Carl Erdmann (* 27. November 1898 in Dorpat; † 7. März 1945 bei Zagreb) war ein deutscher Historiker und Mediävist.
Erdmann kam als Sohn des Rechtswissenschaftlers und Professors Karl Eduard Erdmann (1841–1898) und dessen zweiter Ehefrau Veronica, geb. Neander, auf die Welt. Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter mit den Kindern nach Blankenburg (Harz). Dort besuchte Carl Erdmann das Gymnasium Am Thie bis zum Abitur. Er studierte von 1916 bis 1919 zunächst Evangelische Theologie an der Universität Berlin, wandte sich dann aber dem Studium der Geschichtswissenschaft an den Universitäten München und Würzburg zu.
Ab 1921 lebte er drei Jahre als Hauslehrer in Portugal. 1925 promovierte Erdmann in Würzburg, ein Jahr später begann er im Auftrag von Paul Fridolin Kehr, die Papsturkunden in Portugal für das Göttinger Papsturkundenwerk zu sammeln. Von 1926 bis 1932 war er Assistent am Preußischen Historischen Institut in Rom und ab 1934 Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica (MGH) in Berlin. Er habilitierte sich 1932 an der Universität Berlin. 1935 erschien seine Habilitationsschrift Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, die zu einem Klassiker wurde und Erdmann aus heutiger Sicht zu einem der wichtigsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts machte. 1938 publizierte er seine Studien zur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert.
Erdmann war ein früher und entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Als Initiator des 1935 publizierten Sammelbands Karl der Große oder Charlemagne? richtete er sich mit anderen namhaften Historikern wie Karl Hampe und Martin Lintzel gegen ein ideologiebasiertes Bild Karls des Großen als „Sachsenschlächter“, wie es der nationalsozialistische Chef-Ideologe Alfred Rosenberg propagierte. Außerdem widersprach er der angeblichen Auffindung der Gebeine Heinrichs I. und der Deutung des Grabes in der Stiftskirche St. Servatius in Quedlinburg durch den SS-Obersturmbannführer Rolf Höhne.
Da er nicht davor zurückschreckte, seine Meinung auch deutlich auszusprechen, blieb ihm eine Universitätskarriere versagt. 1936 entzog ihm die Universität Frankfurt am Main die Lehrberechtigung, er blieb jedoch Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica. Als er das vierzigste Lebensjahr bereits überschritten hatte, wurde Erdmann 1943 zur Wehrmacht eingezogen und in die italienische Abteilung einer Dolmetscherkompanie eingegliedert. 1944 gelangte er nach Tirana (Albanien), wo er als Dolmetscher in einem Gefangenenlager nahe Zagreb tätig war. Wahrscheinlich erkrankte er dort an Fleckfieber und starb daran. Sein Grab befindet sich auf dem Mirogoj-Friedhof bei Zagreb.
Der Mediävist Folker Reichert publizierte 2022 eine umfassende Biographie und Briefedition Erdmanns.[1] Sein Hauptwerk Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, das den Kreuzzugsbegriff international prägte und geistesgeschichtlich aufbereitete, erschien 2023 in einer Neuauflage mit einem Nachwort Reicherts.
Seit April 2011 ist der Preis für jüngst Habilitierte, den der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) vergibt, nach Carl Erdmann benannt.[2] Er ersetzte den Preis des Verbandes der Historiker Deutschlands für herausragende Arbeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses (1990–2010). Alle zwei Jahre werden dabei herausragende Habilitationsschriften im Gesamtbereich der Geschichtswissenschaft ausgezeichnet. Der Preis ist mit 6000 Euro dotiert.[3] Als Preisträgerinnen und Preisträger wurden ausgezeichnet:
Herausgeberschaften
Personendaten | |
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NAME | Erdmann, Carl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker und Mediävist |
GEBURTSDATUM | 17. November 1898 |
GEBURTSORT | Dorpat |
STERBEDATUM | 7. März 1945 |
STERBEORT | bei Zagreb |