Dieser Artikel beschreibt den Stadtteil Buer von Gelsenkirchen. Zur Stadt Gelsenkirchen-Buer (1928–1930) siehe Gelsenkirchen. Zur Stadt Buer (bis 1928) siehe Buer (Westfalen).
Der Stadtteil Buer führt den Namen der 1911 gegründeten ehemaligen Stadt Buer, die 1928 – zusammen mit Horst – mit Gelsenkirchen vereinigt wurde (bis Mai 1930 hieß die vereinigte Stadt Gelsenkirchen-Buer, dann Gelsenkirchen). Der heutige Stadtteil nimmt nur das Kerngebiet der vormaligen Stadt Buer ein (der Umkreis des alten Dorfes einschließlich der Gebiete der ehemaligen Bauerschaften Löchter, Bülse und Heege). Das ehemalige Stadtgebiet von Buer war wesentlich größer und umfasste alle nördlich der Emscher liegenden heutigen Stadtteile Gelsenkirchens mit Ausnahme von Horst. Die drei Stadtbezirke Gelsenkirchen-Nord, Gelsenkirchen-West und Gelsenkirchen-Ost, die von den acht heutigen Stadtteilen nördlich der Emscher inklusive Horst gebildet werden und historisch großteils zu Buer gehörten, stellen etwas mehr als die Hälfte der Einwohner Gelsenkirchens. Immer noch wird Buer in der Bevölkerung teilweise als eine nach Lokalkolorit „eigenständige Altgemeinde“ angesehen. Diese Abgrenzung äußert sich neben der geographischen Lage und den historischen Gegebenheiten in der Größe des Ortszentrums und der im Verhältnis zur Gesamtstadt vorliegenden Häufung gehobener Wohnlagen.
Bis zum Jahre 1928 war Buer als „Freiheit“ (ab 1448) und als Stadt „Buer in Westfalen“ (ab 1911) selbständig. Während die Grenzen des Buerschen Gebiets bis Mitte des 19. Jahrhunderts ständig wanderten, kann Anfang des 20. Jahrhunderts die Lage der damaligen Stadt Buer inklusive Amt Horst wie folgt beschrieben werden: Im Süden grenzt sie an die kreisfreien StädteHerne und Essen. Der Rhein-Herne-Kanal grenzte im Süden die Stadt Buer von der Stadt Gelsenkirchen ab. Im Norden grenzt sie an die Städte des Kreises RecklinghausenDorsten, Marl bzw. Polsum und Herten bzw. Westerholt. Im Westen an Gladbeck und Bottrop-Kirchhellen.
Angemerkt sei, dass „Buer in Westfalen“ bzw. das Amt Buer die heutigen Gelsenkirchener Stadtteile Scholven inklusive Bülse, Hassel, Beckhausen inklusive Schaffrath und Sutum, Resse, Resser Mark und Erle beinhaltet hat.
Dem Stadtteil Gelsenkirchen-Buer sind folgende Gelsenkirchener Stadtteile benachbart: Im Norden Scholven, Hassel sowie im Westen Angrenzung an die Stadt Gladbeck im Kreis Recklinghausen; im Osten die Stadtteile Resse und Erle sowie Angrenzung an den Hertener Stadtteil Westerholt; im Süden Beckhausen.
Buer liegt im Grünen und ist unter anderem umgeben von Ackerland und kleineren Waldgebieten. Es beinhaltet mehrere Grünzonen und Parkanlagen mit Teichen und Seen wie Schloss Berge, Berger See, Lohmühlenteich, Hülser Heide, Löchterheide, Stadtwald, Gebiet des ehemaligen Löwenparks oder den Zentralfriedhof Buer-Mitte an der Haunerfeld- und Ortbeckstraße bzw. den Alten Friedhof an der Mühlenstraße sowie mehrere Kleingärten- und Sportanlagen. Ebenfalls ein Naherholungsgebiet ist die begrünte und bepflanzte Abraumhalde Rungenberg der ehemaligen Zeche Hugo. Auf dem alten Friedhof an der Mühlenstraße wurde seit 2015 durch den Verein für Orts- und Heimatkunde GE-Buer e. V. ein Rhododendronpark angelegt.[1]
Mit Wirkung vom 1. April 1928 wurde die Stadt Buer mit dem Amt Horst und der kreisfreien Stadt Gelsenkirchen zur neuen kreisfreien Stadt Gelsenkirchen-Buer vereint.[3] 1929 gründete die Bergbau-Berufsgenossenschaft das Knappschaftskrankenhaus Bergmannsheil, das 2002 mit den Städtischen Kinderkliniken zur Bergmannsheil und Kinderklinik Buer fusionierte. Am 21. Mai 1930 wurde der Name der jungen Stadt in „Gelsenkirchen“ geändert.[3] Seither wird Buer als Stadtteil geführt, zunächst im Sinne der Ausdehnung der ehemaligen Stadt Buer. Im Zweiten Weltkrieg wurde der 100 m hohe Turm der Propsteikirche St. Urbanus von Bomben getroffen. Seitdem hat er ein Flachdach und ist nur noch etwa 50 m hoch.
Im Rahmen der Gebietsreform 1975 wurden alle kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen in Stadtbezirke unterteilt. Auf dem Gebiet der ehemaligen Stadt Buer entstanden die Stadtbezirke Gelsenkirchen-West, -Ost und insbesondere -Nord, mit dem Stadtteil Buer, der nur mehr den zentralen Stadtkern enthält.
Im Jahr 2003 wurde mit einer großen 1000-Jahr-Feier an die erste schriftliche Erwähnung von Buer erinnert.
Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen des Stadtteils Buer seit 2000; für die Entwicklung der Einwohnerzahlen des Gesamtgebietes der früheren Stadt Buer seit dem Jahr 1535 siehe hier.
Zur Zeit des Baus des Rathauses, 1906–1908, wurde das Lyzeum (Leibnizgymnasium) an der Breddestraße erbaut. Über dem Eingang befindet sich das schöne Relief der grünen Buerschen Linde, darüber das kurkölnische Kreuz, denn Buer gehörte früher zum Erzbistum Köln.
Die moderne evangelische Stephanuskirche an der Westerholter Straße sieht wie der Bug eines Schiffes aus. Sie wurde 1964 von dem Architekten Peter Grund entworfen, aber erst nach seinem Tod 1968–1970 ausgeführt. Die Inneneinrichtung und die abstrakten Betonglas-Fenster stammen von der Künstlerin Inge Vahle. Das kleinformatige Altarkreuz, eine blaugrundige Emaille-Arbeit, entstand nach Entwurf von Elisabeth Grund als Stiftung zum Andenken an ihren verstorbenen Mann. Die Kirche steht seit 2004 unter Denkmalschutz.[9]
Das Gebiet gehörte um 1000 zum Kloster Werden. Bereits 1160 wurde die Kirche Sankt Urbanus zur „Pfarrkirche“ ernannt. Die heutige Sankt-Urbanus-Kirche mit ihrem zunächst 100 Meter hohen Kirchturm wurde im Jahr 1893 erbaut. Der Turm wurde im Zweiten Weltkrieg bombardiert, so dass der heutige nur noch etwa 50 m hoch ist und seitdem ein Flachdach besitzt. Bereits zuvor waren verschiedene Vorgängerbauten im romanischen Stil (1302 Umbau im gotischen Stil) und nach einem Großbrand (1688) im frühen 18. Jahrhundert entstanden.
1955 erfolgte die Ernennung der Pfarrkirche Sankt Urbanus zur Propsteikirche. Der damalige Pfarrer von St. Urbanus, Theodor Lange (* 26. November 1905 in Dortmund, † 9. Februar 1984), trug als erster den Titel Propst. Sein damals noch in der Gemeinde im Ruhestand lebender Vorgänger Pfarrer Ernst Roosen (* 27. November 1883 in Essen-Altenessen, † 30. April 1958) wurde gleichzeitig zum Propst h. c. ernannt.
Ein eigenes Dekanat wurde 1915 in Buer gegründet. 1954 wurde es in Nord und Süd geteilt. Ab dem 1. Januar 1958 wurde das Dekanat Buer dem neu gegründeten Ruhrbistum Essen angegliedert.
Folgende Gemeinden wurde wegen der zunehmenden Zahl von katholischen Zuwanderern ins Ruhrgebiet Ende des 19. Jahrhunderts bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts und Mitte des 20. Jahrhunderts wegen des Zuzugs von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den vormals deutschen Ostgebieten und später aus der damaligen DDR direkt von der ursprünglichen Pfarrgemeinde Sankt Urbanus abgepfarrt:
Sankt Barbara (1892) in Erle, Tochtergemeinden: Sankt Konrad (1939), Sankt Ida (1948), Sankt Suitbert (1962), Sankt Bonifatius (1959)
Herz Jesu in Resse (1904), (Tochtergemeinde: Sankt Hedwig)
Liebfrauen in Beckhausen (1900), (Tochtergemeinde: Sankt Clemens in Sutum)
Sankt Michael in Hassel (1911), (Tochtergemeinden: Sankt Theresia in Hassel, Sankt Pius in Hassel)
Sankt Ludgerus (1915) (Tochtergemeinden: Heilig Geist (1964) in Schaffrath)
Christus König (1954) in Buer (Bergmannsglück)
Mariä Himmelfahrt (1954) in Buer
Wegen des Priestermangels in der deutschen katholischen Kirche, der schwindenden Zahl von Katholiken in Buer sowie infolge wirtschaftlicher Probleme des Bistums Essen wurden zwischen 2000 und 2004 einzelne Kirchengemeinden wieder zusammengelegt bzw. gingen Kooperationen ein:
Die Muttergemeinde Sankt Urbanus fusionierte im Jahr 2000 mit der Tochtergemeinde Christus König in Bergmannsglück
Im Jahre 2001 fusionierten die Erler Gemeinden Sankt Barbara, Sankt Bonifatius, Sankt Ida und Sankt Suitbert zur neuen Kirchengemeinde Sankt Barbara.
Die Pfarrgemeinden Liebfrauen (Beckhausen) und Sankt Clemens (Sutum) arbeiten zusammen. Liebfrauen wurde 2023 profaniert.
Weiterhin arbeiten die selbständigen Kirchengemeinden Buers, diese sind Propstei Sankt Urbanus, Mariä Himmelfahrt und Sankt Konradch.
Im Jahre 2004 fusionierte Sankt Ludgerus (Buer-Süd) mit Heilig Geist (Schaffrath) zur Kirchengemeinde Sankt Ludgerus mit Filialkirche Heilig Geist.
Die Pfarrgemeinde St. Urbanus ist durch die vom Bistum Essen im Rahmen seiner Strukturreform für 2008 beschlossenen und bereits am 19. August 2007 umgesetzten Fusion mit den Kirchengemeinden St. Mariä Himmelfahrt in Buer-Mitte, St. Konrad in Middelich, St. Pius in Hassel, Herz Jesu in Resse, St. Josef in Scholven, St. Ludgerus in Buer (Schließung als Kirche im Herbst 2023[10], Umbau zum Oldtimer-Museum)[11], Hl. Geist in Schaffrath, St. Barbara in Erle, St. Suitbert in Berger Feld, St. Ida in Resser Mark (abgerissen 2021),[12] Christus König in Bergmannsglück, St. Michael in Hassel, St. Theresia in Hassel, St. Hedwig in Resse und St. Bonifatius in Erle nach der Zahl ihrer Gemeindemitglieder größte katholische Pfarrgemeinde in Deutschland. Mit ihren ca. 40.000 Gemeindemitgliedern ist die neue Großgemeinde St. Urbanus größer als das Bistum Görlitz mit ca. 30.000 Katholiken.
Die damalige Gemeinde Buer bestand vorwiegend aus der katholischen Konfession. Erst mit dem Bergbau (ab 1873) und dem damit verbundenen Städtewachstum kamen andere Konfessionen hinzu. Am 4. Mai 1888 erstand die erste selbständige evangelische Kirchengemeinde Buers – die heutige Apostelkirche – an der Essener Straße (heute: Horster Straße). 1886 entstand die evangelische Gemeinde Erle-Middelich und der evangelische Pfarrverbund Horst-Buer wurde aufgelöst. 1906 entstand die evangelische Gemeinde Resse. 1911 wurde die evangelische Christuskirche Beckhausen an der Bergstraße gebaut. Von den genannten evangelischen Kirchen sind in einigen Stadtteilen bis in die 1960er Jahre noch Tochterkirchen entstanden.
Im Jahre 1922 wurde an der Maelostraße in Buer eine Synagoge errichtet, die in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde. An dieser Stelle entstand später ein städtisches Hallenbad. Einige Fundamente der Synagoge sind durch Pflastersteine sichtbar gemacht. Der Rest wird vom Hallenbad überdeckt. Außerdem erinnert ein großer, am 12. November 1992 errichteter Gedenkstein mit der Aufschrift „Mein Haus ist ein Haus der Gebete für alle Völker“ als Mahnmal an die Synagoge.[13]Auguste van Pels (1900–1945), Freundin der Familie Anne Franks, die sich zusammen mit den Franks in Amsterdam versteckte, wurde in Buer (seit 1928 Gelsenkirchen) geboren.[14]
Die muslimische Gemeinde in Gelsenkirchen-Buer wurde von Gastarbeitern der ersten Generation aus der Türkei und Nordafrika in den 1980er Jahren gegründet. Es gibt drei Moscheen, die von Vereinen finanziert werden.
Buersches Lesebuch – 1000 Jahre Buer 1003–2003. Hrsg. Verein für Orts- und Heimatkunde e. V. Gelsenkirchen-Buer, Gelsenkirchen 2002.
Beiträge zur Stadtgeschichte – 1000 Jahre Buer. Band XXIII, Verein für Orts- und Heimatkunde e. V. Gelsenkirchen-Buer, Gelsenkirchen 2003.
Kira Schmidt (Hrsg.): Kicker, Kumpel, Kohlrouladen – Ein Buersches Bergbau-Lesebuch. Verlag Beluga New Media, Gelsenkirchen 2006, ISBN 3-938152-10-9.
Dietmar Ahlemann: Die Herren von Buer – Eine westdeutsche Familiengeschichte vom Hochmittelalter bis in das 19. Jahrhundert. In: Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde e. V. (Hrsg.): Jahrbuch 2012, Band 274, Köln 2012, S. 213–300.
Karl Machtan: Die Geschichte derer von Buer. In: Beiträge zur Stadtgeschichte (Gelsenkirchen-Buer). Band 7, Gelsenkirchen-Buer 1973, S. 5–10.
↑ abStephanie Reekers: Die Gebietsentwicklung der Kreise und Gemeinden Westfalens 1817 – 1967. Aschendorff, Münster (Westfalen) 1977, ISBN 3-402-05875-8.