Als collegium (auch corpus oder sodalicium) wird eine Institution des antiken römischen Vereinswesens bezeichnet. Bei den collegia handelte sich dabei um nichtstaatliche Zusammenschlüsse, die allerdings oft aufgrund ihrer Aufgaben einen öffentlich-rechtlichen Charakter hatten. Ein Mitglied eines collegiums wurde als collega bezeichnet.
Beispiele sind zunftähnliche Zusammenschlüsse von Berufsgruppen, zum Beispiel der Handwerker (collegia opificum) oder der Kaufleute (collegia mercatorum), aber auch Kultverbände (sodalitates oder socii cultores) sowie Begräbnisvereine (collegia funeraticia). Daneben existierten auch „Vereine“ von Staatsbeamten (decuriae apparitorum) und die aus der römischen Frühzeit stammenden collegia der Stadtviertel oder der Bezirke des ländlichen Raumes (montani, vicani, pagani).[1] Neben den öffentlichen und sakralen Aufgaben dieser Institutionen gehörte auch der Austausch und das gemeinsame Vergnügen zu ihren Tätigkeitsfeldern. So nannten sich die Mitglieder untereinander „Freund“ oder „Gefährte“ (socius, sodalis). Ebenfalls als collegia angesehen wurden von den römischen Juristen die jüdischen Gemeinden.
In der römischen Frühzeit war die Bildung der Vereine frei und erfolgte schlicht durch den Zusammenschluss interessierter Personen. Mit dem Zwölftafelgesetz wurde festgeschrieben, dass ein collegium sich eine beliebige Satzung geben darf, solange diese nicht gegen geltendes Recht verstößt.[2] Spätestens seit dem Bacchanalienskandal konnte der Staat jedoch Vereine auflösen oder ihre Gründung verbieten. 64 v. Chr. wurden alle politisch verdächtigen Vereine verboten, 58 v. Chr. das entsprechende Gesetz durch Publius Clodius Pulcher wieder aufgehoben, aber zwei Jahre später schließlich alle politischen Vereine verboten. Hintergrund war, dass sich unter ihrem Deckmantel die politischen Parteien dieser Zeit organisierten, Wählerbestechungen durchführten oder offene Gewalt anwendeten.
Gaius Iulius Caesar schließlich soll alle Vereine außer den „alten und rechtmäßigen“ aufgelöst haben,[3] was Augustus später wiederholte. Dann jedoch erließ er die Lex Iulia de collegiis, die nur durch eine Inschrift bekannt, aber nicht vollständig überliefert ist.[4] Nun bedurfte jede Neugründung einer Genehmigung durch den Senat, die aber bei unpolitischen Vereinen des einfachen Volkes im Normalfall erteilt wurde.
Die inneren Angelegenheiten waren in der Regel dem Verein selbst überlassen. Die wesentlichen Bestimmungen zur Aufnahme sowie den Rechten und Pflichten von Mitgliedern wie auch zur juristischen Vertretung der Organisation wurden in einer Satzung (lex collegii) festgeschrieben. Wenn die Zahl der Mitglieder unter drei sank, galt ein collegium als aufgelöst[5] (dieser Grundsatz wurde als tres faciunt collegium zusammengefasst). Dies hatte den Hintergrund, dass ein collegium schon wortgemäß nur aus mindestens zwei Personen bestehen konnte, es bei einer Abstimmung zur Vermeidung einer Patt-Situation aber einer ungeraden Mitgliederanzahl bedarf, sodass die kleinste ungerade Mitgliederanzahl bei drei Personen liegen musste.[6] Nicht selten konnten auch Frauen und Sklaven Mitglieder werden. Nach außen hin durfte ein Verein als Träger privater Rechte agieren und in Form einer juristischen Person im Zivilprozess als Partei auftreten. Aus der Mitgliedschaft konnten jedoch keine Ansprüche abgeleitet und eingeklagt werden. Das Vereinsvermögen war vom Privatvermögen der Mitglieder getrennt und stand unter der gemeinschaftlichen Verwaltung.[7]
In der Kaiserzeit wurde in einigen kaiserlichen Erlassen und Senatsbeschlüssen die Vereinsbildung weiter geregelt. Insbesondere die für die Armee wichtigen Collegia der Maultiertreiber, Pferdepfleger, Wagner, Veterinäre, Schiffseigner sowie der Metzger, Müller und Bäcker wurden in der Spätantike zunehmend staatlicher Überwachung unterworfen, zu Dienstleistungen verpflichtet und in das staatliche Versorgungssystem der Armee eingegliedert, nachdem die Sklavenarbeit an Bedeutung verloren hatte. Die Zwangsmitgliedschaft wurde zur Regel; Bäcker und Müller durften sich zum Beispiel nicht aus der Zunft entfernen.[8] Aber auch andere Gruppen der Bevölkerung in staatlichen Handwerksbetrieben unterlagen einer immer stärkeren, oft sogar vererbbaren beruflichen Bindung, so dass seit dem 4. Jahrhundert immer mehr Menschen versuchten, der ruinösen Dienstleistungspflicht zu entgehen.[9]
Im Byzantinischen Reich lebten die Zwangskollegien fort, verloren aber vom 7. bis zum 11. Jahrhundert außer in den staatlichen Betrieben fortwährend an Bedeutung. Zeitweise wurden Monopole und Monopolpreise verboten, dann wieder erlaubt. In größerer Abhängigkeit befanden sich die an die Grundherren gebundenen Zünfte im byzantinischen Ägypten.[10]
Das Sassanidenreich und die Araber übernahmen die Strukturen der Collegia zunächst fast unverändert von den Byzantinern.[11]