Die Dedekind-Zahlen sind eine schnell wachsende mathematische Folge aus ganzen Zahlen. Sie sind nach Richard Dedekind benannt, der sie 1897 definierte.[1] Die Dedekind-Zahl zählt die Anzahl der monotonen booleschen Funktionen in Variablen. Diese ist gleich der Anzahl der Antiketten in der Menge der Teilmengen einer -elementigen Menge, der Anzahl der Elemente eines von Elementen frei erzeugten distributiven Verbandes oder gleich der Anzahl der abstrakten Simplizialkomplexe mit Elementen.
Für kennt man exakte asymptotische Abschätzungen[2][3][4] und exakte Ausdrücke in Form von Summationsformeln[5], aber das Dedekind-Problem, den genauen Wert zu ermitteln, bleibt schwierig. Es gibt bislang keine geschlossene Formel und der genaue Wert von ist nur für bekannt. (Folge A000372 in OEIS)
Eine n-stelligeboolesche Funktion ist eine Funktion, deren Argumente boolesche Variable sind und deren Werte nur wahr oder falsch sein können, oder anders ausgedrückt, deren Ausgabe wieder eine boolesche Variable ist. Eine solche Funktion heißt monoton, wenn sich der Wert bei Änderung einer Eingangsvariable von falsch zu wahr nicht ändert oder ebenfalls von falsch zu wahr wechselt, aber niemals umgekehrt. Die Dedekind-Zahl ist definiert als die Anzahl der verschiedenen -stelligen, monotonen booleschen Funktionen.
Eine Antikette von Mengen, manchmal auch Sperner-Familie genannt, ist eine Familie von Mengen, bei der keine in einer anderen enthalten ist. Ist eine Menge von booleschen Variablen, so definiert eine Antikette von Teilmengen von eine -stellige, monotone booleschen Funktion , wobei der Funktionswert genau dann wahr ist, wenn die Menge der Eingangsvariablen mit Wert wahr ein Element der Antikette umfasst, und falsch sonst. Umgekehrt definiert jede -stellige, monotone boolesche Funktion eine Antikette , die aus allen minimalen Teilmengen von besteht, für die den Wert wahr annimmt, wenn mindestens die Eingangsvariablen dieser Teilmenge wahr sind. Daher ist die Dedekind-Zahl gleich der Anzahl der verschiedenen Antiketten in der Potenzmenge einer -elementigen Menge.[4]
Eine dritte äquivalente Beschreibung dieser Anzahl verwendet Verbandstheorie. Für je zwei -stellige, monotone boolesche Funktionen und erhält man zwei weitere solche Funktionen, nämlich und , das heißt deren logische Konjunktion und Adjunktion. Die Menge der -stelligen, monotonen booleschen Funktionen bildet mit diesen Operationen einen distributiven Verband. Es handelt sich um den distributiven Verband, der sich gemäß dem Darstellungssatz von Birkhoff aus der partiell geordneten Menge ergibt, die durch die Teilmengen einer -elementigen Menge mit der Inklusion als Ordnung entsteht. Diese Konstruktion erzeugt den freien distributiven Verband mit Erzeugenden. Die Dedekind-Zahl ist also die Anzahl der Elemente des freien distributiven Verbandes mit Erzeugenden.[6][7][8]
Die Dedekind-Zahlen sind auch (um eins größer als) die Anzahlen der abstrakten Simplizialkomplexe mit Elementen, das heißt der Familien von Mengen, die mit jeder Menge auch alle Teilmengen enthalten. Jede Antikette bestimmt einen abstrakten Simplizialkomplex, nämlich die Menge der Teilmengen der Antiketten-Elemente, und umgekehrt bilden die maximalen Simplizes eines abstrakten Simplizialkomplexes eine Antikette.[5]
DorFuchs erstveröffentlichte am 31. Oktober 2023 auf YouTube Approximationen von Alex Fihman, der bereits die ersten Stellen von korrekt vorhergesagt hatte. Fihman berechnete den Wert von mit verschiedenen Berechnungsmethoden auf zwischen ca. 8,89197 · 1078 und 8,93619 · 1078.[15]
Ist gerade, so muss auch gerade sein.[16] Die Berechnung von widerlegte die auf Garrett Birkhoff zurückgehende Vermutung, nach der stets durch teilbar sein sollte.[6]
abgeschätzt werden. Die linke Ungleichung entsteht durch Abzählen der Antiketten mit genau Elementen und die rechte Ungleichung wurde von Kleitman und Markowsky[2] bewiesen.
Korshunov[3] erzielte noch genauere Abschätzungen:[8]
für gerade und
für ungerade , wobei
und
Die wesentliche Idee hinter diesen Abschätzungen ist, dass die meisten Antiketten nur aus Mengen mit Mächtigkeiten nahe an bestehen.[8]
↑ abRichard Dedekind: Über Zerlegungen von Zahlen durch ihre größten gemeinsamen Teiler. In: Gesammelte Werke. Band2, 1897, S.732–734.
↑ abDaniel Kleitman, G. Markowsky: On Dedekind’s problem: the number of isotone Boolean functions. II. In: Transactions of the American Mathematical Society. Band213, 1975, S.373–390, doi:10.2307/1998052.
↑ abA. D. Korshunov: The number of monotone Boolean functions. In: Problemy Kibernet. Band38, 1981, S.5–108.
↑ abJeff Kahn: Entropy, independent sets and antichains: a new approach to Dedekind’s problem. In: Proceedings of the American Mathematical Society. Band130, 2002, S.371–378, doi:10.1090/S0002-9939-01-06058-0.
↑ abcAndrzej Kisielewicz: A solution of Dedekind’s problem on the number of isotone Boolean functions. In: Journal für die Reine und Angewandte Mathematik. Band386, 1988, S.139–144, doi:10.1515/crll.1988.386.139.
↑ abcRandolph Church: Numerical analysis of certain free distributive structures. In: Duke Mathematical Journal. Band36, 1940, S.732–734, doi:10.1215/s0012-7094-40-00655-x.
↑ abRandolph Church: Enumeration by rank of the free distributive lattice with 7 generators. In: Notices of the American Mathematical Society. Band11, 1965, S.724.
↑ abcNejib Zaguia: Isotone maps: enumeration and structure. In: Finite and Infinite Combinatorics in Sets and Logic (Proc. NATO Advanced Study Inst., Banff, Alberta, Kanada, 4. Mai 1991). 1993, S.421–430.
↑Morgan Ward: Note on the order of free distributive lattices. In: Transactions of the American Mathematical Society. Band52, 1946, S.423, doi:10.1090/S0002-9904-1946-08568-7.
↑Joel Berman, Peter Köhler: Cardinalities of finite distributive lattices. In: Mitt. Math. Sem. Gießen. Band121, 1976, S.103–124.
↑Doug Wiedemann: A computation of the eighth Dedekind number. In: Order. Band8, 1991, S.5–6, doi:10.1007/BF003858087.
↑Christian Jäkel: A computation of the ninth Dedekind Number. 3. April 2023, arxiv:2304.00895 (englisch).
↑Christian Jäkel: A computation of the ninth Dedekind Number. In: Journal of Computational Algebra. 2023, doi:10.1016/j.jaca.2023.100006 (englisch).
↑Lennart Van Hirtum, Patrick De Causmaecker, Jens Goemaere, Tobias Kenter, Heinrich Riebler, Michael Lass, Christian Plessl: A computation of D(9) using FPGA Supercomputing. 6. April 2023, arxiv:2304.03039 (englisch).