David Merrill Markson (* 20. Dezember 1927 in Albany, New York; † 4. Juni 2010 in Greenwich Village, Manhattan, New York City) war ein US-amerikanischer Schriftsteller, dessen ironische, elliptische Romane den zerstreuten Geist des Künstlers sondierten[1] und dessen unbändiges, fast immer überraschend ansprechendes Schaffenswerk von postmoderner und experimenteller Literatur häufig unterschätzt wurde.[2]
Der Sohn eines Journalisten und einer Lehrerin studierte nach dem Schulbesuch und zweijährigem Militärdienst[3] am Union College in Schenectady und beendete dieses mit einem Bachelor of Arts. Ein postgraduales Studium an der Columbia University schloss er mit einem Master of Arts ab, wobei seine Abschlussarbeit sich mit dem 1947 erschienenen Roman Unter dem Vulkan von Malcolm Lowry befasste. Zeitweilig unterrichtete er kreatives Schreiben an der Columbia University, der Long Island University und The New School.[4]
Lowry wurde ein Freund Marksons, ebenso andere bedeutende Autoren wie Conrad Aiken und Jack Kerouac. Mitte der 1950er Jahre hatte er auch eine Liebesbeziehung zu dem Playboy-Playmate Alice Denham, die ihn als ‚stud lover boy‘ bezeichnete.[5]
Seine Frühwerke waren kaum experimentell. In den 1950er Jahren war er Herausgeber von Kriminalromanen beim Verlag Dell Books, wobei er auch selbst Autor von Kriminalromanen wie Epitaph for a Tramp (1959) und Epitaph for a Dead Beat (1961) über ‚Harry Fannin‘, einen harten Detektiv aus Greenwich Village. Er schrieb auch die Westernparodie The Ballad of Dingus Magee (1965), die nach der Drehbuchadaption von Joseph Heller mit Frank Sinatra, Henry Jones und Willis Bouchey 1970 unter dem Titel Dirty Dingus Magee (deutscher Titel: Der "schärfste" aller Banditen) verfilmt wurde.[6]
Obwohl seine Bücher – zu denen Springer’s Progress (1977), Wittgenstein’s Mistress (1988) und This Is Not a Novel (2001) – oftmals bewundernd rezensiert wurden, war Markson ein Romancier, der größtenteils nur anderen Autoren bekannt war. Dies lag teilweise daran, dass er in den 1960er Jahren eine zentrale Persönlichkeit in der literarischen Szene von Greenwich Village war, ein „Stammgast an literarischen Wasserlöchern wie ein Löwenkopf“, aber auch weil er konventionelle Romanformen mied. Wie andere Experimentalisten machte er die Form des Romans, zumindest teilweise, zu dessen Gegenstand.
Seine Bücher drückten, sowohl verschmitzt als auch ernsthaft, das gegenläufig sprachliche („hem-and-saw“) Selbstbewusstsein des ewigen Gedankenlesers aus. Er schrieb meistens Monologe oder zumindest schien die Erzählung von einer einzigen Stimme auszugehen, wenn auch die Bücher nicht unbedingt in der Ich-Form geschrieben sind; so wird beispielsweise die Hauptperson in This Is Not a Novel „Schreiber“ genannt.
Markson störte nicht viel durch die Entwicklung der Charakter oder der Handlung; noch legte er, auch bei der weiteren Entwicklung seiner Werke, große Sorgfalt in die Mittel der Organisation von Kapiteln oder Absätzen. Vielmehr baute er seine Bücher durch Klumpen und Inschriften, komische Beobachtungen und den Fund eigenartiger Tatsachen auf, um den Geist des Erzählers, der in der Regel der Künstler war, in einem Zustand geistiger Bedrängnis darzustellen.
Er grub die Literatur- und Kunstgeschichte schaurig volltönend und oftmals amüsant aus, mit kleinlichen oder skandalösen Leckerbissen in der Biografie versehen, und stellte sie Erklärungen über den geistigen Zustand des Erzählers gegenüber. So beginnt zum Beispiel sein Roman Vanishing Point (2004), in der der zaudernde Autor nur Autor genannt wird, mit den Worten:
Dem folgte ein weiterer Zeilenumbruch, andere Anmerkungen (über den Autounfall bei dem Albert Camus ums Leben kam), ein weiterer Zeilenumbruch, und so weiter.
Dies war die Form zahlreicher seine Bücher. Und obwohl der Leser, der die Erzählung begehren mag, dadurch vielleicht davon abgehalten wird, sind die Literaturkritiker immer dem erlegen, was viele als eine kumulative, hypnotische Wirkung bezeichneten. Zu seinen Bewundern gehören Amy Hempel, Ann Beattie und David Foster Wallace, der Wittgenstein’s Mistress (ein Monolog über eine offenbar verrückte Malerin, die als letzter lebender Mensch über die Erde wandert) als „wahrscheinlichen Höhepunkt der experimentellen Fiktion in den USA“ (‚pretty much the high point of experimental fiction in this country‘) bezeichnete.[7]
Sein letzter Roman erschien 2007 unter dem für ihn bezeichnenden Titel The Last Novel.
Nach den Angaben seiner Agentin und ehemaligen Frau, Elaine Markson, mit der er von 1956 bis 1976 verheiratet war, fanden ihn seine zwei Kinder am 4. Juni 2010 tot im Bett liegend in seinem Apartment im New Yorker West Village.[8]
Seine komplette persönliche Bibliothek vermachte er in seinem Testament dem New Yorker Strand Bookstore, einem seiner Lieblingsplätze. Die Tatsache, dass sich nun etliche seiner privaten Bände im Besitz dieser öffentlichen und beliebten Buchhandlung befanden, trieben in den folgenden Monaten etliche Literaturliebhaber in den Laden, um nach den umfangreichen Notizen und Anmerkungen des Autors in den Bänden zu forschen, was nach Ansicht der örtlichen Presse seinen literarischen Nachhall noch verstärkt hätte.[9]
Der Schriftsteller und Journalist Pete Hamill, zugleich ein langjähriger Freund Marksons, sagte über ihn in einem Gespräch, das von der The New York Times wiedergegeben wurde:
Personendaten | |
---|---|
NAME | Markson, David |
ALTERNATIVNAMEN | Markson, David Merrill (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 20. Dezember 1927 |
GEBURTSORT | Albany, New York, Vereinigte Staaten |
STERBEDATUM | 4. Juni 2010 |
STERBEORT | Greenwich Village, Manhattan, New York City, New York, Vereinigte Staaten |