Der Jude von Malta (The Jew of Malta) ist ein Drama des englischen Dramatikers Christopher Marlowe (1564–1593) nach italienischen Quellen aus der Zeit des Machiavelli.
Der genaue Zeitpunkt der Entstehung des Werkes ist unklar; wahrscheinlich wurde es zwischen 1589 und 1592 verfasst. Die erste dokumentierte Aufführungen des Stückes fand am 26. Februar 1592 durch die Schauspieltruppe der Lord Strange’s Men am Rose Theatre in Southwark statt, mit Edward Alleyn in der Hauptrolle. Nach den Aufzeichnungen von Philip Henslowe wurde The Jew of Malta in den folgenden vier Jahren 36-mal gespielt und war somit offensichtlich beim damaligen Publikum sehr beliebt.[1]
Im Mai 1594 wurden die Druckrechte für das Stück unter dem Titel the famouse tragedie of the Riche Jewe of Malta von Nicholas Ling und Thomas Millington im Stationers’ Register eingetragen. Erhalten geblieben ist jedoch nur eine frühe Quarto-Ausgabe des Werkes von 1633 unter dem vollständigen Titel The Famous Tragedy of the Rich Jew of Malta mit zwei Prologen und zwei Epilogen in Versform von Thomas Heywood. Die Textfassung dieser Ausgabe beruht wahrscheinlich nicht auf einem autographen oder autornahen Manuskript und enthält zahlreiche nachträgliche Änderungen oder Überarbeitungen, möglicherweise durch Heywood.[2] Vorherige Drucke des Werkes sind nicht bekannt oder überliefert; auch die Frage nach den spezifischen Quellen und Vorlagen für Marlowes Drama lässt sich heute nicht mehr mit hinreichender Sicherheit klären.[3]
Das Werk behandelt exemplarisch den Konflikt der drei monotheistischen Weltreligionen, den auch Lessing zur Zeit der Aufklärung in der deutschen Literatur in seinem Schauspiel Nathan der Weise deutete. Im Unterschied zu Lessing galt die Tragödie Der Jude von Malta von Marlowe lange Zeit bei Kritikern als antisemitisch, war als negatives Beispiel für den Umgang der drei Religionen miteinander jedoch immer wieder aktuell. Neuere Aufführungen erfolgten u. a. auf amerikanischen, britischen und deutschen Bühnen, wobei das Stück in jüngeren Inszenierungen verstärkt als eine provokative Parodie oder satirische Farce Marlowes auf das stereotype und vorurteilsgeprägte Bild des Juden begriffen wird.[4]
Dem Drama vorangestellt ist ein Prolog, in dem der italienische Staatsphilosoph Machiavelli auftritt. Dieser verweist allgemein auf den rücksichtslosen Gebrauch der Macht durch die Protagonisten des anschließenden Dramas, hat aber sonst keinen direkten Bezug zur weiteren Handlung:
Der osmanische Herrscher lässt einen langjährigen Tribut bei der Bevölkerung von Malta einfordern. Da diese den horrenden Tribut nicht zahlen kann, werden die reichen Juden der Insel zur Bezahlung verpflichtet. Barabas, der reichste Jude Maltas, weigert sich und der Gouverneur Farnese befiehlt, seinen Besitz zu konfiszieren; sein Besitztum wird ein Kloster für katholische Nonnen. Empört über den Raub seines Vermögens, fängt Barabas ein raffiniertes Komplott an, um den Gouverneur zu entmachten. Er drängt seine Tochter Abigail, als Nonne in das Kloster zu gehen und einen verborgenen Schatz zu rauben, den er für Fälle der Not in seinem Haus versteckt hatte. Barabas kommt dank seiner Tochter wieder zu Geld. Skrupellos betrügt er den Geliebten seiner Tochter, der bei einem Duell getötet wird, und ermordet dann auch den Täter, begeht Massenmord an katholischen Nonnen und Priestern und vergiftet seinen ergebenen türkischen Hausgehilfen Ithamore. Barabas entgeht der Strafe, indem er verschwindet und den Türken bei der Eroberung Maltas hilft. Er führt den osmanischen Trupp durch einen geheimen Gang in die Stadt, die erobert wird. Die Türken ernennen Barabas nun zum Gouverneur. Er bietet nun seinem Vorgänger, dem Gouverneur Farnese, Waffenhilfe gegen die muslimische Besetzung an. Aber dieser erkennt die hinterhältigen Ränke des Juden und lässt ihn verhaften. Barabas, angeklagt wegen seiner Verbrechen, stürzt in das kochende Wasser des Kessels, in dem verurteilte Türken umgebracht werden sollten. Vergeblich ruft er nun die Christen um Hilfe. Die christlichen Kreuzritter siegen letztlich. Malta wird zerstört.
Christopher Marlowe schuf das Versdrama in Blankversen. Der Blankvers besteht aus fünfhebigen Jamben wie im folgenden Beispiel gezeigt wird: My name is Barabas. I am a Jew.
Kammeroper von Andre Werner, uraufgeführt 2002 zur 8. Biennale München