Der Erzeuger, Generator, infinitesimale Erzeuger oder infinitesimale Generator der Übergangshalbgruppe eines zeithomogenen Markow-Prozesses in stetiger Zeit ist ein Operator, welcher das stochastische Verhalten des Prozesses in infinitesimaler Zeit erfasst. Aufgrund der Markow-Eigenschaft und der zeitlichen Homogenität wird der Prozess unter bestimmten Voraussetzungen durch seinen infinitesimalen Erzeuger bestimmt bzw. generiert.
Gegeben sei ein zeithomogener Markow-Prozess
auf einem Zustandsraum
mit Übergangshalbgruppe
, das heißt für alle
ist
der entsprechende Übergangskern.
Ferner sei
der Raum der beschränkten, borelmessbaren Funktionen
,
dann kann jeder Übergangskern als Abbildung
aufgefasst werden.
Der infinitesimale Erzeuger
des Prozesses ist der Operator mit Definitionsbereich
,
der für alle
gegeben ist durch
.
Ausführlich bedeutet das, dass für alle
gilt
![{\displaystyle Af(x)=\lim _{t\downarrow 0}{\frac {P^{t}f(x)-f(x)}{t}}=\lim _{t\downarrow 0}{\frac {\operatorname {E} _{x}[f(M_{t})]-f(x)}{t}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/1be58c7d334815660703360a6445c2a8382fe512)
mit
.
Dabei bezeichnet
die Verteilung von
und
den Erwartungswert bedingt auf den Startwert
.
Sei
ein zeitlich homogener Markow-Prozess mit kontinuierlicher Zeit, diskretem Zustandsraum
und Übergangshalbgruppe
mit Übergangsmatrix
für alle
.
Die Übergangsfunktion bzw. Übergangsmatrizen
bilden wegen der Chapman-Kolmogorow-Gleichungen eine Halbgruppe. Sie können wie oben aufgefasst werden als Abbildungen
wobei
den Raum der beschränkten, borelmessbaren Funktionen
bezeichnet.
besitzt die Standard-Eigenschaft bzw. wird Standard-Übergangsfunktion genannt, wenn

bzw. kurz

mit der Einheitsmatrix
.
Besitzt
die Standard-Eigenschaft, so gilt für alle
:
Die Abbildungen
sind gleichmäßig stetig, für alle
differenzierbar und besitzen im Punkt 0 die rechtsseitige Ableitung

Kurz geschrieben, definiert man dies durch

heißt Intensitätsmatrix oder einfach Q-Matrix.
Für alle
gilt
, und für alle
mit
gilt
.
Ein Zustand
heißt stabil, wenn
, sonst augenblicklich.
Die Übergangsfunktion
heißt stabil, wenn alle Zustände stabil sind; in diesem Fall sind alle Einträge der zugehörigen Intensitätsmatrix endlich.
Ein Zustand
heißt absorbierend, wenn
gilt, was genau dann der Fall ist,
wenn
für alle
gilt.
Die Matrix
und der zugehörige Markov-Prozess werden als konservativ bezeichnet, wenn alle Zeilensummen von
null sind; dies ist genau dann der Fall, wenn
für alle
gilt.
Ist
konservativ, der Prozess stabil und divergiert die Folge der Sprungzeiten vor Erreichen eines absorbierenden Zustands fast sicher, so wird der Prozess als regulär bezeichnet.
Die Einträge
lassen sich wie folgt interpretieren:
- Betrachtet man den zu
gehörigen Prozess, kann man mit Hilfe von
die Verweilzeit in einem Zustand
angeben. Diese ist exponentialverteilt mit Erwartungswert
, das heißt für
gilt
. Ein absorbierender Zustand hat dann entsprechend eine unendliche Verweilzeit.
- Es gilt
, der Prozess ist also „lokal poisson“ und
gibt für kleine
die Rate an, mit der Prozess aus
in den Zustand
springt (
).
Über diese Interpretation ist es in der Praxis oft leichter, eine geeignete Q-Matrix aus den Modellannahmen herzuleiten, als
direkt anzugeben, zum Beispiel bei M/M/1/∞-Systemen.
Ist die Übergangsfunktion
stabil, so ist sie eine gleichmäßig stetige Halbgruppe deren infinitesimaler Erzeuger
ist.
Dann kann aus dem Verhalten in infinitesimaler Zeit
das langfristige Verhalten zurückgewonnen werden:
,
wobei
das Matrixexponential bezeichnet. Dies ist zum Beispiel der Fall für endliche Zustandsräume. Die stationäre Verteilung
von
lässt sich dann als Lösung des folgenden Gleichungssystems

bestimmen, wobei
als Zeilenvektor aufgefasst wird.
Feller-Prozesse sind Markow-Prozesse, bei denen die Übergangswahrscheinlichkeiten
qua
einer stark stetigen Halbgruppe auf dem Raum
der stetigen, im Unendlichen verschwindenden Funktionen entsprechen. In diesem Fall kann der Generator der entsprechenden Halbgruppe

(definiert für alle
für die der Grenzwert bezüglich der Supremumsnorm existiert)
betrachtet und der Satz von Hille-Yosida angewendet werden.
Der charakteristische Operator ist eine probabilistische Entsprechung des analytischen Generators
, mit dem oft leichter zu arbeiten ist.[1] Während in obiger Definition der Erwartungswert von
zu einem festen Zeitpunkt
gebildet wird (und anschließend
gegen 0 geht), wird hier der Erwartungswert von
an den unterschiedlichen (zufälligen) Zeitpunkten
gebildet, zu denen der Prozess einen festgelegten räumlichen Bereich
, zum Beispiel eine Kugel
um
mit Radius
, verlässt. Für nicht absorbierendes
setzt man
![{\displaystyle (Uf)(x):=\lim _{\nu \to 0}{\frac {\operatorname {E} _{x}[f(X_{\tau (B_{\nu ,x})})]-f(x)}{\operatorname {E} _{x}[\tau (B_{\nu ,x})]}},}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4dea20e671697b1ded82c004f2e60e3bfbb1096d)
für absorbierendes
setzt man
. Für große Klasse von Feller-Prozessen gilt
für stetige, im Unendlichen verschwindende Funktionen
aufgrund von Dynkins Maximum-Prinzip.
Die Definition und der genannte Zusammenhang gehen auf eine Arbeit von E. B. Dynkin aus dem Jahr 1955 zurück.[2]
- ↑ Breiman, S. 377.
- ↑ E. B. Dynkin: Infinitesimal operators of Markov stochastic processes, Doklady Akademii Nauk Nr. 105, 1955, S. 206–209.