Bordeaux–Paris

Die britischen Teilnehmer der ersten Austragung des Rennens 1891

Das klassische Straßenradrennen Bordeaux–Paris war ab 1952 bis zur letztmaligen Austragung im Jahre 1988 mit einer Streckenlänge von über 600 Kilometern das längste europäische Eintagesrennen im Radsport. Länger war vorher nur Paris–Brest–Paris mit mehr als 1200 Kilometern.

Das direkt von Bordeaux bis Paris ausgetragene und als das Derby bekannte Rennen wurde 1891 erstmals organisiert. Grund für die Wahl der Strecke war, dass die organisierende Zeitung Véloce-Sport ihre Redaktion von Bordeaux nach Paris verlegt hatte. Um das Rennen besonders attraktiv zu machen, wurden britische Amateur-Rennfahrer verpflichtet, die als die besten der Welt galten. Die britischen Gentlemen weigerten sich allerdings, gegen französische Profis, „Männer aus dem Volk“, anzutreten, wenn auch die Briten großzügig Unterstützung mit Material durch die heimische Fahrrad-Industrie erhielten, was ihnen Vorteile verschaffte. Die Veranstalter gaben diesem Wunsch nach, so dass sich kein einziger Franzose unter den ersten Vier befand; die besten französischen Rennfahrer durften lediglich als Schrittmacher für die britischen Fahrer teilnehmen. Mit den Erfolgen wurde breitflächig geworben, so dass die britischen Fahrradhersteller ihre Stellung auf dem französischen Markt ausbauen konnten.[1]

Bereits der erste Sieger, der Brite George Pilkington Mills, fuhr die gesamte Strecke ohne längere Pausen und benötigte dafür knapp 24 Stunden. Im Gegensatz zu anderen Klassikern wie Paris–Roubaix oder Mailand–Sanremo fand das Rennen dabei bis zuletzt mit Schrittmachern statt, die zumindest in Teilen der Strecke direkt vor den Radrennfahrern fuhren. Von 1891 bis 1894 wurden Fahrradeinsitzer als Schrittmacher benutzt, 1895 dann Tandems.[2]

Im Windschatten dieser ab den 1930er Jahren mit einem Derny motorisierten Schrittmacher erreichten die Fahrer höhere Geschwindigkeiten, die strategische Bedeutung eines Hauptfelds und des dortigen Windschattenfahrens war reduziert. Einen kuriosen Ausgang fand das Rennen 1947, als bis auf den Sieger Joseph Somers und den Zweiten Dubuisson alle anderen Fahrer den Wettbewerb vorzeitig beendeten.[3]

Seit den 1960er Jahren sank die Popularität des Rennens kontinuierlich. Die für den modernen Radsport völlig ungewöhnliche Streckenlänge und die dafür nötige entsprechend spezielle Vorbereitung führte dazu, dass immer mehr Fahrer auf den Klassiker verzichteten. Für Profis wurde das Rennen 1988 zum letzten Mal ausgetragen. Seitdem wird Bordeaux–Paris nur noch für Hobby-Radsportler fortgeführt.

Rekordhalter beim Derby mit sieben Erfolgen zwischen 1970 und 1981 ist der Belgier Herman Van Springel.

Bei dem Rennen im Jahr 1911 gab es eine Sensation, als der französische Journalist Marcel Violette das Rennen mit einem Militärflugzeug der Firma Farman begleitete.[4]

Einzelnachweise

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  1. Benjo Maso: Der Schweiß der Götter. Die Geschichte des Radsports. Covadonga Verlag, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-936973-60-0, S. 15.
  2. Illustrierter Radsportexpress. Nr. 6/1949. Express-Verlag, Berlin 1949, S. 47.
  3. Express-Verlag (Hrsg.): Illustrierter Radsportexpress. Nr. 9/1947. Berlin 1947, S. 7.
  4. Hervé Paturle, Guillaume Rebière: Un siècle de cyclisme. Calmann-Lévy, Paris 1997, S. 64 (französisch).
  5. Herman Vanspringel and Bordeaux-Paris – Koersmuseum Roeselare. In: servicekoers.be. 25. August 2022, abgerufen am 29. Mai 2023 (englisch).