Die Blaugras-Arten sind horst- oder rasenbildende, ausdauerndekrautige Pflanzen. Sie bilden zahlreiche nichtblühende Triebe, die innerhalb der untersten Blattscheiden (intravaginal) hochwachsen. Die selbstständig aufrecht stehenden Halme sind unverzweigt.
Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und -spreite gegliedert. Die Blattscheiden sind bis oben geschlossen, die untersten bleiben oft lang bestehen. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum von bis zu 1 Millimeter Länge, der am oberen Rand bewimpert ist. Die einfachen Blattspreiten sind ausgebreitet oder gefaltet, und steif.
Die ährenrispigenBlütenstand sind rundlich-eiförmig bis walzlich und dicht zusammengezogen, von schiefergrauer, bläulicher oder weißlicher Farbe. Die Seitenäste an der Basis haben keine bis zwei große, rundlich-eiförmige oder schuppenförmige Tragblätter. Die Ährchen enthalten zwei bis fünf Blüten und sind seitlich zusammengedrückt. Alle Blüten sind zwittrig und fallen zur Reife einzeln aus den Hüllspelzen. Diese sind annähernd gleichartig, haben ein, selten bis drei Nerven, sind kürzer als das Ährchen, meist grannenspitzig, gekielt und dünnhäutig. Die Deckspelzen sind fünf- (selten bis sieben-)nervig, haben ein, drei oder fünf grannige Spitzen, sind gekielt, häutig und tragen am Rand und den Nerven Haare. Die Vorspelzen sind dünnhäutig und ungefähr gleich lang wie die Deckpelzen. Der Fruchtknoten ist oberseits meist kurz behaart. Die zwei Griffel sind im unteren Bereich verwachsen. Die Narben sind fadenförmig und treten an der Spitze des Blütchen hervor.
Die Karyopsen sind ellipsoid und am oberen Ende behaart. Der Embryo ist ein Viertel bis ein Drittel so lang wie die Frucht. Der Nabel ist rund und gleich lang wie der Embryo.
Die Gattung Sesleria wurde 1760 durch Giovanni Antonio Scopoli in Flora Carniolica Exhibens Plantas Carniolae Indigenas et Distributas ... Seite 189 aufgestellt.[1] Der Gattungsname Sesleria ehrt den italienischen Arzt und Botaniker Lionardo Sesler.[2]
Die Gattung Sesleria umfasst je nach Autor etwa 26 Arten. Dies gilt für den Fall, dass die manchmal als eigenständige Gattungen aufgefassten Sesleriella und Psilathera inkludiert sind.[3] Die Nomenklatur ist in verschiedenen Florenwerken nicht einheitlich. Derselbe Namen wird teilweise für unterschiedliche Arten gebraucht.
Die meisten Sesleria-Arten sind auf Europa beschränkt, eine kommt auch in Afrika vor und fünf in Asien vor.[4] Der Schwerpunkt der Arten ist die Balkanhalbinsel. Die Gattung Sesleria mit einem globalen Verbreitungsschwerpunkt in der illyrisch-balkanischen Florenregion,[5]
In Mitteleuropa kommen[6]Kalk-Blaugras (Sesleria caerulea(L.) Ard.[3][7]), Moor-Blaugras (Sesleria uliginosa[3][7]), Zwerg-Blaugras oder Eiförmiges Blaugras (Sesleria ovata(Hoppe) A. Kern.), Ungarisches Blaugras oder Pannonien-Blaugras bzw. Pannonisches Blaugras (Sesleria sadleranaJanka) und Kugelkopf-Blaugras (Sesleria sphaerocephalaArd.) vor.
Sesleria albaSm. (Syn.: Sesleria anatolicaDeyl, Sesleria anatolica var. peyroniiDeyl, Sesleria anatolica var. rossicaDeyl, Sesleria anatolica var. voronoviiDeyl, Sesleria autumnalis subsp. anatolica(Deyl) Tzvelev, Sesleria autumnalis var. voronovii(Deyl) Tzvelev, Sesleria alba subsp. voronovii(Deyl) Tzvelev, Sesleria ponticaDeyl): Sie kommt von Bulgarien über das nördliche bis nordöstliche Griechenland, auf Inseln der Ägäis[11] bis zum Libanon, auf der Krim und im Kaukasusraum vor.[9] Der Umfang dieser Art wird kontrovers diskutiert.[11]
Kalk-Blaugras[12] (Sesleria caerulea(L.) Ard., Syn.: Sesleria albicansKit. ex Schult. und Sesleria varia(Jacq.) Wettst.[3][7]): Sie ist in West- und Mitteleuropa, auch Island, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, im nördlichen Italien, Frankreich sowie Spanien verbreitet.
Sesleria calabrica(Deyl) Di Pietro: Dieser Endemit kommt nur im südlichen Italien vor.[9]
Sesleria juncifoliaSuffren (Syn.: Sesleria tenuifoliaSchrad.): Sie ist amphi-adriatisch verbreitet und kommt im zentralen Apennin und von der westlichen Balkanhalbinsel bis ins südliche Albanien vor.[14]
Sesleria latifolia(Adamović) Degen: Sie kommt nur auf der östlichen Balkanhalbinsel (im östlichen Serbien sowie westlichen Bulgarien)[9] und auf dem Peloponnes[11] vor.
Sesleria rhodopaeaTashev & Dimitrov: Dieser Endemit gedeiht nur in den zentralen Rhodopen in Bulgarien. Sie ist mit Sesleria latifolia nächst verwandt.[13]
Sesleria rigidaHeuff. ex Rchb.: Sie gedeiht nur im Gebirge der Balkanhalbinsel, Rumänien.
Sesleria robustaSchott, Nyman & Kotschy: Sie gedeiht nur in den maritimen bis subkontinentalen Dinariden zwischen dem Biokovo und der Rumija planina in Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Montenegro[9][13] und auf dem griechischen Festland sowie Peloponnes.[11]
Ungarisches Blaugras oder Pannonien-Blaugras bzw. Pannonisches Blaugras (Sesleria sadleranaJanka):[12] Sie kommt in 2 Unterarten in Österreich, Slowenien, Kroatien, Italien, Ungarn, in der Slowakei sowie Polen vor.[7]
Sesleria taygeteaHayek: Dieser Endemit kommt nur im südlichen Griechenland bis zum Peloponnes[11] vor.[9]
Sesleria tenerrima(Fritsch) Hayek: Sie kommt auf der Balkanhalbinsel[9] bis zum griechischen Festland sowie auf Inseln der westlichen Ägäis[11] vor.
Moor-Blaugras[12] (Sesleria uliginosaOpiz; aufgrund einer falschen Lektotypisierung der Erstbeschreibung von Linné wurde zeitweise diese Art fälschlich als Sesleria caerulea bezeichnet.[3][7]): Sie kommt in Schweden, Finnland, Polen, Tschechien, Österreich, Norditalien, Ungarn, Montenegro, Rumänien, Bulgarien und Westrussland vor; sie fehlt in Deutschland.
Sesleria vaginalisBoiss. & Orph.: Sie kommt auf dem östlichen griechischen Festland, auf dem Peloponnes sowie auf Inseln der westlichen Ägäis vor.[9][13][11]
Zwerg-Blaugras oder Eiförmiges Blaugras[12] (Sesleria ovata(Hoppe) A.Kern.): Es gedeiht nur in den Alpen von Italien, Frankreich, Deutschland und Österreich bis Slowenien. → Psilathera ovata(Hoppe) Deyl ist die einzige Art der Gattung Psilathera gestellt.[16][15][9]
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Nevena Kuzmanović, Dmitar Lakušić, Božo Frajman, Antun Alegro, Peter Schönswetter: Phylogenetic relationships in Seslerieae (Poaceae) including resurrection of Psilathera and Sesleriella, two monotypic genera endemic to the Alps. In: Taxon, Volume 66, Issue 6, 2017, S. 1349–1370. doi:10.12705/666.5
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Michael Koltzenburg: Psilathera. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 316.