Elena Gianini Belotti (geboren 2. Dezember 1929 in Rom; gestorben 24. Dezember 2022 ebenda) war eine italienische Pädagogin, Feministin und Schriftstellerin. Sie war die erste Person, die in ihrem 1973 veröffentlichten Buch Dalla parte delle bambine über Sexismus in der Erziehung schrieb.[1] Das Buch erschien 1975 in deutscher Sprache unter dem Titel Was geschieht mit kleinen Mädchen?
Ihre Eltern, Basilio und Rosa Belotti, stammten aus dem Weiler Abbazia in der Provinz Bergamo. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend zwischen Bergamo und Rom, wo ihre Mutter einige Jahre als Grundschullehrerin arbeitete.
Nach einer Tätigkeit als Schreibkraft schrieb sie sich Anfang der 1950er Jahre in die Scuola Assistenti all’Infanzia Montessoriane ein, die 1947 von Adele Costa Gnocchi, einer Schülerin von Maria Montessori, in Rom im Palazzo Vidoni Cafarelli gegründet worden war. Von 1960 bis 1980 leitete sie das erste, von ihr gegründete Centro Nascita Montessori (Montessori-Geburtszentrum).[2][3] Von 1960 bis 1982 war sie mit dem Dokumentarfilmer, Kameramann und Animationskünstler Giulio Gianini verheiratet. Ende 1967 reiste sie zusammen mit ihrem Mann nach Indien in die Region Gujarat, wo sie die Entwicklung der indischen Montessori-Schulen untersuchte und das Leben der Frauen dokumentierte. Über diese viermonatige Erfahrung in Indien schrieb sie eine Reportage.[4]
1973 veröffentlichte sie bei Feltrinelli den Essay Dalla parte delle bambine, ein Buch, das ein großer und dauerhafter Erfolg war, in viele Sprachen übersetzt und schnell zu einem Kultbuch für die feministische Welt wurde. Das Buch analysiert die Konditionierung, der Mädchen und Jungen von Geburt an ausgesetzt sind, und die Stereotypen in der Welt der Erwachsenen, die sich unweigerlich auf die Welt der Kindheit übertragen.
1980 veröffentlichte sie bei Rizzoli Prima le donne e i bambini (Zuerst die Frauen und Kinder), ebenfalls zum Thema der gesellschaftlichen Geschlechterkonditionierung. 1985 beleuchtete sie mit Il fiore dell’ibisco (Die Hibiskusblüte) das Stereotyp, wonach Frauen das Recht verwehrt wird, einen jüngeren Mann zu lieben. 1995 erschien Pimpì oselì bei Feltrinelli, wo sie den Alltag der Kinder in den Tälern von Bergamo und in den römischen Vorstädten während der Zeit des Faschismus aus der Sicht eines kleinen Mädchens schildert, wobei sie die Härte der Armut und der Geschlechtertrennung hervorhebt.
Mit Apri le porte all’alba (Öffne die Türen bei Sonnenaufgang) erzählte Belotti 1999 die Geschichte einer Frau, die nach mehreren gescheiterten Liebesaffären zu dem Schluss kommt, dass durch die Ehe die Identität von Frauen zerstört werde. Der Text befasst sich auch mit geschlechtsspezifischer Gewalt und Frauenmord. In Adagio poco mosso von 1993 beleuchten sieben Kurzgeschichten die Verfassung einiger widerständiger älterer Frauen, denen es nach einem traurigen Ereignis oder einer Trennung gelingt, ihr Leben neu zu gestalten, dieses Mal autonom und unter Akzeptanz der vom Alter auferlegten Grenzen. Ähnliche Themen tauchen in Long Wave von 2013 wieder auf. In Cortocircuito (Kurzschluss) zeigt sie auf, wie „die italienische Gesellschaft durch das Phänomen der Einwanderung ihr Gesicht verändert und wie die Einwanderer mit ihren Geschichten, Bräuchen und Traditionen in das Leben der Italiener eingedrungen sind, die diesen Wandel der Gesellschaft oft nicht akzeptieren, sich aber nicht darüber im Klaren sind, dass unser Land ohne die „Ausländer“ in vielen Bereichen zum Stillstand käme“.[4]
Im Jahr 2003 veröffentlichte Belotti den Roman Prima della quiete (Vor der Stille) über die traurige Geschichte von Italia Donati, einer Volksschullehrerin, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Toskana lebte und aufgrund der verbalen Verfolgung durch die Einheimischen Selbstmord beging.[5]
Ihrem Vater Basilio, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert war, widmete sie 2006 das Buch Pane Amaro (Bitteres Brot) und 2012 die Kurzgeschichte L’ultimo Natale (Die letzte Weihnacht).[6]
Elena Belotti war 1992 eine der Gründerinnen des Schriftstellerinnen- und Journalistinnenverbandes Controparola, dem unter anderen auch Dacia Maraini angehört.[7]
Am 8. März 2024 widmete die italienische Post Elena Gianini Belotti, Alfonsina Strada und Maria Plozner Mentil je eine Briefmarke im Rahmen der Serie Senso Civico (Bürgersinn).[6]
Personendaten | |
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NAME | Gianini Belotti, Elena |
ALTERNATIVNAMEN | Elena Belotti (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | italienische Pädagogin, Schriftstellerin und Feministin |
GEBURTSDATUM | 2. Dezember 1929 |
GEBURTSORT | Rom, Königreich Italien |
STERBEDATUM | 24. Dezember 2022 |
STERBEORT | Rom, Italien |