Boris A. Novak (* 3. Dezember 1953 in Belgrad, FVRJ) ist ein slowenischer Dichter, Dramatiker, Übersetzer und Literaturwissenschaftler.
Boris A. Novak verbrachte seine Kindheit in Belgrad und zog 1968 mit seiner Familie nach Ljubljana. Dort maturierte er und schloss 1978 sein Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft und Philosophie an der Philosophischen Fakultät der Universität Ljubljana ab.[1] 1980–1986 arbeitete er als Dramaturg am Slowenischen Nationaltheater in Ljubljana. 1988/89 absolvierte er ein Postdiplomstudium in den USA. 1996 promovierte er über die Rezeption romanischer Gedichtformen in der slowenischen Dichtung, 2002 wurde er außerordentlicher Professor für vergleichende Literaturwissenschaft und Literaturtheorie, 2007 ordentlicher Professor an der Philosophischen Fakultät in Ljubljana.[2] Seit 2017 ist Novak assoziiertes Mitglied der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste[3], seit 2020 korrespondierendes Mitglied der Kroatischen Akademie der Wissenschaften und Künste.[4]
Bereits in den 1970er-Jahren zählte Novak zu den slowenischen Intellektuellen, die sich für eine Demokratisierung Jugoslawiens einsetzten.[5] Nach seiner Tätigkeit als Dramaturg am Slowenischen Nationaltheater in Ljubljana war er einige Jahre Herausgeber der Literaturzeitschrift für Kinder Kurirček [Der kleine Kurier]. Zudem war er zwischen 1991 und 1996 Redakteur des Kinderliteraturprogramms des Slowenischen Staatsverlags (DZS).[2] Novak war eines der Gründungsmitglieder der Literaturzeitschrift Nova revija und nach der inkriminierten Nr. 57 (1987) für einige Jahre deren Chefredakteur.[6]
Von 1991 bis 1996 war Novak Vorsitzender des slowenischen PEN-Clubs und von 1994 bis 2000 Vorsitzender des Komitees Autoren für den Frieden des internationalen PEN-Clubs. In diesen beiden Funktionen setzte er sich aktiv für humanitäre Hilfe für Geflüchtete aus den Jugoslawienkriegen sowie im Speziellen für Schriftsteller aus dem zerstörten Sarajevo ein.[7] Seine Gedanken zu den Jugoslawienkriegen verarbeitete er im Versdrama Kasandra, das 2001 erschien.[3] Seit 2002 ist er einer der Vizepräsidenten des internationalen PEN-Clubs. Novak trat in der Vergangenheit zudem für die Rechte von Minderheiten in Slowenien ein, beispielsweise der jugoslawischen Staatsbürger aus anderen Teilrepubliken, die nach der Unabhängigkeit Sloweniens aus den Melderegistern gestrichen wurden und nun mehr staatenlos waren oder der Volksgruppe der Roma.[7]
Das literarische Opus von Boris A. Novak ist sehr umfangreich und umfasst insbesondere Lyrik, aber auch Prosawerke, Dramen und Theaterstücke für Kinder. Seine Lyrik ist vom Spiel mit der Sprache geprägt, was sich auf der ästhetischen, der klanglichen und der Bedeutungsebene ausdrückt, wobei das Motiv des dichterischen Schaffens eine prominente Rolle spielt.[8] Sein dichterisches Opus magnus Vrata nepovrata ("Die Tür der Nicht-Wiederkehr"), ein monumentales Versepos in drei Bänden mit mehr als 2.300 Seiten und 43.000 Versen steht monolithisch in der slowenischen Literatur. So schreibt Janez Vrečko im Geleitwort zum dritten Band Bivališča duš ("Aufenthaltsorte der Seelen"): „Während in den Landkarten des Heimwehs [Zemljevidi domotožja] die Poetisierung verschiedener Orte und ihrer emotionalen und symbolischen Tiefe im Vordergrund steht und in Die Zeit der Väter [Čas očetov] die Mythologisierung der Erinnerung an Helden und Antihelden, insbesondere an Vorfahren, Verwandte, familiäre und persönliche Freunde vorherrscht, ist für Aufenthaltsorte der Seelen die narrationsbildende Poetik bezeichnend, die im Erzählen das Wesen der Geschichte und die oberste Kategorie der Erinnerung des Menschen, seines Bewusstseins und Geistes erkennt.“[9]
Als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens war und ist Novak an verschiedenen Formen des Protests gegen herrschende Zustände beteiligt. 2013 bewirkte der durch ihn initiierte Ausschluss Janez Janšas aus dem Slowenischen PEN-Zentrum[10] den Austritt mehrerer Mitglieder, darunter Drago Jančar, Boris Pahor, Feri Lainšček, Alojz Rebula in Jože Snoj.[11] Sein zusammen mit Vlado Žabot und Draga Potočnjak verfasster „Kulturbrief“ über die Verhältnisse unter der Regierung Janez Janšas führte zu Kontroversen innerhalb des Slowenischen Schriftstellerverbands.[12]
Novaks 2022 erschienener Gedichtband Svoboda je glagol („Freiheit ist ein Verb“) referiert im Titel auf eines seiner Gedichte, das gleichsam zur Hymne der slowenischen Protestbewegung wurde. Er vereinigt Gedichte über Widerstand, Tod und Vergehen zu einer emanzipatorischen Dichtung über eine Zeit des Umbruchs und des Kampfes.[13]
Novak übersetzt zudem Literatur und Lyrik aus verschiedenen Sprachen u. a. dem Französischen, Provenzalischen, Englischen, Spanischen, Deutschen, Niederländischen und Bosnischen/Kroatischen/Serbischen ins Slowenische. So übersetzte er u. a. Werke von Stéphane Mallarmé (1989), Paul Valéry (1992), Josip Osti (1992), Paul Verlaine (1996, 2000), Edmond Jabès (1996) und Seamus Heaney (1997). 2001 veröffentlichte er eine über 800-seitige Anthologie moderner französischer Lyrik und 2003 die erste Anthologie provenzalischer Troubadoure im Slowenischen. Zudem übersetzte er Lyrik des flämischen Avantgardisten Paul van Ostaijen und einen Roman der flämischen Schriftstellerin Monika van Paemel.[7] Mit letzterer gründete er 1998 auch den Verein der Freunde Lipicas (Društvo prijateljev Lipice), der sich für den Schutz der Lipizzaner im traditionellen Gestüt im slowenischen Karst einsetzt.[14]
Personendaten | |
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NAME | Novak, Boris A. |
KURZBESCHREIBUNG | slowenischer Dichter, Dramatiker, Übersetzer und Literaturwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 3. Dezember 1953 |
GEBURTSORT | Belgrad, FVRJ |