Die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung m.b.H. (kurz Degesch) mit Sitz in Frankfurt am Main war ein Chemieunternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Schädlingsbekämpfungsmitteln (vor allem Entwesungsmitteln) befasste und diese zeitweilig auch als Serviceleistung in Silos und Warenlagern anwendete. Sie war die Inhaberin des Patents zur Herstellung von Zyklon B, das im Nationalsozialismus auch für Massentötungen in mehreren Vernichtungslagern eingesetzt wurde.
Die Degesch war an zwei Unternehmen beteiligt, die sich je den Vertrieb von Zyklon B geographisch aufteilten:
1979 fusionierte die nach dem Krieg neu gegründete Testa mit der Heerdt-Lingler GmbH (HeLi) unter finanzieller Beteiligung der Degesch.[1]
Das Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie (KWI) unter der Leitung von Fritz Haber beschäftigte sich mit dem Problem des Massenauftretens von Schadinsekten und Nagern in Mühlen und des Läusebefalls in Massenunterkünften um 1915. Das Institut entwickelte gleichfalls Kampfgase für den Kriegseinsatz. 1917 wurde der Technische Ausschuss für Schädlingsbekämpfung TASCH gegründet, in dem das KWI und das Unternehmen Degussa vertreten waren. Im April 1917 erfolgte die erste Durchgasung mit Blausäure unter Leitung dieses Ausschusses, der nach Ende des Ersten Weltkriegs aufgelöst wurde.[2]
Vor der Auflösung der TASCH am 31. März 1919 wurde auf Initiative Fritz Habers[3] am 13. März 1919 in Berlin die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung mbH unter Beteiligung des Deutschen Reiches als gemeinnütziges Wirtschaftsunternehmen gegründet. Das Stammkapital von 1.010.000 Mark wurde von zehn Unternehmen erbracht: je ein Viertel trugen die Degussa und die Holzverkohlungsindustrie AG, Konstanz, je ein Achtel übernahmen die BASF, die Farbwerke Hoechst und die Farbwerke Bayer, weitere Beiträge lieferten die Agfa, die Cassella, die Chemische Fabrik Griesheim, die Chemische Fabrik Taucha und Weyler-ter-Meer, Uerdingen.[4]
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1920 erfolgte die Verlegung des Stammsitzes nach Frankfurt am Main, später nach Friedberg. 1920 schied Fritz Haber aus, Geschäftsführer wurde Walter Heerdt.[5]
Ab 1922 wurde das Unternehmen privatrechtlich geführt. Die Degussa wurde Alleingesellschafterin; die Geschäftsführung hatte weiter Walter Heerdt inne, der 1922 ein Verfahren zur Aufsaugung der niedrig siedenden Blausäure in Kieselgur fand (DRP 438.818 ausgegeben am 27. Dezember 1926, patentiert ab 20. Juni 1922). Das entsprechende Produkt erhielt den Namen „Zyklon B“. 1922 nahm die Degesch Verhandlungen mit der Dessauer Zuckerraffinerie GmbH über die Produktion von Zyklon B auf. 1924 genehmigten die Behörden die Produktion. Im Auftrag und auf Rechnung der Degussa stellte die Dessauer Zuckerraffinerie GmbH nun Zyklon B her, welches dann provisionsfrei an die Degesch ausgeliefert wurde.[6] Diese hatte dazu eine eigens eingerichtete Außenstelle in Dessau. Der Verkauf ihrer Produkte erfolgte über die Unternehmen „Tesch & Stabenow“ und „Heerdt-Lingler“.
1930 beteiligte sich die I.G. Farben mit 30 % an der Degesch. 1936 änderte sich das Gesellschafterverhältnis erneut. Nun gehörte die Degesch zu 42,5 % der I.G. Farben, zu 42,5 % der Degussa und zu 15 % der Th. Goldschmidt.[7] Bis 1930 stieg der Bedarf an Zyklon B auf 100.000 kg monatlich.[2]
Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs führte die Degesch ihr angestammtes Geschäft fort. Nach der Aufspaltung der I.G. Farben waren mit je 37,5 % die Bayer AG und Degussa AG sowie mit 25 % die Th. Goldschmidt AG beteiligt.
1986 wurde die Degesch an einen Wettbewerber, die Detia Freyberg GmbH in Laudenbach veräußert, die das Geschäft unter der Firma Detia-Degesch GmbH fortführt.
Die Tochtergesellschaft DEGESCH America, Inc vertreibt Begasungsmittel in den USA.[8] Das Unternehmen Degesch de Chile Ltda existiert in Chile.
Im I.G.-Farben-Prozess hatte sich der Geschäftsführer der Degesch, Gerhard Friedrich Peters, als Zeuge selbst indirekt belastet. Er sei von Kurt Gerstein über die Tötung von Menschen mit Zyklon B informiert und um Lieferung des Gases ohne die übliche Beimengung von Warn- und Reizstoff ersucht worden.
1949 stand Peters deshalb vor dem Schwurgericht in Frankfurt und wurde wegen Beihilfe zum Mord zunächst zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Strafmaß wurde 1953 im Revisionsverfahren rechtskräftig auf sechs Jahre festgesetzt; Peters trat die Strafe an. Doch 1955 wurde Peters im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen, da „erfolglose Beihilfe“ durch Strafrechtsänderungsgesetz vom August 1953 nach höchstrichterlicher Auslegung nicht mehr strafbar war. Es sei nicht sicher, dass mit den gelieferten 3970 kg Gift ohne Reizstoff Menschen getötet worden seien, denn Gerstein habe das Zyklon B teilweise als verdorben bezeichnet und dem beabsichtigten Tötungszweck entzogen.
Auch Hermann Schlosser, von 1939 bis zu seiner Suspendierung 1945 Vorstandsvorsitzender des Mutterunternehmens Degussa, hatte sich als Zeuge der Anklage im Prozess gegen den Vorstand der I.G. Farben durch seine Aussage der Beihilfe verdächtig gemacht. Er wurde im Februar 1948 verhaftet, jedoch schon im April freigesprochen; später konnte er wieder als Vorstandsvorsitzender amtieren.[2]
Der Inhaber des Lieferunternehmens Tesch & Stabenow, Bruno Tesch, sowie sein Geschäftsführer Karl Weinbacher wurden 1946 im Testa-Prozess zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Hameln hingerichtet.