Emilio Filiberto Gentile (Schreibweise vereinzelt auch Emile; * 31. August 1946 in Bojano (Provinz Campobasso))[1] ist ein italienischer Historiker und Pionier der Faschismusforschung.
Gentile ist ein emeritierter Professor der Universität La Sapienza in Rom.[1][2] Er war Schüler von Renzo De Felice.[3] Als Faschismusforscher prägte er den Begriff der Palingenese, der den Faschismus in seiner ideologischen Form als politische Religion beschreibt. Für seine empirisch-historischen Forschungen zur religioni della politica im 20. Jahrhundert erhielt er 2003 den Hans-Sigrist-Preis der Universität Bern.[4]
Er ist u. a. Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Zeitschrift Totalitarismus und Demokratie. Seit 2016 ist er korrespondierendes Mitglied der Accademia Nazionale dei Lincei.[1] 2021 wurde er von Staatspräsident Sergio Mattarella mit dem Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik ausgezeichnet, nachdem er bereits seit 2004 Träger des Komturkreuzes war.[5][6]
Gentile bestimmt den Faschismus in einer doppelten Anordnung als „Politische Religion“ und als Teilgruppe des Totalitarismus. Danach, so Sven Reichardt zum Verständnis von Gentile, „kreierten die Faschisten einen Glauben an die Nation, den Duce und die Partei, wobei diese Politische Religion zur Grundlage der faschistischen Kultur wurde. Es war ein aus seiner Sicht militärischer und revolutionärer Totalitarismus, der die Mythen und Werte einer palingenetischen Ideologie vertrat und die sakralisierten Formen einer politischen Religion annahm, um einen Neuen Menschen zu kreieren. Der italienische Faschismus habe diesen Totalitarismus als Erster in die Welt gesetzt, wobei Staat und Partei miteinander verschmolzen.“[7]
In den 1990er Jahren entwickelte Gentile eine zehn Punkte umfassende Definition des Faschismus, die dessen bestimmende Merkmale einer organisatorischen, einer kulturellen und einer institutionellen Dimension zuordnete:
„Die Definition, die ich vorschlage, beruht auf drei in Verbindung zueinander gesetzten Dimensionen: es handelt sich um die organisatorische, die die soziale Zusammensetzung, die Struktur, den Lebensstil und die Kampfmethoden der Partei betrifft, die kulturelle, in der es um das Menschenbild und die Ideen von Masse und Politik geht, sowie schließlich um die institutionelle Dimension, die den Komplex jener Strukturen und Beziehungen meint, aus denen sich das faschistische Regime ergibt.“
Gentiles Definition wird ausführlich dargestellt unter dem Begriff Faschismustheorien.
Personendaten | |
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NAME | Gentile, Emilio |
ALTERNATIVNAMEN | Gentile, Emile; Gentile, Emilio Filiberto (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Historiker und Faschismusforscher |
GEBURTSDATUM | 31. August 1946 |
GEBURTSORT | Bojano (Provinz Campobasso) |