Der Brief des Petrus an Philippus, Epistula Petri (EpPt), ist eine pseudepigraphische, stark gnostisch geprägte Schrift, die ursprünglich griechisch geschrieben war und aus dem späten 2. oder dem 3. Jahrhundert stammen dürfte. Zwei koptische Übersetzungen sind erhalten: eine fast vollständige unter den Nag-Hammadi-Schriften (NHC VIII,2) und eine fragmentarische als erster Teil des Codex Tchacos. Es geht darin um erneute Offenbarung durch Jesus, der den Aposteln auf dem Ölberg erscheint. Philippus spielt nur im Anfangsteil eine Rolle.
Der Verfasser ist unbekannt, die Schrift somit eine Pseudepigraphie. Er kennt „neutestamentliche und andere frühchristliche Schriften und ist mit ‚gnostischem‘ Gedankengut vertraut.“[1] Die uns überlieferten koptischen Handschriften aus dem 4. Jahrhundert enthalten zwei unterschiedliche Fassungen, die inhaltlich weitgehend übereinstimmen, sich jedoch im Wortlaut unterscheiden. Beide Übersetzungen gehen auf weitgehend identische griechische Vorlagen zurück.
Die Textgattung lässt sich nur schwerlich bestimmen. Auf den brieflichen Anfang mit Präskript folgen Gebete der Jünger, Christuserscheinungen und Dialoge, die zur Acta-Literatur des 2.–3. Jahrhunderts passen, die Schrift steht außerdem in der Wirkungsgeschichte der Apostelgeschichte des Lukas. Somit kann man es auch als Dialogevangelium oder als gnostischen Dialog verstehen. Es passt aber auch nicht genau dazu, denn es handelt sich um verschiedene Dialoge in unterschiedlichem narrativem Rahmen. Literarkritisch wird eine stufenweise Entstehung der Schrift erwogen, es handelt sich aber nicht um eine Epitome. Es sind auf jeden Fall verschiedene Quellen aufgenommen und der Verfasser kennt neutestamentliche und andere frühchristliche Schriften. Die Abfassungszeit ist nur näherungsweise bestimmbar und liegt am ehesten zwischen dem späten 2. Jahrhundert und Anfang des 3. Jahrhunderts.[2]
Zum Entstehungsort gibt es keine konkreten Hinweise, die Petrustradition verweist üblicherweise entweder auf Rom oder auf Syrien, worauf aber in der Schrift nichts hindeutet.
Petrus, sonst Repräsentant der Großkirche, erscheint als Zeuge der gnostischen Überlieferung.
Der Brief des Petrus an Philippus gehört zur reichen apokryphen Petrusliteratur. Petrus erscheint hier als Repräsentant der "Mehrheitskirche" und wird ambivalent dargestellt. Während er aber in der Offenbarung des Petrus als Empfänger der gnostischen Offenbarungen und Garant dieser Überlieferung erscheint (in Konkurrenz zur Mehrheitskirche), ist er hier zusammen mit den übrigen Jünger Empfänger der gnostischer Offenbarungen. Dabei ist die Lehre des vorösterlichen Jesus die gleiche wie die des Auferstandenen, sie wurde nur zunächst nicht richtig verstanden.[3]