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Dornenfortsatz oder kurz Dorn – englisch spine – wird eine feine, oft pilzförmige Vorwölbung der Oberfläche einer Nervenzelle genannt, die sich überwiegend auf Dendriten von verschiedenen Neuronen des Gehirns findet. In den meisten Fällen stellt die Zellmembran an der ausgestülpten Fortsatzspitze eine postsynaptische Region (Postsynapse) hervorgehoben dar, auf die ein vorgeschaltetes Neuron mit einer präsynaptischen Axonendigung (Präsynapse) Erregungen überträgt, die hier in exzitatorische Signale überführt werden.[1]
Dornenfortsätze treten bei allen Wirbeltieren im zentralen Nervensystem auf. Im menschlichen Gehirn enden exzitatorische Synapsen meistens auf dendritischen Dornen, anatomisch Spinula [s. Gemmula] dendritica[2] genannt. Manche Nervenzellen tragen Tausende solcher Fortsatzbildungen, je etwa 0,2 bis 2 µm lang, bei denen ein unterschiedlich dicker Kopf (engl. head) vom schmaleren Hals (engl. neck) abgesetzt sein kann. Doch kommen Dornenfortsätze nicht nur auf Dendriten vor.[1] Form, Größe und biochemische Besonderheiten der Dornen beeinflussen die Signalübertragung an Synapsen.
Ein Dorn kann ausgebildet werden, sich in Abhängigkeit von der synaptischen Aktivität verändern und verschiedene Formen annehmen (morphologische Plastizität), sowie rückgebildet werden. Diese Strukturänderungen nehmen Einfluss auf die funktionellen Bedingungen einer Synapse (synaptische Plastizität) und können kurzzeitig, länger andauernd oder langfristig anhaltend (späte Langzeit-Potenzierung LTP) zu Verstärkungen von synaptischen Verknüpfungen führen (mögliche Korrelate des Langzeitgedächtnisses).[1]
Pilzförmig entwickelte Dornen (engl. mushroom spines) enthalten häufig zusätzlich einen sogenannten Dornenapparat, der vermutlich als Calcium-Speicher für intrazelluläre Ca2+-Signalwege Bedeutung hat, jedoch noch nicht verstanden ist.
Dornenfortsätze wurden bereits 1888 von R. Cajal im Kleinhirn von Vögeln beschrieben[3] und sind beim Menschen sowohl auf Purkinjezellen der Kleinhirnrinde wie auf Pyramidenzellen der Großhirnrinde – archikortikal insbesondere im Hippokampus – zu finden sowie noch in weiteren Hirnregionen, beispielsweise subkortikal (siehe Abbildung oben) oder im Thalamus. Zumeist wachsen Dornen aus den Dendriten einer Nervenzelle hervor, sie können jedoch auch auf deren Soma oder im Bereich des Axonhügels gebildet werden.[1]
Dendritische Dornen treten unterschiedlich dicht verteilt in verschiedenen Formen und Größen der Vorwölbungen auf. Oft wachsen sie mit einem schmalen Hals empor und enden mit einem mehr oder weniger voluminösen Kopf („Endköpfchen“). Dieser trägt eine postsynaptische dichte (PSD-)Membranregion mit Transmitterrezeptoren, Ionenkanälen und signalübermittelnden Systemen. Dem gegenüber befindet sich die präsynaptische Region des anderen Neurons, zumeist auf einem „Endknöpfchen“. Allein nach dem Aussehen der Fortsätze werden grob verschiedene Typen unterschieden, die Übergänge sind jedoch fließend:[4]
Über die für das bewegliche Zytoskelett aus F-Aktin formbestimmenden Faktoren eines Dorns ist im Einzelnen bisher noch wenig bekannt. Man nimmt an, dass über die Form auf die Signalübertragung der zugehörigen Synapse Einfluss genommen wird (→Funktion), ein Teilraum der Nervenzelle abgegrenzt und als Subkompartiment mit besonderen biochemischen Bedingungen gestaltet werden kann. Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass dendritische Dornen nicht dauerhaft einem bestimmten Typ zugehören, sondern ihre Form ändern (morphologische Plastizität), eventuell auch im Laufe der Zeit im Sinne eines Lebenszyklus von Dornen.[1] Je größer ein Dornenfortsatz ist, desto höher ist gemeinhin die Zahl an Rezeptor-Molekülen für den Neurotransmitter in der postsynaptischen Membranregion (PSD).[5]
Dornen sind anpassbare Strukturen, spezialisiert auf die synaptische Transmission und die Umbildung postsynaptischer Signale in besondere Veränderungen der Form, abhängig von der synaptischen Aktivität. Sie können die Erregungsübertragung und Signalweitergabe in mehrerer Hinsicht beeinflussen:
Mit dem Dornenfortsatz wird ein postsynaptisches Element hervorgehoben und als ein Teilraum abgesetzt, der abhängig von seiner synaptischen Aktivität verschieden gestaltet werden kann. Durch das formende Zytoskelett aus Aktinfilamenten können Dornenfortsätze nach Breite der Basis, Länge des Halses und Größe des Kopfes in unterschiedlicher Form ausgebildet werden. Während die jeweilige räumliche Gestalt der Membranhülle Einfluss auf die Fortleitung elektrischer Potentialänderungen hat, kann der abgeteilte Raum als Kompartimentierung für biochemische Signalprozesse – beispielsweise rasch kurzzeitig erhöhte intrazelluläre Ca2+-Spiegel – verstanden werden.[1] Insbesondere pilzförmig entwickelte Dornen (engl. mushroom spines) auf Neuronen des Großhirns – nicht aber des Kleinhirns – enthalten im plasmatischen Innenraum häufig zusätzlich als spezifisches Organell einen Dornenapparat, der aus einigen Lamellen glatten endoplasmatischen Retikulums besteht, vermutlich als Calcium-Speicher dient[8] und in unterschiedlicher Weise verschiedene Formen synaptischer Plastizität beeinflussen kann.[9]