Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) war eine Blockpartei in der DDR. Ihre Gründung erfolgte auf Weisung der Sowjetischen Militäradministration, um dadurch die Ost-CDU und die LDPD als bürgerliche Parteien zu schwächen. Ihre Mitgliederzahl stieg von 30.000 im Jahr 1948 bis auf 114.000 im Jahr 1987.[2] 1990 ging sie in der CDU auf.
Nachdem die SED bei den Kommunalwahlen 1946 wider Erwarten schlecht abgeschnitten hatte und das Verhältnis zur Ost-CDU und zur LDPD im „Blockausschuss“ von ständigen Spannungen gekennzeichnet war, wurde von der SED auf Weisung und in Abstimmung mit der SMAD die Gründung zweier neuer Parteien beschlossen, um die bürgerlichen Blockparteien zu schwächen. Da es nicht gelungen war, die Landwirte durch die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe in die SED-Politik einzubeziehen, wurde die DBD gegründet. Die ersten Vorstände waren vom SMAD und der SED eingesetzt, ohne dass dies bekannt gemacht wurde. Unmittelbar nach der Gründung erhielt die neue Partei am 3. August 1948 Sitze im Volksrat, am 5. August 1948 im Zentralen Block und am 1. Januar 1949 in der Deutschen Wirtschaftskommission.[2]
Gründungszentrum war Mecklenburg. In der Landeshauptstadt Schwerin fand am 29. April 1948 die Gründungskonferenz der Bauernpartei Mecklenburgs statt. Den Auftrag zur Gründung erhielt das SED-Mitglied Ernst Goldenbaum, der ihr 1. Vorsitzender wurde und bis 1982 blieb. Ziel war es, die Landwirte für den „Aufbau des Sozialismus“ zu gewinnen. Sie war damit eine der vier Blockparteien in der DDR und propagierte in wesentlichen Punkten die SED-Linie. Sie selbst sah sich als Interessenvertreterin der Bauernschaft kleinerer und mittlerer Betriebe, beteiligte sich in den 1950er Jahren aber gegen den Willen der meisten Bauern an der Durchsetzung der Kollektivierung in der Landwirtschaft der DDR.
Mit dem Bauernecho unterhielt die DBD eine eigene Tageszeitung. Unterstützt von der SED, entwickelte sich die Partei bis 1951 rasch. Die Mitgliederzahl wuchs innerhalb von drei Jahren auf rund 85.000 an. Infolge des passiven Widerstands großer Teile der Landbevölkerung gegen die Kollektivierung stagnierte die Mitgliederzahl jedoch bis in die 1970er Jahre hinein. Ab Mitte dieses Jahrzehnts erstarkte die Partei – wie die anderen Blockparteien auch – organisatorisch allmählich wieder. Im Jahr 1975 zählte sie etwa 90.000[3], 1977 ca. 92.000[4] und 1984 fast 108.000 Mitglieder. 1987 waren es noch 103.000 Mitglieder.[5] Nach DDR-Angaben waren davon rund 21.000 Mitglieder Abgeordnete in Volksvertretungen oder Nachfolgekandidaten (Stand 1970er Jahre).[6]
46 von 58 anwesenden Mitgliedern des Parteivorstands entschieden sich im Juni 1990 für eine Fusion mit der CDU. Die meisten Mitglieder tauschten ihre Parteibücher nicht um. Durch das Aufgehen in der CDU gelangten DBD-Funktionäre in Führungsämter auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene: Ulrich Junghanns wurde zum Wirtschaftsminister und zeitweisen Vorsitzenden der CDU Brandenburgs, Volker Sklenar war von 1990 bis 2009 Landwirtschaftsminister von Thüringen.[7]
Die Partei betrieb eine zentrale Parteischule „Thomas Münzer“ in Borkheide. Leiter dieser Einrichtung waren 1949 bis 1951 Hans Rietz, 1951 bis 1968 Alois Melz, 1968 bis 1975 Eberhard Mack und 1975 bis zur Auflösung 1990 Wilfried Schimmank. Für die Funktionäre der DBD wurde von April 1949 bis 1990 die Zeitschrift der Der Pflüger herausgegeben. Deren Chefredakteure waren Johanna Adelberger (1949–1960), Hermut Müller (1960–1971 sowie 1979–1990) und Wilhelm Nix (1971–1978).[8]
Theresia Bauer: Blockpartei und Agrarrevolution von oben. Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands 1948–1963 (= Studien zur Zeitgeschichte. Band 64). Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56703-9 (Volltext digital verfügbar).
Andreas Herbst (Hrsg.), Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 1: Lexikon der Organisationen und Institutionen, Abteilungsgewerkschaftsleitung, Liga für Völkerfreundschaften (= rororo-Handbuch. Band 6348). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-16348-9, S. 182–186.
Wolfgang Jäger, Michael Walter: Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) im Transformationsprozeß 1989/90. In: Historisch-Politische Mitteilungen. Band 4, 1997, S. 141–168 (PDF; 2,7 MB).
Konrad Kühne: Die Anfänge der DBD. In: Jürgen Frölich (Hrsg.): „Bürgerliche“ Parteien in der SBZ/DDR. Zur Geschichte von CDU, LDP(D), DBD und NDPD 1945 bis 1953. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1995, ISBN 3-8046-8813-6, S. 89–102.
Peter Joachim Lapp: Die „befreundeten Parteien“ der SED. DDR-Blockparteien heute. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988, ISBN 3-8046-8699-0.
Christel Nehrig: Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD). In: Gerd-Rüdiger Stephan, Andreas Herbst, Christine Krauss, Daniel Küchenmeister, Detlef Nakath (Hrsg.): Die Parteien und Organisationen der DDR. Ein Handbuch. Dietz, Berlin 2002, ISBN 3-320-01988-0, S. 343–365.
Christel Nehrig: Rolle, Bedeutung und Wirkungsmöglichkeiten der Blockparteien – Die DBD. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“. Band II/4. Nomos, Baden-Baden, ISBN 3-7890-4034-7, S. 2375–2398.
Bernhard Wernet-Tietz: Bauernverband und Bauernpartei in der DDR. Die VdgB und die DBD 1945–1952. Ein Beitrag zum Wandlungsprozeß des Parteiensystems der SBZ/DDR. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1984, ISBN 3-8046-8625-7.
Bernhard Wernet-Tietz: Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD).Martin Broszat, Hermann Weber: SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949. Oldenbourg, München 1990, ISBN 3-486-55261-9, S. 584–594.
Christoph Wunnicke: Die Blockparteien der DDR. Kontinuitäten und Transformation 1945–1990 (= Schriftenreihe des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Band 34). LStU Berlin, Berlin 2014, S. 95–111 (PDF; 434 kB).
↑Theresia Bauer: Blockpartei und Agrarrevolution von oben: Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands 1948–1963, Oldenbourg Verlag, 2003, S. 11 (eingeschränkte Vorschau).
↑Andreas Malycha: Der Schein der Normalität (1971 bis 1982). In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 312: Geschichte der DDR. Ausgabe 3/2011, Bundeszentrale für politische Bildung, ISSN0046-9408, S. 49–65, hier: S. 59.
↑Walter Völkel: Nationale Front, Blockparteien, Gesellschaftliche Organisationen. In: Günter Erbe, Gert-Joachim Glaeßner (Hrsg.): Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR – Studientexte für die politische Bildung. 2. Auflage, Westdeutscher Verlag, Opladen 1980, ISBN 3-531-11486-7, S. 112–120, hier: S. 118.
↑Waltraud Böhme et al. (Hrsg.): Kleines politisches Wörterbuch. Dietz Verlag, 1973, S. 143.
↑Uwe Müller, Grit Hartmann: Vorwärts und vergessen! Kader, Spitzel und Komplizen: Das gefährliche Erbe der SED-Diktatur, Rowohlt Berlin, Berlin 2009, ISBN 3-87134-623-3, S. 113–115.
↑Hans Reichelt: Blockflöten – oder was? Zur Geschichte der DBD. Edition Ost, Berlin 1997, S. 382.