich zum Verkehrsknotenpunkt auf den Strecken Berlin – Halle und Magdeburg – Leipzig. Dadurch konnten die Braunkohle aus dem neu erschlossenen Bitterfelder Bergbaurevier sowie auf der Grundlage dieser Energiequelle vor Ort hergestellten Waren überregional vertrieben werden.
Bitterfeld entwickelte sich zu einem bedeutenden Industriestandort im Mitteldeutschen Industriegebiet. Parallel dazu veränderte sich die Landschaft in und um Bitterfeld: Durch die Förderung der Braunkohle im Tagebau entstanden viele „Gruben“. Teilweise wurden diese später mit Hausmüll verfüllt oder durch aufsteigendes Grundwasser als See genutzt. Bekannte Beispiele dafür sind die Goitzsche oder der als „Postgrube“ bezeichnete See bei Zscherndorf.
Vor dem Zweiten Weltkrieg war Bitterfeld ein modernes Industriezentrum, in dem auch kriegswichtige Substanzen hergestellt wurden. Zur Zeit des Nationalsozialismus mussten in Chemie- und Rüstungsbetrieben der Stadt bis 1945 mehrere hundert Kriegsgefangene sowie Frauen und Männer verschiedener Nationalität NS-Zwangsarbeit verrichten. In der Endphase der DDR wurde die Region zu einem Symbol für die marode Ausstattung der Wirtschaft und gefährlicher Umweltverschmutzung, da die Modernisierung der Industrieanlagen vernachlässigt wurde und so die Verschmutzung der Umwelt genauso weiterging wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Akkumulation von Giften durch umweltzerstörendes Wirtschaften, vor allem auch während der zwei Weltkriege, hatte beträchtliche Schäden an der Umwelt zur Folge. In jenen Jahren trug die Stadt den wenig schmeichelhaften Titel „dreckigste Stadt Europas“.[5] Ralf Herzig, der die Stadt 1987 besuchte, schrieb: „Wie durch einen speziellen Farbfilter betrachtet, lag eine monochrome, graubraungrünliche Lasur über Häusern, Landschaft und Fabriken.“[6]
Bitterfeld gehört zu den wichtigsten Zentren vom Aufstand des 17. Juni.[7] Am 17. Juni 1953 demonstrierten auf dem zentralen Platz der Jugend und der Binnengartenwiese bis zu 50.000 Menschen – mehr als Bitterfeld damals Einwohner zählte. Der Lehrer Wilhelm Fiebelkorn verlas ein Telegramm an die Regierung der DDR, in dem der sofortige Rücktritt der Regierung, freie Wahlen und die Freilassung politischer Gefangener gefordert wurden.[8] Das Streikkomitee, dem der am 20. Juni als „Rädelsführer“ verhaftete Elektriker Paul Othma angehörte, setzte den Bürgermeister Heinz-Rudolf Strauch ab. Demonstranten besetzten die SED-Kreisleitung sowie das MfS-Gebäude und verlasen die Namen von Spitzeln.[9]
Am 24. April 1959 fand die später als Bitterfelder Weg bezeichnete erste Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlages im Kulturpalast des VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld[10] statt, wo geklärt werden sollte, wie Werktätigen ein aktiver Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht werden kann. Die „vorhandene Trennung von Kunst und Leben“ und die „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ sollte überwunden werden. Eine zweite Konferenz folgte 1964.
Am 11. Juli 1968 wurde Bitterfeld von einem gewaltigen Explosionsunglück erschüttert. Im Chemiekombinat ereignete sich eine Detonation in der PVC-Halle. 42 der 57 Arbeiter in der Halle waren sofort tot, 200 Menschen mussten ärztlich versorgt werden. Weite Teile des Werks waren zerstört. Verantwortliche Betriebs- und Parteigremien waren bestrebt, dass dieses Ereignis nicht öffentlich bekannt wird, was auf Grund der Zerstörungen auch in der Stadt misslang.[11] (→ Chemieunfall in Bitterfeld)
Zwischen 1974 und 1993 wurde in Bitterfeld Bernstein im Tagebau abgebaut, zunächst von Hand, ab 1976 maschinell.
Am 27. September 1988 machte das ARD-Magazin Kontraste auf die Umweltverschmutzung der Region, vor allem am Beispiel des Silbersees im benachbarten Ort Wolfen aufmerksam (die ORWO-Filmfabrik entsorgte in dieses Restloch des Tagebaus Grube Johannes diverse Abfälle)[12] – mit dem Beitrag Bitteres aus Bitterfeld von Rainer Hällfritzsch, Ulrike Hemberger und Margit Miosga unter Mitarbeit von Hans Zimmermann aus Bitterfeld und Ulrich Neumann aus Ost-Berlin vom Grün-ökologischen Netzwerk Arche.[13] Nach der Friedlichen Revolution von 1989 folgten viele Industriestilllegungen. Menschen, Pflanzen und Natur konnten bildlich gesprochen wieder aufatmen. Einerseits führte der Wegfall vieler Arbeitsplätze zu enormer Arbeitslosigkeit, andererseits wurde mit milliardenschweren Rekultivierungsleistungen die Bergbaufolgelandschaft um Bitterfeld in eine Wald- und Seenlandschaft verwandelt, welche heute Ziel für Wanderer und Wassersportler ist. Stück für Stück kann beobachtet werden, wie die Natur ihre alten Narben überwächst. Monika Maron porträtierte in ihrem Roman Flugasche die äußerst schwierigen Produktionsbedingungen in Bitterfelder Chemiebetrieben und zeigte 30 Jahre später in ihrem Bericht Bitterfelder Bogen die Weiterentwicklung auf.
Trotz des industriellen und wirtschaftlichen Rückgangs ist Bitterfeld als Teil des „Mitteldeutschen Chemiedreiecks“ um Halle (Saale) und Leipzig mit dem neuen „Chemiepark“ (siehe unten) noch immer ein bedeutender Standort der chemischen Industrie. Im Jahr 2000 war Bitterfeld eine Korrespondenzregion der Expo 2000 in Hannover. Eines der noch heute sichtbaren Expo-Resultate ist das Berufsschulzentrum August von Parseval. Es wurde im Jahr 2000 der Nutzung übergeben.
Bitterfeld ist am 1. Juli 2007 mit der Nachbarstadt Wolfen und den Gemeinden Greppin, Holzweißig und Thalheim zur neu gegründeten Stadt Bitterfeld-Wolfen zusammengelegt worden.[14] Die Stadt Bitterfeld-Wolfen fusionierte planmäßig am 1. September 2009 mit Bobbau (laut Bürgeranhörung waren 54 Prozent der Einwohner Bobbaus gegen die Fusion mit Bitterfeld-Wolfen). Die Stadt Bitterfeld-Wolfen hatte Ende 2010 ca. 45.000 Einwohner und war damit die fünftgrößte Stadt Sachsen-Anhalts. Zudem schlossen sich im Zuge der Kreisreform der Landkreis Bitterfeld und der Landkreis Köthen mit großen Teilen des Landkreises Anhalt-Zerbst zum Landkreis Anhalt-Bitterfeld zusammen.
Das Bitterfeld-Syndrom, welches in der Klassifizierung offiziell Altlastensyndrom genannt wird,[15] bezeichnet eine anthropogen bedingte Bodendegradation durch lokale Kontamination, Abfallakkumulation und Altlasten. In Bitterfeld wurde dieses Syndrom erstmals in den 1990er-Jahren diagnostiziert. Die Ursachen für die starken Umweltprobleme in Bitterfeld lagen in der Ansiedelung von Chemieindustrie ohne ausreichende Umweltschutzmaßnahmen. Dies führt zu ökologischen Störungen und erhöhten Gesundheitsgefährdungen bei Menschen. Das Bitterfeld-Syndrom wurde auch für die Regionen Cubatão (Brasilien), das Donezbecken (Ukraine), Kattowitz (Polen), Wallonien (Belgien), Manchester-Liverpool-Birmingham (Großbritannien), Seveso (Italien), Bhopal (Indien), Hanford und Pittsburgh (USA) beschrieben.[16]
Datum | Einwohner[17] | Datum | Einwohner[18] |
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31.12.1814 | rund 2.000 | 31.12.1960 | 31.687 |
31.12.1840 | 4.649 | 31.12.1981 | 22.199 |
31.12.1843 | 4.005 | 31.12.1984 | 21.279 |
31.12.1853 | 3.980 | 03.10.1990 | 18.099 |
31.12.1856 | 3.624 | 31.12.1995 | 16.868 |
31.12.1870 | 5.693 | 31.12.2000 | 16.507 |
31.12.1880 | 6.531 | 31.12.2001 | 16.237 |
31.12.1890 | 9.047 | 31.12.2002 | 15.985 |
31.12.1895 | 10.636 | 31.12.2003 | 15.798 |
31.12.1900 | 11.839 | 31.12.2004 | 15.755 |
31.12.1910 | 14.617 | 31.12.2005 | 15.728 |
31.12.1925 | 18.384 | 30.06.2006 | 15.709 |
31.12.1933 | 21.328 | 30.06.2017 | 15.125 |
31.12.1939 | 23.949 | 31.12.2021 | 14.448 |
29.10.1946 | 32.833 | ||
31.08.1950 | 32.814 |
Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2016 erzielte die AfD im Wahlkreis 29 (Bitterfeld) mit 33,4 % der Erststimmen und 31,9 % der Zweitstimmen das landesweit beste Ergebnis.[19]
Bitterfeld unterhält Städtepartnerschaften zu folgenden Städten:
Der Ortschaftsrat des Ortsteils Bitterfeld hat 19 Sitze. Bei der letzten Wahl zum Ortschaftsrat am 26. Mai 2019 ergab sich bei einer Wahlbeteiligung von 41,30 % folgende Sitzverteilung:
CDU | 4 Sitze |
AfD | 5 Sitze |
Die Linke | 3 Sitze |
SPD | 1 Sitz |
GRÜNE | 1 Sitz |
FDP | 1 Sitz |
Wählerliste Sport | 3 Sitze |
Pro Bitterfeld | 1 Sitz |
Die Flagge ist Rot-Weiß gestreift. Das Stadtwappen ist mittig auf die Flagge aufgelegt.
Das Wappen wurde am 14. Februar 2000 durch das Regierungspräsidium Dessau genehmigt und im Landeshauptarchiv Magdeburg unter der Wappenrollennummer 4/2000 registriert. Blasonierung: „In Silber auf gewölbtem grünen Schildgrund ein roter Rundturm mit grünem, rot bekreuztem Spitzdach und offenem Rundbogenfenster über offenem Rundbogentor; der Turm beseitet von je einem schwebenden Dreieckschild, rechts: neunmal von Schwarz über Gold geteilt, schrägrechts belegt mit einem grünen Rautenkranz (Sachsen), links: in Silber drei (2:1) rote Seeblätter (Grafen von Brehna)“. Das Wappen wurde vom Magdeburger Kommunalheraldiker Jörg Mantzsch neugestaltet.
In dem 1839 in der Stadtmitte als Schulgebäude errichteten Kreismuseum befinden sich Dauerausstellungen zur Regionalgeschichte, Geologie, Biologie und Archäologie. Daneben ist eine Dauerausstellung der Ballonfahrt gewidmet, die in Bitterfeld auf eine 90-jährige Tradition zurückblicken kann. Im Keller ist eine ständige Ausstellung zum Bitterfelder Bernstein zu sehen, die die einzige deutsche, im Abbau befindliche Bernsteinlagerstätte nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt.
Zweimal fand in Bitterfeld die FAI World Gas Balloon Championship, die Gasballonweltmeisterschaft, statt. 1996 gewann das deutsche Team um Thomas Fink und Copilot Rainer Hassold aus Augsburg mit dem Ballon GER 1. 2004 fand die letzte Gasballonweltmeisterschaft nach acht Jahren wieder in Bitterfeld statt. Wieder siegte ein deutsches Team.
Seit der Saison 2010/2011 ist Bitterfeld mit den BSW Sixers in der 2. Bundesliga Pro B im Basketball vertreten.
Seit 2012 spielen die Volleyball-Männer des VC Bitterfeld-Wolfen in der 2. Bundesliga Nord.
Mit Beginn des Braunkohletagebaus 1839 südlich von Bitterfeld nahm der Ort einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung. Die über den Kohlefeldern lagernden Tonschichten begünstigten ein schnelles Wachstum der Steinzeugindustrie, die neben der im Rheinland zu den wichtigsten des Deutschen Reiches gehörte. 1893 errichtete Walther Rathenau die Elektrochemischen Werke, denen noch im gleichen Jahr die Chemische Fabrik Griesheim als weiterer Betrieb der Elektrochemie folgt. Hiermit war der Grundstein für Bitterfeld als bedeutendster Ort der europäischen Chlorchemie gelegt. Ausschlaggebender Grund für die Ansiedlung waren die ausgiebigen und preiswerten Kohlevorkommen, die zur Herstellung von elektrischer Energie benötigt wurden. Die chemische Industrie expandierte enorm und gewann während des Ersten Weltkriegs zusätzlich an Bedeutung, als das rohstoffarme Deutschland gezwungen war, auf chemischem Wege gewonnene Ersatzprodukte zu schaffen. In Bitterfeld wurde 1915 eine der größten Aluminiumhütten errichtet, daneben entstanden Großkraftwerke. Auch der Braunkohletagebau erweiterte sich zusehends, was auch bis dahin vergleichsweise naturnahe Bereiche der Umgebung zerstörte. Mit Bildung der I.G. Farbenindustrie AG 1925 wurde Bitterfeld ab 1926 Sitz der I.G. Farben Betriebsgemeinschaft Mitteldeutschland. In den Folgejahren kamen die Braunkohlengruben in den Besitz der I.G. Farben.
Nach Kriegsende wurden die Betriebe 1946 in Sowjetische Aktiengesellschaften überführt, um dann als Volkseigene Betriebe der DDR übereignet zu werden. In Bitterfeld entstanden so der VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld (EKB), der 1969 in den VEB Chemiekombinat Bitterfeld (CKB) überging. Bitterfeld beherbergte mit dem VEB Industrie- und Kraftwerksrohrleitungsbau Bitterfeld (IKR) einen weiteren bedeutenden Betrieb der DDR-Wirtschaft. Die Betriebe der Steinzeugwerke wurden in den VEB Steinzeugwerke Bitterfeld überführt, der bis 1959 bestand. Ein weiteres bedeutendes Unternehmen war das Braunkohlenkombinat Bitterfeld (BKK), das neben den Tagebaubetrieben in der Region ein ausgedehntes Eisenbahnnetz zur Abfuhr der geförderten Braunkohle betrieb. Die Umweltprobleme, die die Bitterfelder Industrie aufgrund einer stark überalterten Ausstattung ohne Umweltschutzmaßnahmen verursachte, sind legendär. Plakativ, aber nicht ganz ohne Anlass wurde Bitterfeld daher als „schmutzigste Stadt Europas“ bezeichnet.
1990 erfolgte die großflächige Stilllegung von Industriebetrieben und das Ende des Braunkohlenbergbaus. Die Tagebaubrachen wurden größtenteils geflutet und mit erheblichen Fördermitteln renaturiert. Das Gelände der chemischen Industrie wurde privatisiert, und daraus hervorgegangene Betriebe führten zusammen mit namhaften Neuansiedlern (Bayer, Heraeus, Akzo Nobel, Degussa) die Tradition Bitterfelds als bedeutenden Chemiestandort fort. Im Bayer-Werk Bitterfeld werden zum Beispiel fast alle Aspirin-Tabletten für den europäischen Markt produziert. Als Standortvorteil erweist sich ein Stoffverbund, der über ein weitverzweigtes Rohrbrückensystem innerhalb des Chemieparks zwischen verschiedenen Anliegern, speziell im Bereich der Chlorchemie, durchgeführt wird. Der politische Wechsel 1989/1990 und die anschließende Umgestaltung und Privatisierung der Industrie führte zu einer Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent, die mit Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit abgemildert wurde.
Die Gründung des Q-Cells-Konzerns mit seinen Töchterfirmen machte Bitterfeld-Wolfen und das angrenzende Thalheim zu einem Weltzentrum der Solarindustrie. Im sogenannten Solar Valley waren einst über 3000 Mitarbeiter beschäftigt. Wegen der zunehmenden Konkurrenz aus Asien meldeten Q-Cells mit der Tochterfirma Solibro und Sovello 2012 Insolvenz an. Solibro war bis Ende 2015 Teil der chinesischen Hanergy Holding Group. Bei Hanergy verblieben die Solibro Hi-Tech GmbH und Solibro Research AB.[22] Q-Cells wurde an den südkoreanischen Konzern Hanwha verkauft.[23] Für Sovello wurde kein Investor gefunden und die Bildung einer Transfergesellschaft für die Mitarbeiter scheiterte.[24]
Folgende Unternehmen (Auswahl) sind im 2001 entstandenen Chemiepark Bitterfeld-Wolfen angesiedelt,[25] der sich auch über die Ortsteile Wolfen, Thalheim und Greppin erstreckt: Akzo Nobel Chemicals GmbH, Bayer Bitterfeld GmbH, Degussa AG, Dow Wolff Cellulosics, Heraeus Tenevo AG / Heraeus Quarzglas GmbH & Co. KG, Lanxess Deutschland GmbH, Linde AG Geschäftsbereich Linde Gas, Q-Cells SE (heute Global PVQ SE) und Solibro GmbH.
Anschluss an ein reguläres Wegenetz erhielt der Kreis Bitterfeld 1823 mit Anbindung an die Chaussee von Berlin über Halle nach Kassel. Ihr Verlauf entspricht auf Kreisgebiet dem der heutigen Bundesstraße 100.
Die im Jahr 1840 eröffnete Bahnstrecke Magdeburg–Halle (Saale)–Leipzig schloss den Kreis Bitterfeld an das noch junge deutsche Bahnnetz an. Allerdings war der Nutzen gering, da die Linie nur den westlichen Teil des Kreises berührte. Die Situation verbesserte sich, als Bitterfeld 1857 eine Bahnverbindung nach Dessau erhielt und an das Netz der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn-Gesellschaft angeschlossen wurde. Bereits zwei Jahre später entstanden Verbindungen nach Leipzig, Halle und Wittenberg. Bitterfeld wurde damit 1859 zu einem Bahnknoten und hatte eine hervorragende Ausgangslage für die Entwicklung der einheimischen Braunkohlen- und Steinzeugindustrie. Ergänzt wurde das Bahnnetz 1897 mit der Strecke Bitterfeld–Stumsdorf, die den Bahnknoten Bitterfeld direkt mit der Strecke Magdeburg–Halle verband.
1868 wurde die Kreischaussee Bitterfeld–Zörbig eröffnet. Im Jahre 1906 wurde eine Kommission zur Vorbereitung des Baus einer Bahnstrecke von Bitterfeld nach Eilenburg gegründet. Aufgrund des wenig später ausgebrochenen Ersten Weltkriegs wurden die Pläne dafür jedoch wieder verworfen.[26][27]
Bitterfeld war ein Ausgangspunkt des elektrischen Zugverkehrs in Deutschland. 1911 nahm die erste elektrifizierte normalspurige Vollbahnstrecke des deutschen Reiches ihren Betrieb zwischen Bitterfeld und Dessau auf. Mit dem nahegelegenen Bahnkraftwerk Muldenstein entstand 1912 das erste bahneigene Kraftwerk zur Bereitstellung des benötigten Bahnstroms. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde der elektrische Betrieb eingestellt und erst 1922/1923 wieder aufgenommen.
Die Reichsautobahn von Berlin nach Nürnberg (die heutige A 9) berührt den Kreis und wurde 1938[28] eröffnet. Im ehemaligen Landkreis Bitterfeld gibt es drei Auffahrten zur A 9: Dessau-Süd, Bitterfeld-Wolfen und Brehna. Durch das Stadtgebiet verlaufen die Bundesstraßen 100 (Halle/Saale–Bitterfeld-Wolfen–Lutherstadt Wittenberg), 183 (Köthen–Bitterfeld-Wolfen–Torgau–Bad Liebenwerda) und 184 (Magdeburg–Zerbst–Dessau–Bitterfeld-Wolfen–Leipzig).
Der Bahnhof Bitterfeld ist Fernverkehrshalt der Intercity-Express-Linie Hamburg–Berlin–Halle–Erfurt–München. Im Regionalverkehr besteht durch einen stündlich verkehrenden Regional-Express Anschluss nach Leipzig, Dessau und Magdeburg. Seit Dezember 2013 ist Bitterfeld an das Netz der S-Bahn Mitteldeutschland angeschlossen. Bitterfeld ist Umsteigepunkt für die Linien S2 und S8. Nach Halle sowie Leipzig besteht wochentags ein 30-Minuten-Takt. In Richtung Dessau und Lutherstadt Wittenberg besteht ein 60-Minuten-Takt, wobei sich hier die Linien S2 und S8 in beide Richtungen abwechseln.
Die Bahnstrecke nach Stumsdorf wird nur noch im Güterverkehr bedient, den Personennahverkehr stellt die Buslinie 440 der Vetter Verkehrsbetriebe, über Sandersdorf und Zörbig, sicher.
Der Rat der Stadt bestand aus dem Bürgermeister und bis zu drei Ratsfreunden. Sie alle wurden jährlich neu gewählt, sodass jeder von ihnen im Abstand von drei Jahren mindestens einmal den Vorsitz des Rates ausübte.
Bürgermeister des 17. bis in das 18. Jahrhundert hinein sind bis auf einen Valentin Becker, der 1661 starb, nicht bekannt.
Ortsbürgermeister ab 2007:
Da ein verliehenes Ehrenbürgerrecht und die Ehrenbezeichnung mit dem Tode der geehrten Person erlöschen[34], hat Bitterfeld keinen Ehrenbürger mehr – zumal die Kommune 2007 Teil von Bitterfeld-Wolfen wurde.
Belletristik