Defter (osmanisch-türkisch, aus dem persischen دفتر daftar, pl. دفاتر dafātir) ist ein Begriff aus der osmanischen Verwaltungssprache und bedeutet Buch, Aktenband oder Register. Auch in der modernen türkischen Sprache wird das Wort verwendet und heißt so viel wie Heft oder Notizbuch.
Von Defter abgeleitet sind Defterdar, Titel der höchsten Finanzbeamten des Osmanischen Reiches, und Defterhane, Bezeichnung des Büros der Finanzverwaltung im Sultanspalast.[1]
Die osmanische Verwaltungspraxis hatte schon im 15. Jahrhundert einen hohen Grad der Schriftlichkeit erreicht. Dabei orientierten sich die Türken an Vorbildern aus Persien und dem Byzantinischen Reich. Sowohl die zentralen Institutionen am Hof des Sultans wie auch die Amtsträger in den einzelnen Provinzen führten eine Fülle von Amtsbüchern und Akten, in denen unterschiedlichste für die Staatsverwaltung bedeutsame Dinge erfasst waren. In den Dafātir waren z. B. die Militärangehörigen erfasst, es wurden der Ressourcenverbrauch des Hofes und des Heeres registriert in Masraf Defterleri, die amtierenden Richter eines Sandschaks aufgelistet oder untergeordnete Beamte sammelten darin die Anweisungen ihrer Vorgesetzten.
Die bei weitem zahlreichste Form von Dafātir waren ausführliche Steuerregister (tahir defterleri). In ihnen wurden sämtliche Haushalte einer Provinz mit ihren mobilen und immobilen Besitztümern erfasst. Sie geben nicht selten fast lückenlos Auskunft über die Verteilung des Grundbesitzes, den Ertragswert des Bodens und die zu erwartenden Einkünfte. Darüber hinaus enthalten sie Informationen über Religion (u. a. wegen der Kopfsteuer) und Rechtsstatus der einzelnen Haushalte. So wurden etwa die Inhaber von Militärlehen (Tımar) gesondert ausgewiesen. Darüber hinaus wurden in solchen Dafātir weitere fiskalisch relevante Informationen gegliedert nach Nahiye und Ortschaft niedergelegt und manchmal auch besondere Vermögensformen, wie islamische Stiftungen oder Stiftungen christlicher Klöster berücksichtigt. Diese Art von Defter waren also Zensus und Kataster in einem. Für die historische Forschung sind sie deshalb wichtige Quellen zur Demographie, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der osmanisch beherrschten Länder. Ihre Edition und Auswertung ist eine der bedeutenden Aufgaben der Osmanistik. Die Register dokumentieren weder die nicht steuerpflichtigen Askerî, noch, oder nur indirekt, Wanderungsbewegungen zwischen einzelnen Reichsgebieten.[2]
Es wurde eine repräsentative Auswahl aus verschiedenen Epochen und Teilen des Osmanischen Reiches getroffen.