Klassifikation nach ICD-10 | |
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K63.1 | Perforation des Darmes (nichttraumatisch) |
S36.4- | Verletzung des Dünndarmes |
S36.5- | Verletzung des Dickdarmes |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Eine Darmperforation (von lateinisch perforare ‚durchbohren, durchlöchern‘), auch Darmwandperforation, Darmruptur oder Darmdurchbruch genannt, ist eine krankhafte Öffnung der Wand des Dünndarms oder Dickdarms. Durch eine offene oder freie Perforation kann Darminhalt (auch Darmgas) in die Bauchhöhle gelangen („durchbrechen“) und dort zu einer Peritonitis (Entzündung des Bauchfells) führen.[1] Bei gedeckten Perforationen (durch Nachbarstrukturen oder Verwachsungen überdeckt) können sich Abszesse oder Fisteln zu Nachbarorganen oder anderen Darmschlingen bilden.
Als Ursachen für eine Darmperforation kommen mechanische Darmverletzungen, entzündliche oder tumoröse Prozesse, chemische oder medikamentöse Einwirkungen sowie Störungen der Durchblutung in Frage.
In diesen Fällen entsteht das Loch durch eine direkt perforierende Einwirkung. Entsprechend ist meist auch unmittelbar bis sehr schnell im Anschluss an die Verletzung eine Symptomatik vorhanden.
Von außen wirkende Ursachen sind scharfe (Schussverletzungen, Stichverletzungen) und starke stumpfe Gewalteinwirkungen.[2]
Von innen können verschluckte Fremdkörper unmittelbar perforieren, wenn diese spitz sind, oder bei Einklemmung eine allmähliche Durchbohrung der Darmwand verursachen. Ein Sonderfall mit nicht rein direkt mechanischer Ursache sind verschluckte Magnete. So kann es bei mehreren verschluckten Magneten zur Anziehung von zwei Magneten in zwei Darmschlingen kommen. Dabei werden die Darmschlingen so fixiert, dass es letztlich über eine Druckschädigung der Darmwände zwischen den Magneten zur Perforation kommt.[3][4] Verletzungen von innen sind auch durch über den After in den Darm eingeführte Fremdkörper möglich, z. B. im Rahmen von sexuellen Praktiken.
Zu den Perforationen von innen gehören auch iatrogene Perforationen im Rahmen einer Endoskopie des Dickdarms oder (sehr selten) des Dünndarms.[5] Häufiger als bei einer diagnostischen Endoskopie entstehen solche Perforationen bei therapeutischen (interventionellen) Endoskopien, z. B. bei Durchführung einer Polypektomie.
Indirekt mechanische Ursachen mit der sekundären Folge einer Perforation können eine Verdrehung (Volvulus), die Einklemmung von Darm in einer Bruchlücke (Hernie) oder ein mechanischer Ileus anderer Ursache mit starkem Druckaufbau in den Darmschlingen vor dem Verschluss sein. Dies kann unter Umständen auch intrauterin bei Darmatresie auftreten oder funktionell (ohne mechanische Enge, aber mit massiver Überblähung) beim Ogilvie-Syndrom bedingt sein. In diesen Fällen wird der Darm nicht primär direkt mechanisch perforiert, sondern durch die mechanische Abschnürung oder den Druck im Darmlumen in der Durchblutung gestört und so sekundär geschädigt und letztlich durchlöchert. Diese Ursachen können somit auch bei den Durchblutungsstörungen eingruppiert werden.
Grundsätzlich stirbt ein nicht mehr durchbluteter Darmabschnitt nach einiger Zeit ab. Schon vorher verliert die Darmwand ihre mechanische Integrität und es kann zur Perforation kommen. Der typische Zeitablauf der Symptome bei einem Mesenterialinfarkt ist wegen einer Phase mit wieder nachlassenden Schmerzen besonders kritisch für die Diagnostik.[6] Erst sekundär ischämische, primär mechanische Ursachen sind eine Verdrehung (Volvulus), die Einklemmung von Darm in einer Bruchlücke (Hernie) oder ein mechanischer Ileus. Hierbei wird der Darm durch die mechanische Abschnürung oder den Druck im Darmlumen in der Durchblutung gestört und letztlich durchlöchert (siehe oben).
Bei der großen Gruppe entzündlicher Ursachen für eine Darmperforation erfolgt die Schädigung der Darmwand häufig zunächst über einen längeren Verlauf ohne oder nur mit mäßigen Beschwerden und deutlicher Zunahme der Beschwerden nach der Perforation. Zahlreiche Krankheitsbilder gehören hierher:
Auch bei der Therapie mit verschiedenen Medikamenten wie z. B. Glukokortikoiden, Erlotinib[8] oder Bevacizumab[9] kommen Perforationen des Darmes vor.
Schon im 19. Jahrhundert wusste man um die „vielfachen Verklebungen der Därme und der grossen Zerreisslichkeit ihrer Wandungen“.[10] Eine „Darmverengerung ist meist eine Folge chronischer Unterleibsleiden und geht zuweilen in Darmverschließung, Darmbrand und Darmdurchlöcherung über.“[11] Beschreibungen von Darmverletzungen und deren Behandlung, etwa mittels Darmnaht, gibt es seit der Antike.[12] Kotfisteln wurden um 1800 durch Naht verschlossen, verbreitet war später eine Methode von Joseph-François Malgaigne. Der erste Versuch der Beseitigung einer Kotfistel durch Darmresektion wurde von dem Amerikaner Kinloch 1863 unternommen.[13]
Das klinische Bild kann in Abhängigkeit von der Ursache für die Perforation von Beschwerdefreiheit bis zum akuten Abdomen reichen.
Die Diagnostik basiert auf der körperlichen Untersuchung und der Ultraschalldiagnostik. Bei Verdacht auf eine Darmperforation kann oftmals freie Luft in der Röntgenübersicht oder in der Computertomographie (deutlich sensitiver) nachgewiesen werden. Die Computertomographie kann darüber hinaus häufig die Ursache (z. B. Divertikulitis, Tumor des Dickdarms) identifizieren oder Komplikationen (z. B. Abszess, Fistel) aufdecken.
Die Therapie hängt stark von der zugrundeliegenden Ursache ab und kann von konservativ abwartend bis zur Notfall-Operation reichen.