Fernando Sor(s) wurde 1778 oder 1780 in Barcelona geboren. Als 1790 sein Vater starb, hatte die Familie kein Geld mehr für die Fortsetzung des Musikunterrichts von Fernando. Im Jahr darauf aber konnte ihn seine Mutter in der Klosterschule Montserrat unterbringen, die kostenlos war und in der vor allem Musik unterrichtet wurde. 1795 verließ Sor die Schule und begann in Barcelona eine militärische Laufbahn; er besuchte vier Jahre lang die Armeeschule, die ihm sehr gut gefiel.
Im Jahr 1796 schrieb er seine ersten Gitarrenstücke. Seine erste Oper Il Telemaco nell’ isola di Calipso entstand 1797, insgesamt wurden in Barcelona 15 Vorstellungen im Gran Teatre del Liceu gegeben. 1802 übernahm Sor einen Posten als Gutsverwalter in Barcelona, 1804 erhielt er einen königlichen Verwaltungsposten in Andalusien; um diese Zeit erwarb er wahrscheinlich seine Gitarre von Fernando Rada. 1809 leistete Sor einen Eid auf den Bruder von Napoleon Bonaparte, der zu der Zeit als Joseph I. König von Spanien war. Infolgedessen wurde er Polizeihauptkommissar der andalusischen Provinz Jerez. 1813 mussten die Franzosen Spanien verlassen. Sor folgte ihnen als sogenannter Afrancesado nach Paris und kehrte nie in seine Heimat zurück. Er übersiedelte nach London und war dort als Gitarrist und Komponist von Ballettmusik und Werken für Orchester, Klavier, Gesang und Gitarre sehr erfolgreich. Sein zu Lebzeiten größter Erfolg war das 1822 im King’s Theatre uraufgeführte Ballett Cendrillon(Aschenbrödel). 1823 übersiedelte Sor nach Moskau. Dort wurde am 6. Januar 1825 u. a. mit Sors Ballett Cendrillon das neue Bolschoi-Theater eröffnet. Außerdem komponierte er zur Krönung des Zaren Nikolaus I. das Ballett Hercules et Omphale und für die Totenfeier Zar Alexanders in St. Petersburg einen Trauermarsch. Im Herbst 1826 kehrte Sor nach Paris zurück. In Frankreich konnte Sor als Gitarrist und Komponist bald Fuß fassen, zumal sein Verleger und Landsmann Salvador Castro bereits kleinere Gitarrenstücke im Journal de musique étrangère pour la Guitare veröffentlicht hatte. In Paris veröffentlichte Sor dann sein bereits 1814 in Auftrag gegebenes Opus 48 und 1830 seine Méthode pour la Guitare.[1]
1839 starb Sor in Paris nach langer Krankheit an Zungenkrebs. Sein Grab liegt auf dem Cimetière de Montmartre. Zu seinem Freundeskreis gehörten Dionisio Aguado, den er in Madrid[2] kennengelernt hatte, und Napoleon Coste, mit denen er mehrmals gemeinsam auftrat.
Er wurde als „Schubert der Gitarre“, „Beethoven der Gitarre“ oder „Mendelssohn der Guitarre“[3] bezeichnet. 1902 veröffentlichte Franz Sprenzinger eine auf einem Text von Ernest Shand basierende Kurz-Biographie, die mit den Worten beginnt: „Ein Riese unter den Guitarristen aller Zeiten, wenn nicht der grösste überhaupt, war Ferdinand Sor.“[4]
Verheiratet war Sor mit der französischen Balletttänzerin Félicité Hullen. Aus der Ehe ging eine Tochter, Caroline, hervor, die aber bereits im Jahr 1837 starb.[5]
Seit Februar 1980 ist auf seinem Grab auf dem Friedhof von Montmartre eine von Angel Peres geschaffene Statue aufgestellt.[6]
Op. 9: Introduzione e variazioni su l’aria „O cara armonia“ (deutsch „Das klinget so herrlich“) (Variationen über ein Thema von Mozart aus Die Zauberflöte), London 1821
Op. 10: Troisième Fantaisie
Op. 11: Deux thèmes variés et douze menuets (2 variierte Themen und 12 Menuette)
Op. 12: Quatrième Fantaisie
Op. 13: Six Divertimentos
Op. 14: Sonata Grand Solo
Op. 15(a): Folies d'Espagne & Minuet
Op. 15(b): Sonata
Op. 15(c): Thème varié
Op. 16: Variations on Nel cor più non mi sento
Op. 17: Six Waltzes („Sechs Walzer“)
Op. 18: Six Waltzes
Op. 19: Six airs from The Magic Flute
Op. 20: Theme and Variations
Op. 21: Les Adieux
Op. 22: Grande Sonata
Op. 23: Fifth Divertissement
Op. 24: Huit petites pièces
Op. 25: Seconda Grande Sonata
Op. 26: Introduzione e variazioni (Variationen über Que ne suis-je la fougère)
Op. 27: Variations on Gentil housard
Op. 28: Introduzione e variazioni (Variationen über Malbroug (französisches Volkslied Malbrough s’en va-t-en guerre))
Op. 29: Twelve Studies
Op. 30: Septiéme Fantaisie et Variations Brillantes sur deux Airs Favoris connus (Erstveröffentlichung 1828)[7]
In dem Roman Senyoria des katalanischen Autors Jaume Cabré spielt Fernando Sor (dort unter dem Namen Nando Sorts) eine wichtige Rolle als Freund eines der Protagonisten.
Wolf Moser: Fernando Sor. Versuch einer Autobiographie und gitarristische Schriften. Verlag Gitarre & Laute, Köln 1984, ISBN 978-3-88583-004-7; 2., erweiterte und neubearbeitete Auflage (unter dem Titel Ich, Fernando Sor …) Edition Saint-Georges, Lyon 2005, ISBN 3-00-015274-1.
Fernando Sor: Sor. In: Encylopédie Pittoresque de la Musique. Hrsg. von A. Ledhuy und H. Bertini, Paris 1835; übersetzt und herausgegeben von Wolf Moser als: Sammlung historischer Quellen: Sor. In: Gitarre & Laute. Band 1, 1979, Heft 2, S. 27–28, Heft 3, S. 18–20, Heft 4, S. 14–15, Heft 5, S. 26–27, Heft 6, S. 16–27; Band 2, 1980, Heft 1, S. 24–26, Heft 2, S. 23–25.
Franz Sprenzinger: Ferdinand Sor. Der Guitarrefreund: Mitteilungen des Int. Guitarristen-Verbandes, 3. Jg., H. 3, 1902, S. 33–34 (Digitalisat in Boijes Samling)
Bernard Piris: Fernando Sor, une guitare à l’orée du romantisme. Editions Aubier, 1989.
Brian Jeffery: Fernando Sor: Composer and Guitarist. Tecla Edition, London 1977.
Brian Jeffery (Hrsg.): Fernando Sor: The Complete Works for Guitar in Facsimiles of the Original Editions. London 1982.
Opera Omnia For The Spanish Guitar, (Volume V, VIII, IX) by Fernando Sor. Critical edition by Mijndert Jape with assistance of Marie-Helene Habets. Van Teeseling, Nijmegen 1985 ff.
Fernando Sor: Méthode pour la Guitare. Paris 1830
Method for the Spanish Guitar. Übersetzt von Arnold Merrick. London 1832; Faksimile-Ausgabe: Da Capo Press, New York 1971.
↑Wolf Moser: „Ich glaube, der Tag kommt, wo die Gitarrenschüler ihre Vorstellungen nach korrekter Musik ausbilden …“. Ein Interview mit Fernando Sor. In: Gitarre & Laute. Band 6, 1984, Heft 5, S. 37–41; hier: S. 37–38.
↑Wolf Moser: Fernando Sor und seine „Méthode pour la Guitare“. In: Gitarre & Laute. Band 1, 1979, Nr. 1, S. 26–32; hier: S. 26 und 30.