Franzobel wuchs in Pichlwang in einer oberösterreichischen Industriesiedlung auf. Familiär stammt er aus dem Arbeiter- bzw. Handwerkermilieu: Der Vater arbeitete im Chemiewerk, der Großvater betrieb ein Tapeziergeschäft und der Urgroßvater war Bierausfahrer. Franzobel absolvierte die Höhere Technische Lehranstalt für Maschinenbau in Vöcklabruck und wollte anfänglich Erfinder werden oder Welthandel studieren. Jedoch studierte er von 1986 bis 1994 schließlich Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Nebenbei arbeitet er 1987 bis 1992 als Komparse am Wiener Burgtheater und ist unter dem Pseudonym „Franz Zobl“ bis 1991 als bildender Künstler tätig.[1] Daneben war er als bildender Künstler aktiv, wobei er es schaffte, mehrere kleine Ausstellungen seiner Bilder in Kaffeehäusern auf die Beine zu stellen. Das Studium schloss er mit einer Diplomarbeit über Visuelle Poesie ab.[2] Schon während seines Studiums lernte Franzobel einige Schriftsteller kennen und begann auch selbst mit dem Schreiben, seit 1989 ist er freier Schriftsteller. Sein erster großer Preis für sein literarisches Wirken war der Ingeborg-Bachmann-Preis, welchen er 1995 gewinnen konnte. Er ist außerdem der erste Preisträger des Arthur-Schnitzler-Preises, der seit 2002 vergeben wird. Zurzeit lebt er in Wien, Pichlwang, Buenos Aires und Orth an der Donau.
In einem Standard-Interview 2004 erklärte Franzobel, dass es zahlreiche Legenden über die Herkunft seines Künstlernamens gebe. Gemäß einer stamme der Name von einer Fußballübertragung im Fernsehen (Frankreich gegen Belgien), bei der ihm die Bildmarke „FRAN 2:0 BEL“ ins Auge gestochen sei, die er als „Franzobel“ gelesen habe.[3] In einem 2021 erschienenen Artikel in der Presse stellte der Dichter klar, dass dies Unsinn ist, und erklärte, der Name sei eine Kombination aus dem Vornamen seines Vaters, Franz, und dem Geburtsnamen seiner Mutter, Zobl.[4][5]
Franzobel hat einen Sohn, geb. 1998, mit der bildenden Künstlerin Carla Degenhardt. Im April 2010 wurde er ein zweites Mal Vater – Mutter ist seine Ehefrau und künstlerische Partnerin, die Schauspielerin Maxi Blaha.[6] Maxi Blaha und Franzobel leben jedoch seit 2018 getrennt.[7]
Im März 2022 schrieb er einen Gastbeitrag im Standard über den Russischen Überfall auf die Ukraine 2022. Er riet der Ukraine sich zu ergeben und schrieb: „Gegenwärtig sind es testosteronschäumende Söldner, die ihre Kriegsphantasien ausleben wollen. Paintballerprobte Köche, Banker, Familienväter, aber auch die bärtigen Ferdln des grimmig dreinschauenden Tschetschenen-Waldschrats (. . .). Gut, mag man denken, sollen sich diese Reserve-Rambos gegenseitig das Restgehirn wegpusten.“[8] Der Beitrag rief ein mediales Echo hervor. Der Autor und Journalist Martin Pollack nannte den Beitrag von Franzobel im Falter „schändlich und dumm.“ Er bezeichnete Franzobel als „Apologet eines skrupellosen Diktators und Schlächters“.[9] Der Literaturkritiker Paul Jandl schrieb in der NZZ, Franzobel „hielte besser den Mund“ und attestierte ihm „historische Ahnungslosigkeit“.[10]
Neben seiner literarischen Tätigkeit (er publiziert im Eigenverlag, in Kleinverlagen und innerhalb von Mail-Art-Projekten) arbeitete Franzobel als Maler (Concept Art bis 1992). Er hat zahlreiche Theaterstücke, Prosatexte und Lyrik veröffentlicht, die in der Spannung zwischen Strukturen und Experiment stehen. So arbeitete er beispielsweise mit automatisierter Übersetzung, unter anderem im Periodikum Rampe. Seine großen Romane sind dagegen eine Mischung aus phantastischem Realismus, Sprachspiel und Wiener Volksstück. Franzobel stellt „seine Welt“ als skurril, voller Humor und Anspielungen auf die Zeitgeschichte dar.
Sein Werk ist von den Dadaisten, der Wiener Gruppe und Heimito von Doderer beeinflusst. Selbst hat er sich einmal als „literarischen Aktionisten“ bezeichnet, der vor allem das Konzept des Individualanarchismus verfolgt. Er schreibt auch für Kinder, z. B. das Bilderbuch Schmetterling Fetterling (2004) und das Theaterstück Moni und der Monsteraffe (2006). Letzteres wird seit Oktober 2006 im Kabarett Niedermair gespielt. Von 1994 bis 1998 betreute er den Kleinverlag Edition ch.
Franzobel ist Anhänger des Fußballklubs SK Rapid Wien. Über seine Fußballleidenschaft erschien 2006 ein Erzählband mit dem Titel Der Schwalbenkönig. Franzobel nahm an der ORF-Fußballshow „Das Match“ teil, wurde aber in der zweiten Folge (als erster von drei Mitspielern) von der Mannschaft aus dem Team gewählt.
In seinem Theaterstück von 2010 über Bertha Pappenheim (1859–1936), eine Patientin von Sigmund Freud und Josef Breuer, interessierte ihn, „ob die Hysterie tatsächlich stattgefunden hat“ oder ob Pappenheim als junge Frau nur in ihren Arzt Josef Breuer verliebt war. Pappenheim gilt als die erste psychoanalytische Patientin überhaupt. Das Stück Die Pappenheimer oder das O der Anna O hatte am 4. Oktober 2010 am Schauspielhaus Wien seine Uraufführung unter der Regie von Jan-Christoph Gockel.[11]
Franzobel, der sich als „Querdenker“ sieht, setzt sich auch mit aktuellen Fragen der Wissenschaft auseinander, so etwa in seinem 2011 publizierten Buch LHC.
Seine Theaterstücke wurden unter anderem in Mexiko, Argentinien, Chile, Dänemark, Frankreich, Polen, Rumänien, der Ukraine, Italien, Russland und den USA gezeigt. Übersetzungen liegen bislang in 23 Sprachen vor.
Sein Satire-Kriminalroman Groschens Grab (2015)[12] wurde in der Bearbeitung von Susanne Hoffmann zum Hörspiel Groschens Grab – Ein Wiener Herbstkrimi.[13]
Die Krautflut. Erzählung. Nachw.: Thomas Eder. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995.
Schinkensünden. Ein Katalog. Ritter, Klagenfurt 1996.
mit Christian Steinbacher: Unter Binsen. edition gegensätze, Graz 1996.
Linz. Eine Obsession. Janus Press, München, Berlin 1996.
Der Trottelkongreß. Commedia dell’pape. Ein minimalistischer Heimatroman. Ritter, Klagenfurt/Wien 1998.
Böselkraut und Ferdinand. Ein Bestseller von Karol Alois. Zsolnay, Wien 1998.
Das öffentliche Ärgernis. Proklitikon. & Masche und Scham. Die Germanistenfalle – eine Durchführung. Edition Selene, Wien 1998.
Met ana oanders schwoarzn Tintn. Dulli-Dialektgedichte. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 1999, ISBN 3-85252-305-2. (In Anspielung auf H. C. Artmann)
Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt. Roman. Zsolnay, Wien 2000.
Volksoper – Olympia. 2 Stücke. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2000, ISBN 3-85252-336-2.
Austrian Psycho oder Der Rabiat Hödlmoser. Ein Trashroman in memoriam Franz Fuchs. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2001, ISBN 3-85252-414-8.
Mayerling. Die österreichische Tragödie. Stück, Materialien, Collagen. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2002, ISBN 978-3-85165-514-8.
Lusthaus oder Die Schule der Gemeinheit. Roman. Zsolnay, Wien 2002.
Mundial. Gebete an den Fußballgott. Droschl, Graz/Wien 2002.
Scala Santa oder Josefine Wurzenbachers Höhepunkt. Piper 2002.
Mozarts Vision. Stück, Materialien, Collagen. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2003, ISBN 978-3-85165-611-4.
Luna Park. Vergnügungsgedichte. Zsolnay, Wien 2003.
Totentanz (Druck der Quetsche 45). Mit farbig hinterlegten Lithografien von Helge Leiberg. Verlag für Buchkunst, Witzwort 2003 (erschienen in drei verschiedenen Ausgaben).
Zirkusblut oder Ein Austrian-Psycho-Trashkrimi, zweiter Teil. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2004, ISBN 3-85252-584-5.
Über die Sprache im sportiven Zeitalter. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2004, ISBN 3-902416-04-1.
Wir wollen den Messias jetzt oder Die beschleunigte Familie. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2005, ISBN 978-3-85165-707-4.
mit Franz Novotny, Gustav Ernst: Filz oder ein Wirtschafts-Flip-Fop-Schmierfilm mit Blutsauger-Blues und Lucky-Strike-Fondue aus dem Land der Bawagbabas, auch EXIT III genannt. Ritter, Klagenfurt 2009, ISBN 978-3-85415-449-5.
Moser oder Die Passion des Wochenend-Wohnzimmergottes. Passagen Verlag, Wien 2010, ISBN 978-3-85165-831-6.
Romeo und Julia in Purkersdorf. Drei Volksstücke. Passagen Verlag, Wien 2011, ISBN 978-3-85165-990-0.
Der Boxer oder Die Zweite Luft des Hans Orsolics. Passagen Verlag, Wien 2011, ISBN 978-3-85165-989-4.
Hirschen oder die Errettung Österreichs. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2011, ISBN 978-3-85252-997-4.
Prinzessin Eisenherz. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2011, ISBN 978-3-902416-91-9.
Faust. Der Wiener Teil. Ein Lustspiel. Passagen Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-7092-0045-2.
Was die Männer so treiben, wenn die Frauen im Badezimmer sind. Zsolnay, Wien 2012.
Yedermann. Oder der Tod steht ihm gut. Passagen Verlag, Wien 2013, ISBN 978-3-7092-0089-6.
Steak für alle. Der neue Fleischtourismus. mikrotext, Berlin 2013, ISBN 978-3-944543-03-1.
Adpfent. Ein Kindlein brennt. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2013, ISBN 978-3-99028-282-3.
Die Zauberflöte. Nach dem Libretto von Emanuel Schikaneder ediert und mit wohltemperierten Frechheiten moduliert. Illustriert von Petrus Akkordeon, Edition Melos, Wien 2022, ISBN 978-3-9505384-2-7.
Inge Arteel: Die Erschöpfung des Subversiven. In: Sepp, Arvi, Gunther Martens (Hrsg.): Gegen den Strich: Das Subversive in der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Lit-Verlag, Berlin 2017, S. 195–208.
Alexander Košenina: Roman und Gemälde als,allégorie réelle'. Menschenexperiment in Franzobels und Géricaults Floß der Medusa. In: Zeitschrift für interkulturelle Germanistik, 9, 2018, S. 105–117.
David-Christopher Assmann: Autonomie oder Verderben? Literaturbetrieb (in) der österreichischen Literatur nach 2000. In: Michael Boehringer, Susanne Hochreiter (Hrsg.): Zeitenwende. Österreichische Literatur seit dem Millennium: 2000–2010. Praesens, Wien 2011, S. 82–101. (u. a. zu Franzobel, „Shooting Star“)
Andrea Bartl: Erstochen, erschlagen, verleumdet. Über den Umgang mit Rezensenten in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur – am Beispiel von Martin Walsers „Tod eines Kritikers“, Bodo Kirchhoffs „Schundroman“ und Franzobels „Shooting Star“. In: Weimarer Beiträge. Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften, 50, 2004, Nr. 4, S. 485–514.
Günther A. Höfler: Sprachwitz und Abgrund. Franzobels Prosawelt. In: Zagreber Germanistische Beiträge, 16/2007, S. 97–110.
Bettina Rabelhofer: Der Hunger nach Wahnsinn. Zur Subkultur des psychopathologischen Unterschlupfs: Franzobel, Soria, Hochgatterer. In: Friedbert Aspetsberger, Gerda E. Moser (Hrsg.): Leiden … Genießen. Zu Lebensformen und -kulissen in der Gegenwartsliteratur. StudienVerlag, Innsbruck-Wien-Bozen 2005, ISBN 3-7065-4167-X, S. 164–182.
Wendelin Schmidt-Dengler: „Ich bin meine eigene Inflation“. Franzobels Beitrag zur Physiognomie der neuesten Literatur aus Österreich. In: Literaturen, 2002, Nr. 11, S. 78–80.
Andreas Herzog: „Gaumenfreuden: Gespräch mit Franzobel“. In: Neue deutsche Literatur, 1997, H. 2, S. 11–21.
Bücher
Barbara Falter: Franzobel französisch? Eine Untersuchung literarischer und szenischer Übersetzungsprozesse unter besonderer Berücksichtigung der komischen Elemente. Diplomarbeit. Universität Wien, 2009.
Andreas Freinschlag: Kynisch-komische Chaosmologie. Eine literaturgeschichtliche Ahnenforschung zu Franzobels Roman „Scala Santa“. Edition Praesens, Wien 2005, ISBN 3-7069-0310-5.
Sibylla Haindl: Das Groteske als Strukturprinzip in Franzobels Roman „Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt“. Diplomarbeit. Universität Wien, 2007. (Online-Version (Memento vom 7. Oktober 2009 im Internet Archive), PDF-Datei).
Daniela Kirschstein und Johann Georg Lughofer (Hrsg.): Franzobel. Interpretationen, Kommentare, Didaktisierungen. Internationale Lyriktage der Germanistik Ljubljana, Bd. 7, Wien 2018.
Notburga Leeb: Aspekte der Dialogizität in Franzobels „Die Musenpresse“. Diplomarbeit. Universität Wien, 2005.
Alexander Sedlnitzky: Zur Funktion des Humors in den Kinderbüchern Franzobels. Diplomarbeit. Universität Stettin (Uniwersytet Szczeciński), 2020.