Chodowieckis Vater, der Getreidegroßhändler Gottfried Chodowiecki, entstammte einer ursprünglich adligen, reformierten Familie, die um 1550 aus Großpolen nach Danzig gezogen war. Seine Mutter Marie Henriette Ayrer war eine Schweizerin hugenottischer Abstammung. Sein Großvater Christian, geboren 1655, war ebenfalls Kaufmann in Danzig.[1] Der Miniaturmaler Gottfried Chodowiecki (1726–1781) war sein Bruder. Nach dem Tod seines Vaters 1740 begann Chodowiecki eine kaufmännische Lehre.
Im Jahr 1743 ging er zu seinem Onkel Antoine Ayrer, der in Berlin ein Geschäft für Quincaillerie betrieb. Chodowiecki zeichnete und entwarf dort Modeschmuck. Ayrer und dessen Ehefrau Justine, seine erste Zeichenlehrerin, sorgten für eine künstlerische Ausbildung und ließen ihre Neffen Daniel und Gottfried vom Augsburger Johann Jakob Haid in der Emailmalerei unterrichten. Ab 1754 machten sich die Brüder Chodowiecki als Miniatur- und Emailmaler selbstständig. In dieser Zeit war Chodowiecki Schüler der Künstler Bernhard Rode und Johann Wilhelm Meil.
Bereits ein Jahr später heiratete Chodowiecki in Berlin Johanna Marie (1728–1785), die Tochter des hugenottischen Seidenstickers Jean Barez aus Amsterdam. Diese Heirat band Chodowiecki in die Französische Gemeinde ein, in der er sich engagierte. Das Paar hatte sechs Töchter und drei Söhne. Wilhelm Chodowiecki wurde Maler und Kupferstecher, Henri Isaac († 1831) wurde 1805 im Alter von 37 Jahren Pastor an der französisch-reformierten Kirche in Potsdam. Susanne Henry wurde Malerin.
Dieses enorme Werk (fast 2300 Radierungen) konnte Chodowiecki nur mit einer Werkstatt bewältigen, in der er vieles delegieren konnte. Für ihn arbeiteten einige der besten Kupferstecher, Radierer und Miniaturmaler des Landes. Die Bauplastik am Französischen Dom in Berlin geht zurück auf Entwürfe Chodowieckis. Mit seinen wenigen Gemälden hatte der Künstler nur mäßigen Erfolg.
Ab 1764 war Chodowiecki Mitglied der Königlich-Preußischen Akademie der Künste, die der fast ausschließlich an französischer Kultur orientierte König Friedrich II. bis in die 1770er Jahre so gut wie für verzichtbar hielt. Chodowiecki bemühte sich energisch um Veränderungen. Beim König unterstützte er 1783 die Ernennung seines Freundes Bernhard Rode zum Direktor der Akademie, die nun zu einem angesehenen Platz im deutschen Kunstleben fand. In diesem Jahr formulierte Chodowiecki seine Vorstellungen vom Wesen der Akademie: „Academie ist ein Wort, das eine Versammlung von Künstlern bedeutet, die an einem ihnen angewiesenen Ort, zu gewissen Zeiten zusammen kommen, um sich miteinander über ihre Kunst freundschaftlich zu besprechen, sich ihre Versuche, Einsichten und Erfahrungen mitteilen, einer von dem andern zu lernen, sich mit einander der Vollkommenheit zu nähern suchen.“[2] 1783 avancierte Chodowiecki zum Sekretär der Akademie und war damit für die akademischen Ausstellungen zuständig. Von 1786 bis 1789 war er Rektor, von 1789 bis 1797 Vizedirektor. An der Akademiereform von 1790 war er maßgeblich beteiligt. Von 1797 bis 1801 – nach Rodes Ableben und bis zu seinem Tod – leitete er die Akademie als Direktor.[3]
Johann Wolfgang von Goethe schätzte den Künstler sehr, trotz einer gewissen thematischen Beschränktheit seines Könnens, und beschrieb ihn in seinen Maximen und Reflexionen wie folgt: „Chodowiecki ist ein sehr respektabler und wir sagen idealer Künstler. Seine guten Werke zeugen durchaus von Geist und Geschmack. Mehr Ideales war in dem Kreise, in dem er arbeitete, nicht zu fordern.“[4] In Dichtung und Wahrheit heißt es aus Anlass der Nicolaischen Parodie Freuden des jungen Werthers: „Jene Broschüre kam uns bald in die Hände. Die höchst zarte Vignette von Chodowiecki machte mir viel Vergnügen, wie ich denn diesen Künstler über die Maßen verehrte.“[5][6]
Johann Caspar Lavater schrieb über dessen Physiognomie in seiner Schrift Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe:
„Vollkommen die idealste Physiognomie eines wohlbeobachtenden, fertigen, fleißigen, witzreichen, fruchtbaren Zeichnergenies! Auch das Künstlerauge (das freilich viele Künstler nicht haben) scheint das Porträt des um mein Werk so verdienten Künstlers zu sein.“
– Lavater
Eine kurze Animation mit dem Titel Chodowiecki, basierend auf Chodowieckis Leben und Werk, wurde 2020 vom polnischen Regisseur Jakub Paczek produziert. Alle Szenen im Film bestehen aus Chodowiecki-Grafiken, die digitalisiert und zu diesem Zweck animiert wurden. Der Film wird kostenlos zur Verfügung gestellt.[7][8]
David Jacoby: Chodowiecki's Werke, oder, Verzeichniss sämtlicher Kupferstiche, welche der verstorbene Herr Daniel Chodowiecki, Direktor der Königl. Preuss. Academie der Künste, von 1758 bis 1800 verfertigt, und nach der Zeitfolge geordnet hat. Berlin 1808 (Digitalisat).
Christoph Andreas Nilson: Über deutsche Kunst: oder biographisch-technische Nachrichten von den ... Jenisch und Stage’schen Verlagsbuchhandlung, Augsburg/Leipzig 1833, S. 73–78 (Digitalisat).
dazu: Robert Hirsch: Nachträge und Berichtigungen zu Daniel Chodowieckis sämtliche Kupferstiche, beschrieben von Wilhelm Engelmann. Verzeichnis der nach Chodowieckis Zeichnungen von andern Künstlern angefertigten Kupferstiche und Verzeichnis der Kupferstiche Gottfried und Wilhelm Chodowieckis. Engelmann, Leipzig 1906 (Reprint Olms, Hildesheim 1969; Standardwerk).
Jens-Heiner Bauer: Daniel Nikolaus Chodowiecki Danzig 1726–1801 Berlin. Das druckgraphische Werk. Die Sammlung Wilhelm Burggraf zu Dohna-Schlobitten. Kunstbuchverlag Galerie J. H. Bauer, Hannover 1982.
dazu: Elisabeth Wormsbächer: Daniel Nikolaus Chodowiecki. Erklärungen und Erläuterungen zu seinen Radierungen. Ein Ergänzungsband zum Werkverzeichnis der Druckgraphik. Kunstbuchverlag Galerie J. H. Bauer, Hannover 1988, ISBN 978-3-92334-803-9
Klaus Rothe (Hrsg.): Chodowiecki und die Kunst der Aufklärung in Polen und Preußen. Böhlau, Köln 1986, ISBN 3-412-03186-0.
Willi Geismeier (Hrsg.): Daniel Chodowiecki. Die Reise von Berlin nach Danzig. Nicolai, Berlin 1994, Band 1: Das Tagebuch. Aus dem Französischen übers. von Claude Keisch, ISBN 3-87584-525-0, Band 2: Die Bilder.ISBN 3-87584-504-8.
Ernst Hinrichs, Klaus Zernack: Daniel Chodowiecki (1726–1801): Kupferstecher, Illustrator, Kaufmann. Tübingen 1997, ISBN 3-484-17522-2.
Jutta Reisinger-Weber: Daniel Chodowiecki. Direktor der Berliner Akademie. Ausstellung vom 11. Oktober 1997 bis 11. Januar 1998 (= Schriftenreihe des Westpreußischen Landesmuseums. Ausstellungskatalog Nr. 52). 1997, ISBN 3-927111-30-9.
Christina Florack-Kröll: „Das Publikum wollte, dass ich Radierer sei“. Daniel Chodowiecki. Seine Kunst und seine Zeit. Herausgegeben von Ursula Mildner. Arachne, Gelsenkirchen 2000, ISBN 3-932005-09-0.
Ursula Fuhrich-Grubert, Jochen Desel (Hrsg.): Daniel Chodowiecki (1726–1801), Ein hugenottischer Künstler und Menschenfreund in Berlin. Bad Karlshafen 2001, ISBN 3-930-481-11-1
Melanie Ehler: Daniel Nikolaus Chodowiecki. „Le petit Maitre" als großer Illustrator“. Lukas, Berlin 2003, ISBN 3-931836-51-7
Helmut Bernt: Eine Berliner Künstlerkarriere im 18. Jahrhundert: Daniel Nikolaus Chodowiecki; vom Kaufmannslehrling zum Medienstar (= Grazer Universitätsverlag: Reihe Habilitationen, Dissertationen und Diplomarbeiten, Band 39; Sonderband der Forschungsstelle Kunstgeschichte Steiermark), Leykam, Graz 2013, ISBN 978-370-11026-8-6 (Dissertation Universität Graz 2013).
Briefwechsel
Charlotte Steinbrucker (Hrsg.): Daniel Chodowiecki, Briefwechsel zwischen ihm und seinen Zeitgenossen. Band 1: 1726–1801. Duncker, Berlin 1919
Charlotte Steinbrucker (Hrsg.): Briefe Daniel Chodowieckis an Anton Graff. Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, Berlin/Leipzig 1921.
Charlotte Steinbrucker (Hrsg.): Briefe Daniel Chodowieckis an die Gräfin Christiane von Solms-Laubach (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte Heft 250). Heitz, Straßburg 1928.
↑Vgl. eingehend Jochen Desel, in: Ursula Fuhrich-Grubert, Jochen Desel (Hrsg.): Daniel Chodowiecki (1726–1801), Ein hugenottischer Künstler und Menschenfreund in Berlin. Bad Karlshafen 2001, ISBN 3-930-481-11-1, S. 163 ff.
↑Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen. In: Siegfried Seidel (Hrsg.): Goethe – Berliner Ausgabe. 2. Auflage. Band18. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1984, S.640–641 Nr. 1131 (Zur Bedeutung im Kontext einer kunsttheoretischen Auseinandersetzung des Jahres 1801 siehe den Kommentar S. 1019–1021, 1026.). – Mit kleineren Abweichungen: Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen. In: Karl Richter u. a. (Hrsg.): Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe. Band17. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1991, S.907 Nr. 1131. – Seine Einschätzung von Chodowieckis Talent, aber auch thematischer Beschränktheit wiederholte Goethe 1823, wie Johann Peter Eckermann überliefert: „Wenn er in seinem Kreise blieb und nicht über sein Vermögen hinausging, so machte Kotzebue in der Regel etwas Gutes. Es ging ihm wie Chodowiecky [sic!]; die bürgerlichen Szenen gelangen auch diesem vollkommen, wollte er aber römische oder griechische Helden zeichnen, so ward es nichts.“ – Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. In: Karl Richter u. a. (Hrsg.): Johann Wolfgang Goethe – Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe. Band19. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1986, S.52 (Abschnitt „Sonnabend, den 25. Oktober 1823“).
↑Johann Wolfgang Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. In: Hans-Heinrich Reuter, Annemarie Noelle, Gerhard Seidel (Hrsg.): Goethe – Berliner Ausgabe. 4. Auflage. Band13. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1976, Dreizehntes Buch, S.634. – Johann Wolfgang Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. In: Karl Richter u. a. (Hrsg.): Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe. Band16. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1985, Dreizehntes Buch, S.624.
↑Erna Arnhold: Goethes Berliner Beziehungen. 1925, S. 4 (Digitalisat).