Einkorn

Einkorn

Einkorn (Triticum monococcum)

Systematik
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Tribus: Triticeae
Gattung: Weizen (Triticum)
Art: Einkorn
Wissenschaftlicher Name
Triticum monococcum
L.
Triticum monococcum

Einkorn (Triticum monococcum), auch Blicken oder Kleiner Spelz genannt,[1] ist eine Art der Gattung Weizen (Triticum) aus der Familie der Süßgräser (Poaceae) und ist eine der ältesten domestizierten Getreidearten. Einkorn stammt vom wilden Weizen (Triticum boeoticum Boiss.) ab, der im Gegensatz zu Einkorn eine brüchige Ährchengabel (Rhachis) hat. Einkorn galt als Vorläufer von Emmer, Dinkel und Saatweizen, bis durch genetische Untersuchungen festgestellt wurde, dass Emmer von Wildem Emmer aus der Südosttürkei abstammt.

Einkorn in Spelzen
Einkorn in Spelzen

Vegetative Merkmale

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Das Einkorn ist eine einjährige Pflanze, die 50 bis 100 Zentimeter hoch wird und in Büscheln wächst.[2] Die Halme sind dickwandig bis voll und die Knoten sind dicht mit abwärts gerichteten, kurzen Haaren besetzt.[2] Die Blattspreiten sind bis 10 Millimeter breit; die untersten sind beiderseits samtig behaart, die übrigen sind kahl. Am Grund der Blattspreite besitzen sie zwei kleine sichelförmige Öhrchen.[2]

Generative Merkmale

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Blütezeit ist Juni bis Juli. An der Spitze des Halms steht eine Ähre, die (ohne Grannen) 4 bis 10 Zentimeter lang ist. Sie ist locker und schmal, seitlich stark zusammengedrückt und aufrecht.[2] Die Ährenspindel ist an den Knoten schwach behaart; sie zerfällt zur Reifezeit bei Druck und beim Dreschen so, dass jeweils das Spindelglied unterhalb der Abbruchstelle mit dem Ährchen verbunden bleibt und wie ein Stiel unter ihm steht.[2] Die Ährchen sind zwei- bis dreiblütig und etwa 10 Millimeter lang.[2] Die Hüllspelzen sind drei- bis fünfnervig, vom Grund an scharf gekielt mit einem geraden Zahn an der Spitze und 1 bis 2 seitlichen spitzen Zähnen.[2] Die Deckspelzen sind kahnförmig. Die der unteren Blütchen haben eine 3 bis 8 Zentimeter lange dreikantige Granne und 1 bis 2 spitze Zähne.[2] Die Vorspelzen sind zweinervig und so lang wie die Deckspelzen.[2]

Die Chromosomenzahl ist 2n = 14.[2]

Bei der Wildform des Einkorns (Triticum monococcum subsp. aegilopoides) sind die Hüllspelzenkiele mit abwärts gerichteten Stachelhaaren besetzt, die Deckspelzengranne mit aufwärts gerichteten Stachelhaaren.[2] Diese Haare erleichtern die Selbsteingrabung der Ährchen mit der Frucht in den Boden.[2] Die Kulturform des Einkorns hat dann die Möglichkeit der Selbstaussaat verloren, weil die Ähre nicht mehr zerfällt.[2]

Taxonomie und Systematik

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Das Einkorn wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum Tomus 1, S. 86 als Triticum monococcum erstbeschrieben.[3] Synonyme sind Triticum pubescens M. Bieb.; Triticum sativum var. monococcum (L.) Vilmorin und Triticum aestivum var. monococcum (L.) Bailey.[2]

Es können 3 Unterarten unterschieden werden:[3]

  • Triticum monococcum subsp. aegilopoides (Link) Thell.: Sie kommt wild von der Balkanhalbinsel und der Ukraine bis Afghanistan vor.[4] Bei dieser Unterart zerfällt die Ährenspindels spontan bei der Reife.[2]
  • Triticum monococcum subsp. monococcum: Sie kommt wild nur in der Türkei vor.[4]
  • Triticum monococcum subsp. sinskajae (A. A. Filatenko & U. K. Kurkiev) Valdés & H. Scholz: Sie kommt in der Türkei vor.[3]

Das Ursprungsgebiet von domestiziertem Einkorn ist umstritten. Heun und andere argumentieren anhand genetischer Untersuchungen von Einkorn aus der Türkei, dem Kaukasus und dem Libanon für eine Herkunft aus der südöstlichen Türkei (Karacadağ), während Martin K. Jones et al. (2006)[5] und andere den Ursprung in der südlichen Levante sehen, wo Emmer, Einkorn und Gerste seit dem präkeramischen Neolithikum A 8000–7700 v. Chr. domestiziert wurden. Die Nachweise werden allerdings angezweifelt. Sicher domestiziertes Einkorn stammt aus dem präkeramischen Neolithikum B (6700–6000 v. Chr.), zum Beispiel aus Jericho und Tell Aswad II.

Am oberen Euphrat wurde domestiziertes Einkorn in den vorkeramischen Schichten von Dja'de, Jerf el Ahmar, Mureybet, Nevalı Çori und Tell Abu Hureyra gefunden. Aus Siedlungen wie Cafer Höyük, Nevalı Çori und Cayönü liegt jedoch auch wildes Einkorn vor, was auf die Bedeutung der Pflanze als Sammelpflanze im Epipaläolithikum hinweist.

Einkorn und Emmer gehören zu den wichtigsten Kulturpflanzen der Bandkeramik. In der späten Bandkeramik gewinnt auch Binkelweizen (Triticum compactum) an Einfluss. Einkorn war in der Linearbandkeramik (zwischen 5700 und 4100 v. Chr.), einer neolithischen Kultur mit Ackerbau und Viehhaltung in Mitteleuropa, fester Bestandteil der agrarischen Produktion.[6] Die Kultur mit ihren dörflichen Siedlungen nutzte zunächst die tief liegenden Lößflächen für den Feldbau.[7][8] Angebaut wurden neben Einkorn (Triticum monococcum) noch Emmer (Triticum dicoccum),[9] Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta), Lein (Linum usitatissimum) und die Hülsenfrüchte Linse und Erbse, vermutlich im Schwendbau.[10] So weisen geoklimatische bzw. geoökologische Forschungen auf ein sehr mildes Klima während der Ausbreitung der bandkeramischen Kultur in Mitteleuropa hin.

Reste von Einkorn wurden unter anderem bei der steinzeitlichen Gletschermumie „Ötzi“ in den Alpen gefunden.[11]

Einkorn
Einkorn – links in Spelzen, rechts entspelzt

Einkorn ist relativ anspruchslos in Bezug auf die Qualität des Bodens. Außerdem ist es resistent gegen viele Schädlinge wie Wurzelfäule, Spelzenbräune oder den Mutterkorn-Pilz und kann sich besser gegen die Konkurrenz von Ackerunkräutern durchsetzen als moderne Weizensorten. Allerdings ist der Ertrag erheblich geringer als bei den modernen Weizen-Sorten, auf sandigen Böden werden Erträge von lediglich 1,2 bis 2,1 t/ha erzielt.[12]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+ (frisch), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[13]

Wurde der Anbau von Einkorn im 20. Jahrhundert wirtschaftlich nahezu bedeutungslos, so wird Einkorn heute doch z. B. in der Schweiz, in Deutschland, in Österreich im Waldviertel, in Italien als lokale Spezialität im Piemont und der Provinz Brescia und in der Türkei weiterhin angebaut. In Frankreich in der Haute Provence wurde der Anbau von Einkorn in den 1990er Jahren von einer Gruppe von Erzeugern wiederbelebt, die 1997 das Syndicat du Petit Épeautre de Haute-Provence gründeten. Dies führte 2007 zur Einführung einer g.g.A. Petit épeautre de Haute Provence, die ein geografisches Gebiet von 235 Gemeinden in den Departements Drôme, Alpes-de-Haute-Provence, Hautes-Alpes und Vaucluse in einer Höhe von über 400 m und Qualitätsregeln definiert.[14] Seit 2010 gibt es außerdem eine g.g.A. für das Mehl Farine de petit épeautre de Haute Provence.[15]

Inhaltsstoffe und Verwendung

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Einkorn enthält relativ mehr Proteine (Aminosäuren), Lipide (meist ungesättigte Fettsäuren), Fructane und Spurenelemente (Mineralstoffe einschließlich Zink und Eisen) als Weizen, andererseits ist es ärmer an Ballaststoffen.[16][17] Ein hoher Gelbpigmentgehalt an Beta-Carotin gibt dem Einkorn-Mehl eine gelbliche Farbe.[18] Der Gehalt an Carotinen (α und β) in Einkorn (Monlis) übertraf den Gehalt in Weizen (Serio) um etwa das 8-fache; darüber hinaus verlief der Verlust an Carotinoiden beim Lagern in Weizen rascher. Um einem Verlust an Carotinoiden vorzubeugen, wird eine Lagertemperatur unter 20 °C empfohlen.[19]

Zunehmend werden verarbeitete Produkte wie Nudeln und Brot aus Einkorn angeboten. Mit Einkorn-Malz als Zutat kann auch Bier gebraut werden.

  • Mark Nesbitt: Where was einkorn wheat domesticated? In: Trends in Plant Science, Band 3, Nummer 3, 1998, S. 82–83.
  • Mark Nesbitt, Delwen Samuel: Wheat Domestication. Archaeobotanical Evidence. In: Science, Band 279, Nummer 5356, März 1998, S. 1433.
  • Jared Diamond: The First Farmers. In: Science, Band 278, Nummer 5341, November 1997, S. 1243–1244.
  • Manfred Heun, Ralf Schafer-Pregl, Dieter Klawan, Renato Castagna, Monica Accerbi, Basilio Borghi, Francesco Salamini: Site of Einkorn Wheat Domestication Identified by DNA Fingerprinting. In: Science, Band 278, Nummer 5341, November 1997, S. 1312–1314, ISSN 0036-8075.
  • Gordon Hillman, Robert Hedges, Andrew Moore, Susan Colledge, Paul Pettitt: New evidence of Late-glacial cereal cultivation at Abu Hureyra on the Euphrates. In: The Holocene, Band 11, Nummer 4, 2001, S. 383–393.
  • Marcel Mazoyer, Laurence Roudart: A history of world agriculture from the Neolithic Age to the current crisis. In: Monthly Review Press, 2006.
  • Klaus Schmidt: Sie bauten die ersten Tempel. Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger. Die archäologische Entdeckung am Göbekli Tepe. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-53500-3.
Commons: Einkorn (Triticum monococcum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Einkorn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Waldemar Ternes, Alfred Täufel, Lieselotte Tunger, Martin Zobel (Hrsg.): Lebensmittel-Lexikon. 4., umfassend überarbeitete Auflage. Behr, Hamburg 2005, ISBN 3-89947-165-2.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, S. 835–836, 842. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1997, ISBN 3-489-52020-3.
  3. a b c B.Valdés, H.Scholz; with contributions from Eckhard von Raab-Straube & G.Parolly (2009+): Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Triticum monococcum In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  4. a b Datenblatt Triticum monococcum bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  5. Manon Savard, Mark Nesbitt, Martin K. Jones: The role of wild grasses in subsistence and sedentism: new evidence from the northern Fertile Crescent (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive). In: World Archaeology, Band 38, Nr. 2, August 2006, S. 179–196, doi:10.1080/00438240600689016.
  6. Grafik über die Ausbreitung der neolithischen Wirtschaftsweise (8.500 bis 3.900 v. Chr.)
  7. H. T. Waterbolk: Food Production in Prehistoric Europe. The spread of farming from the Aegean to the North Sea between 8000 and 3000 B.C. is discussed. In: Science, Band 162, Nr. 6, Dezember 1968, S. 1093–1102.
  8. E. Gehrt, M. Geschwinde, M. W. I. Schmidt: Neolithikum, Feuer und Tschernosem – oder: Was haben die Linienbandkeramiker mit der Schwarzerde zu tun? Archäologisches Korrespondenzblatt, Band 32, 2002, S. 21–30.
  9. Jürgen Franssen: Vom Jäger zum Bauern Wirtschaftsformen im neolithischen Anatolien.
  10. Thomas Miedaner: Kulturpflanzen. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-55293-9, S. 20 ff.
  11. Das war Ötzis letztes Mahl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.07.18
  12. Anbauhinweise zum Einkorn. In: www.darzau.de. Getreidezüchtungsforschung Darzau, abgerufen am 5. September 2014.
  13. Triticum monococcum L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 30. August 2023.
  14. Petit Epeautre de Haute Provence – L’IGP. Abgerufen am 17. September 2022 (französisch).
  15. Farine de petit épeautre de haute Provence. Abgerufen am 17. September 2022.
  16. Alyssa Hidalgo, Andrea Brandolini: Nutritional properties of einkorn wheat (Triticum monococcum L.). In: Journal of the Science of Food and Agriculture, Band 94, Nr. 4, September 2013, S. 601–612, doi:10.1002/jsfa.6382.
  17. T. Akar, M. F. Cengiz, M. Tekin: A comparative study of protein and free amino acid contents in some important ancient wheat lines. In: Quality Assurance and Safety of Crops & Foods, Band 11, Nr. 2, 2019, S. 191–200 (PDF).
  18. M. G. D'Egidio, S. Nardi, V. Vallega: Grain, flour, and dough characteristics of selected strains of diploid wheat, Triticum monococcum L [1993]. In: Cereal Chemistry (USA), Band 70, Nr. 3, 1994, S. 298–303.
  19. Alyssa Hidalgo, Andrea Brandolini: Kinetics of carotenoids degradation during the storage of einkorn (Triticum monococcum L. ssp. monococcum) and bread wheat (Triticum aestivum L. ssp. aestivum) flours. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry, Band 56, Nr. 23, November 2008, S. 11300–11305, doi:10.1021/jf802448t.