George Antonius

George Antonius in den 1930er Jahren

George Habib Antonius (arabisch جورج حبيب أنطونيوس‎, * 19. Oktober 1891 in Deir el-Qama, Osmanisches Reich; † 21. Mai 1942 in Jerusalem) war ein palästinensischer Schriftsteller libanesischer Herkunft. Er gilt als der erste arabische Historiker des säkularen arabischen Nationalismus. Der Historiker Menachem Klein bezeichnet Antonius für seine Zeit als den „prominentesten Repräsentanten der arabischen Nationalbewegung gegenüber dem Westen“.[1]

George Antonius’ Eltern waren griechisch-orthodoxe Christen. Sein Vater war im Baumwollhandel[2][3] vermögend geworden. Antonius wuchs in Ägypten auf, studierte am Victoria College[2] und an der Universität Cambridge.[2][3]

Von 1921 bis 1930[4] arbeitete er in der Schulverwaltung im Britischen Mandat in Palästina und erreichte den Rang eines stellvertretenden Direktors im Amt für Bildung und Erziehung.[2] Seit 1925[3] galt er nicht mehr als Libanese, da er in diesem Jahr das Bürgerrecht in Jerusalem erwarb. Mit der extrovertierten Verlegertochter Katy Antonius,[1] die für ihren politisch-literarischen Salon[1] bekannt war, führte er eine offene Ehe.[3] Ein Stammgast dieser Feste war Nassereddin an-Naschaschibi.[2]

Im August 1934[2] führte er informelle Gespräche mit David Ben-Gurion,[2][5][3] Musa al-Alami[2][5] und Awni Abd al-Hadi[5] (Istiqlal) um die Möglichkeiten zur Verwirklichung einer arabisch-jüdischen Konföderation[2][5] zu sondieren, die vor allem Ben-Gurion vorschwebte. Initiator der Gespräche war Leon Magnes.[6]

1934 erlaubte ihm ein Stipendium des Crane Institut[3] in New York den Rückzug ins Privatleben, um sich ganz seinem Hauptwerk zu widmen. Ab Juli 1938[6] schrieb er in einer Villa in Scheich Dscharrah, im später so bezeichneten Shepherd-Hotel wohnend, das Buch Das Arabische Erwachen. Das Geschichtswerk über die gegen das Osmanische Reich gerichtete Arabische Revolte der Jahre 1916 bis 1918 wurde sehr unterschiedlich rezipiert und zuweilen als unakademische Arbeit bezeichnet.[3] George Antonius war nicht grundsätzlich gegen jüdische Einwanderung, doch argumentierte er, es könne nicht den arabischen Einwohnern Palästinas fast allein obliegen, vertriebene Juden aufzunehmen, während westliche Staaten ihre Grenzen für jüdische Flüchtlinge nur begrenzt öffneten.[6] Dem Denken des Kulturzionisten Achad Ha'am[6] brachte er sogar Interesse entgegen. Für das Schreiben gebot Antonius über die 12.000[2] Bände seiner privaten Bibliothek. 1936–1937 zählte er zu den Personen, die von der Peel-Kommission angehört wurden.[4] Antonius reiste im Februar 1939 als palästinensischer Berater an die St.-James-Konferenz in London.

Antonius sah den Ursprung des arabischen Nationalismus in der Amtszeit von Mehmet Ali Pascha in Ägypten. Er argumentierte, dass der arabische Nationalismus ein westliches Produkt ist, der speziell von den protestantischen Missionaren aus Großbritannien und den USA kam. Er maß der Amerikanischen Universität Beirut (ursprünglich das Syrisch Protestantische College) eine zentrale Rolle in der Entwicklung des arabischen Nationalismus zu.

Das Arabische Erwachen, 1938 (Ausgaben)

  • The Arab Awakening – The Story of the Arab National Movement. Capricorn Books, New York 1965.
  • The Arab Awakening – The Story of the Arab National Movement. Reprint, Librairie du Liban, Beirut 1969.

Einzelnachweise

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  1. a b c Menachem Klein: Jerusalem: geteilt, vereint – Araber und Juden in einer Stadt. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-633-54289-5, S. 90 (gekürzte deutschsprachige Ausgabe von Lives in Common. Arabs and Jews in Jerusalem, Jaffa, and Hebron, C. Hurst & Co. Publishers, 2014; übersetzt von Eva-Maria Thimme).
  2. a b c d e f g h i j Simon Sebag Montefiore: Jerusalem – Die Biographie. 4. Auflage. Nr. 17631. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-596-17631-1, S. 626 f., 631 f. (Originalausgabe: Jerusalem. The Biography. Weidenfels & Nicolson, London 2011; übersetzt von Ulrike Bischoff und Waltraud Götting).
  3. a b c d e f g Isabelle Albaret: ANTONIUS George (1891–1941). (Lexikonartikel). In: Tilla Rudel (Hrsg.): Jérusalem: Histoire, promenades, anthologie et dictionnaire (= Jean-Luc Barré [Hrsg.]: Collection Bouquins). Éditions Robert Laffont/Centre national du livre, Paris 2018, ISBN 978-2-221-11597-8, S. 937 f.
  4. a b Eliahu Elath: Zionism at the UN – a diary of the first days. Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1976, ISBN 0-8276-0083-6, S. 58 (Erstausgabe bei Dvir, Tel Aviv 1971; übersetzt von Michael Ben-Yitzhak).
  5. a b c d Baruch Kimmerling, Joel S. Migdal: The Palestinian People, a History. 2. Auflage. Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts) 2003, ISBN 0-674-01129-5, S. 100.
  6. a b c d Shlomo Sand: Deux peuples pour un état? – Relire l’histoire du Sionisme. Traduit de l’Hébreu par Michel Bilis (= Collection La couleur des idées). Éditions du Seuil, Paris 2024, ISBN 978-2-02-154166-3, S. 197 f.