Über das Leben von Enríquez de Valderrábano konnte die musikhistorische Forschung (die ausführlichen Nachforschungen des Vihuelaforschers Emilio Pujol eingeschlossen[4]) nur wenige Einzelheiten ermitteln. Weder der Tag seiner Geburt noch der seines Todes sind genau bekannt, sein Geburtsort steht nicht sicher fest und der Ort seines Ablebens ist gänzlich unbekannt. François-Joseph Fétis gibt in seiner Biographie Universelle als Geburtsort „Penacerrada“ an[5]. In seinem Hauptwerk Libro de Música … Silva de sirenas nennt er sich im Widmungstext einen Bewohner der Stadt Peñaranda de Duero in der Provinz Burgos. Dies war die Residenzstadt des vierten Herzogs von Miranda del Castañar, Francisco de Zúñiga, dem auch dieses Werk gewidmet war. Auf Grund dieser Angabe vermutet der Komponist Juan Bermudo im Jahr 1555, dass Valderrábano im Dienst des Herzogs stand; dafür gibt es aber keine Belege. Sowohl Bermudo als auch der Enzyklopädist Cristóbal Suárez de Figueroa (1571–nach 1644) (1615) haben Valderrábano als einen der führenden Vihuelaspieler seiner Zeit bezeichnet. Nach 1557 sind über ihn keine Informationen mehr vorhanden.
Valderrábanos Hauptwerk besitzt unter den zeitgenössischen Veröffentlichungen von Musik für Vihuela einen hervorgehobenen Rang. Soweit in den sieben Büchern dieses Werks Originalkompositionen von ihm selbst enthalten sind, zeichnen sich diese durch einen sehr individuellen Stil aus und durch den Gebrauch einer frei entwickelten, übergangslosen und nicht imitativenKontrapunktik. Seine kompositorisch anspruchsvollsten Stücke sind die 33 enthaltenen Fantasien (davon 19 Parodien auf Lautenwerke von Francesco da Milano), die Duette für 2 Vihuelas und die Variationszyklen. Letztere beruhen auf den Typen Pavana (ähnlich der Folia), Pavana real, Guárdame las vacas (Romanesca) und Conde claros und werden mit einem Improvisationssatz beendet, in welchem eine zweite Vihuela eine einfach gehaltene Begleitung ausführt. Bemerkenswert sind die Duo-Stücke, denn es handelt sich um die einzigen bekannten Tabulaturen für zwei Vihuelas. Eine Stimme ist jeweils kopfstehend gedruckt, so dass die Noten von gegenüberliegenden Tischseiten aus gelesen werden können[6].
Libro de Música de Vihuela, intitulado Silva de Sirenas (Buch der Musik für Vihuela, betitelt „Wald der Sirenen“), Valladolid 1547, in sieben Büchern, die nach Schwierigkeitsgrad gestaffelt sind[7] mit insgesamt 171 Kompositionen. Ausgabe: Emilio Pujol, Barcelona 1965, Reprint Genf 1981 (Monumentos de la música española Band 22 und 23). Zu Beginn enthält das Werk 3 Seiten mit theoretischen Erläuterungen.
Buch 1: Werke für Solo-Vihuela
Buch 2: Arrangements, die solistisch oder als begleitete Lieder für Tenor oder Bass gespielt werden können, Text in lateinischer, kastilischer und italienischer Sprache
Buch 3: Arrangements, die vom Vihuelaspieler im Falsett gesungen werden sollen; hier ist der Part für die Singstimme auf einem separaten Notensystem notiert
Juan Bermudo: Libro llamado declaración de instrumentos musicales. Osuna 1555, Reprint Kassel 1957 (= Documenta musicologica. Band 11).
John Ward: The Use of Borrowed Material in 16th-Century Instrumental Music. In: Journal of the American Musicological Society. Nr. 5, 1952, S. 88–98.
John Ward: The Vihuela de mano and Its Music (1536–76). Dissertation an der New York University 1953.
C. Jacobs: Tempo Notation in Renaissance Spain. Brooklyn 1964.
H. M. Brown: Instrumental Music Printed Before 1600: a Bibliography, Cambridge / Massachusetts 1967
John Griffiths: The Vihuela Fantasia: a Comparative Study of Forms and Styles, Dissertation an der Monash University 1983
G. Braun: Die spanischen Vihuela-Lieder im 16. Jahrhundert, Dissertation an der Universität Heidelberg 1993
John Griffiths: The Vihuela: Performance Practice, Style, and Context. In: Lute, Guitar and Vihuela: Historical Performance and Modern Interpretation, herausgegeben von V. Coelho, Cambridge 1997, Seite 158–179
O. Schöner: Die Vihuela de mano im Spanien des 16. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1999 (= Europäische Hochschulschriften Nr. 198)
D. Becker: Formes et usages en société des pièces chantées chez les vihuelists du XVIe siècle. In: Música y literatura en la España de la Edad Media y del Renacimiento, herausgegeben von V. Dumanoir, Madrid 2003, Seite 21–53
John Griffiths: The Two Renaissances of the vihuela — Los dos renacimientos de la vihuela. In: Goldberg 33, April 2005, Seite 34–43
↑Vgl. auch Siegfried Behrend (Hrsg.): Altspanische Lautenmusik (= Alte Europäische Lautenmusik für Gitarre. Heft 3). Frei bearbeitet und hrsg. von Siegfried Behrend. Musikverlag Hans Sikorski, Hamburg 1959 (= Edition Sikorski. Nr. 527), S. 6 („Enriguez de Valderrabano geboren in Penacerrada bei Victoria“).
↑Marc Honegger, Günther Massenkeil (Hrsg.): Das große Lexikon der Musik. Band 8: Štich – Zylis-Gara. Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 1982, ISBN 3-451-18058-8.
↑Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York / London / Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 39.
↑François-Joseph Fétis: Biographie Universelle des musiciens et bibliographie générale de la musique. Paris 1867, Band 8, S. 292
↑Frank Koonce: The Renaissance Vihuela & Guitar in Sixteenth-Century Spain, Mel Bay, Pacific 2008, Seite 105
↑Frank Koonce: The Renaissance Vihuela & Guitar in Sixteenth-Century Spain, Mel Bay, Pacific 2008, Seite 105
↑Maurice Esses: Dance and Instrumental Diferencias. In: Spain during the 17th and early 18th Centuries, Volume 1, Pendragon, Hillsdale 1992, Seite 314