Der Erlenmeyerkolben (Synonym Schüttelkolben) ist ein Kolben mit einem flachen Boden, der nach oben hin in einer Kegelform immer enger wird und einen zylindrischen Hals besitzt. Er wurde 1860 vom deutschen Chemiker Emil Erlenmeyer entwickelt.[1]
Die Glasgefäße werden als Laborgerät genutzt. Im Laborgebrauch existieren verschiedene Ausführungen des Erlenmeyerkolbens, die Enghals- (DIN 12380/ISO 1773) und die Weithals-Form (DIN 12385) mit Bördelrand und Teilung und je nach Anwendung auch Kolben mit Normschliff (DIN EN ISO 4797), z. B. auch für Zerstäuber oder Iodzahlkolben ohne und mit Kragen.
Durch den sich verjüngenden Hals ist die Gefahr, dass Flüssigkeiten bei Zugabe von Substanzen, beim Schwenken, Rühren oder Sieden unkontrolliert aus dem Kolben entweichen, deutlich kleiner als bei Bechergläsern.
So können im Erlenmeyerkolben bequem z. B. Flüssigkeiten vermischt oder Lösungsvorgänge durch – auch relativ heftiges – Schwenken oder Rühren beschleunigt werden. Er eignet sich wie der Rundkolben auch gut für den Magnetrührer, kann aber wegen seines flachen Bodens direkt abgestellt werden. (Der Rundkolben hingegen benötigt einen Korkring oder ein Stativ für den festen Stand, letzteres macht ein Schwenken mit der Hand oder ein häufiges Prüfen durch Halten ins Gegenlicht umständlicher.)
Dünnwandige Erlenmeyerkolben dürfen nicht einem Vakuum ausgesetzt werden, da wegen des flachen Bodens Implosionsgefahr besteht. Eine dickwandige Sonderform des Erlenmeyerkolbens ist die Saugflasche.
Erlenmeyerkolben werden vorwiegend aus Glas (heute überwiegend Borosilikatglas) gefertigt, manchmal auch aus verschiedenen Kunststoffen wie Polycarbonat, Polyethylenterephthalat-Copolyester (PETG), Polymethylpenten, Polypropylen oder Polytetrafluorethylen (PTFE). Traditionell werden Erlenmeyerkolben zur Verhinderung von Kontaminationen mit Stopfen verschlossen, es gibt jedoch auch Modelle mit Schraubverschluss. Die Volumina reichen von 25 bis 10.000 ml. Glaskolben sind chemisch beständig gegen Lösungsmittel, starke Säuren oder mäßig alkalische Lösungen und können einfach gereinigt und sterilisiert sowie autoklaviert werden, so dass sie mehrfach verwendet werden können. Kunststoff-Kolben sind je nach verwendetem Material bedingt lösungsmittelresistent sowie eingeschränkt autoklavierbar und werden in der Regel als Einwegprodukt angeboten.
Je nach Größe der Öffnung, im Verhältnis zum Gefäß, kann zwischen enghalsigen und weithalsigen Erlenmeyerkolben unterschieden werden.
Weithalsige Erlenmeyerkolben wurden früher auch als Maulaffen bezeichnet.[2]
Es gibt mehrere Normen, die sich mit Erlenmeyerkolben befassen:
Folgende Größen sind in den Normen beschrieben:
Nennvolumen ml |
Größter äußerer Durchmesser mm |
Äußerer Halsdurchmesser mm |
Gesamthöhe mm |
Wanddicke (min.) mm |
---|---|---|---|---|
25 | 42 ± 1 | 22 ± 1 | 75 ± 3 | 0,8 |
50 | 51 ± 1 | 22 ± 1 | 90 ± 3 | 0,8 |
100 | 64 ± 1,5 | 22 ± 1 | 105 ± 3 | 0,8 |
250 | 85 ± 2 | 34 ± 1,5 | 145 ± 3 | 0,9 |
500 | 105 ± 2 | 34 ± 1,5 | 180 ± 4 | 0,9 |
1000 | 131 ± 3 | 42 ± 2 | 220 ± 4 | 1,3 |
2000 | 166 ± 3 | 50 ± 2 | 280 ± 4 | 1,5 |
3000 | 187 ± 3 | 50 ± 2 | 310 ± 5 | 1,8 |
5000 | 220 ± 3 | 50 ± 2 | 365 ± 5 | 1,8 |
Nennvolumen ml |
Größter äußerer Durchmesser mm |
Äußerer Halsdurchmesser mm |
Gesamthöhe mm |
Wanddicke (min. / max.) mm |
---|---|---|---|---|
50 | 51 ± 1 | 34 ± 1,5 | 85 ± 3 | 0,8 / 2,5 |
100 | 64 ± 1,5 | 34 ± 1,5 | 105 ± 3 | 0,8 / 2,5 |
250 | 85 ± 2 | 50 ± 2 | 140 ± 3 | 09 / 3,3 |
500 | 105 ± 2 | 50 ± 2 | 175 ± 4 | 09 / 3,3 |
1000 | 131 ± 3 | 50 ± 2 | 220 ± 4 | 1,3 / 3,6 |
Nennvolumen ml |
Reihe 1 | Reihe 2 | ||
---|---|---|---|---|
Gesamthöhe mm |
Schliffgröße NS |
Nominale Gesamthöhe mm |
Schliffgröße NS | |
10 | 60 ± 3 | 14/23 | --- | --- |
25 | 70 ± 3 | 14/23 19/26 |
70 | 14/23 19/26 |
50 | 85 ± 3 | 14/23 19/26 |
85 | 14/23 19/26 24/29 29/32 |
100 | 100 ± 6 | 14/23 19/26 24/29 29/32 |
105 | 14/23 19/26 24/29 29/32 |
250 | 140 ± 6 | 19/26 24/29 29/32 |
135 | 19/26 24/29 29/32 34/35 |
500 | 175 ± 6 | 19/26 24/29 29/32 |
170 | 19/26 24/29 29/32 34/35 |
1000 | 220 ± 7 | 24/29 29/32 34/35 |
210 | 24/29 29/32 34/35 |
2000 | 270 ± 7 | 24/29 29/32 34/35 |
275 | 24/29 29/32 34/35 |
3000 | --- | --- | 310 | 34/35 45/40 |
5000 | --- | --- | 365 | 34/35 45/40 |
Die ausreichende Versorgung einer Flüssigkultur mit Sauerstoff sowie ein pH-Optimum sind Grundvoraussetzung für alle zellulären Prozesse. Die Sauerstoffkonzentration in Flüssigmedien ist abhängig von der Menge an im Medium gelöstem Sauerstoff, von der Sauerstoffmenge in der Gasphase oberhalb des Kulturmediums sowie von der Menge an Gasblasen im Medium. Dabei ist für die Effizienz des Sauerstoffeintrages (volumenbezogener Stoffübergangskoeffizient, Synonym kLa-Wert) in das Kultivierungsgefäß auch die Größe der Gasblasen, welche durch Durchmischungsbewegungen entstehen, von entscheidender Bedeutung.[5] Zur Reduzierung der Schaumbildung werden in gerührten Bioreaktoren z. T. Antischaummittel zugesetzt, welche zu einer erheblichen Absenkung des kLa-Wertes führen.[5][6] Traditionelle Stopfen und die Länge des Kolbenhalses reduzieren die Versorgung der Flüssigkultur mit Sauerstoff ebenfalls.[7][8] Im Gegensatz dazu erhöhen Erlenmeyerkolben mit Schikanen sowohl die Durchmischung der Flüssigkeit als auch die für den Sauerstofftransfer verfügbare Oberfläche an der Luft-Flüssigkeits-Grenze und führen somit zu einer besseren Gasversorgung der Zellen.[8]
Die Überwachung der Sauerstoffversorgung und anderer physikochemischer Umgebungsparameter (z. B. pH-Wert, Konzentration an gelöstem Kohlenstoffdioxid) in Schüttelkolben ist vor allem in der Bioprozesstechnik bedeutend, um die Lebensbedingungen in der Flüssigkultur konstant zu halten. Neben klassischen chemischen und elektrochemischen Verfahren zur Bestimmung der Sauerstoffkonzentration kommen heute vermehrt Lumineszenz-basierte Techniken zum Einsatz. Vorteil dieser optischen Messmethoden ist, dass kein Sauerstoff im Medium verbraucht wird, die Messung unabhängig vom pH-Wert und der Ionenstärke ist[9] und sogar mehrere Stoffwechselparameter unter aseptischen Bedingungen ohne Probennahme parallel bestimmt werden können.[10] Durch diese Online-Kontrolle können bei Flüssigkulturen kritische Prozessparameterkonzentrationen rechtzeitig erkannt und durch Medienwechsel oder Weiterverarbeitung der Kultur behoben werden.
Für eine gute Belüftung und Durchmischung der Flüssigkultur ist weiterhin die Rotation der Flüssigkeit „in Phase“ wichtig, d. h. die synchrone Bewegung mit der Schüttelbewegung des Tablars. Die geschüttelte Kultur kann unter bestimmten Bedingungen „außer Phase“ (engl. out of phase phenomenon) geraten. Dabei schwappt die Flüssigkeit unkontrolliert am Boden des Kolbens, was eine schlechte Durchmischung, einen reduzierten Gas-Flüssigkeits-Stofftransfer sowie einen reduzierten Leistungseintrag zur Folge hat. Hauptfaktor für das „außer Phase geraten“ einer Flüssigkultur ist die Viskosität des Mediums. Aber auch kleine Schütteldurchmesser, geringe Füllstände und viele und/oder große Schikanen begünstigen die Zustandsänderung.[11][12][13]