Georgi Markow (Schriftsteller)

Georgi Iwanow Markow (bulgarisch Георги Иванов Марков; * 1. März 1929 in Sofia; † 11. September 1978 in London) war ein bulgarischer Schriftsteller, Theaterautor und Dissident, der in einem Aufsehen erregenden Regenschirmattentat von der bulgarischen Geheimpolizei ermordet wurde.

Markow emigrierte 1969 aus Bulgarien nach Italien, wo sein Bruder wohnte, und arbeitete später in London als Journalist. Er kritisierte öffentlich die kommunistische Führung seines Heimatlandes; in den bulgarischen Programmen der BBC, der Deutschen Welle und von Radio Free Europe spottete er über den bulgarischen Diktator Todor Schiwkow.[1]

Er wurde am 7. September 1978 auf der Waterloo Bridge in London Opfer des Regenschirmattentats, bei dem ein Mann ihm mit einem Regenschirm eine imprägnierte kleine Kugel, die sich an dessen Spitze befand, in die rechte Wade stach. Die Kugel aus einer Platin-Iridium-Legierung hatte einen Durchmesser von 1,52 mm und war mit etwa 200 Mikrogramm[2] der hochgiftigen Substanz Rizin präpariert. Markow starb vier Tage später mit Fieber und Hypotonie an Herzversagen.[3]

Als Täter wurde ein Agent des bulgarischen Geheimdienstes namens Francesco Giullino (Deckname Piccadilly) verantwortlich gemacht.[4][5] Der frühere Generalmajor des sowjetischen Geheimdienstes Oleg Kalugin bestätigte in einem Interview mit dem bulgarischen Sender Darik Radio, dass dieses Attentat aufgrund eines Befehls Todor Schiwkows ausgeführt wurde. Der KGB lieferte das Gift und die Kapsel.[6]

Postum wurde Markow 2000 mit dem höchsten bulgarischen Orden Stara Planina ausgezeichnet. Am 11. November 2014 wurde im Zentrum von Sofia eine Statue von ihm eingeweiht.[7]

Der ehemalige Geheimdienstchef Wladimir Todorow vernichtete 1990 nach der Revolution gegen die kommunistische Diktatur sechs Markow-Akten; er behauptete später, diese Unterlagen hätten keine operative oder historische Bedeutung gehabt. Todorow kam 1992 dafür 16 Monate ins Gefängnis; ein wichtiger Zeuge beging kurz vor seiner Vernehmung Suizid.[1]

  • Jack Hamilton, Tom Walker: Dane named as umbrella killer - Times Online. In: The Sunday Times. 5. Juni 2005, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 20. April 2011 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.timesonline.co.uk (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  • Artikel The Poison Umbrella, The New Presence 4/2006, S. 46–48
  • Klaus Brill: Gift direkt vom Diktator. Mysteriöser "Regenschirmmord" aufgeklärt. In: Süddeutsche Zeitung. 2. August 2008, abgerufen am 20. April 2011.
  • Thomas Frahm: »Ein guter Mann, leider gehört er nicht zu uns«: Georgi Markovs Exilreportagen über Bulgarien. In: Sinn und Form. 3/2013. (Leseprobe)
  • Dimiter Kenarov: Ein bulgarischer Mord. In: Lettre International. 107, Winter 2014. (Auszug)
  • Stefanie Gregg: Und der Duft nach Weiß. Ullstein, 2015. Der 2015 erschienene Roman enthält einen Handlungsstrang, der die Planung und Durchführung des Regenschirmattentats auf den bulgarischen Schriftsteller Georgi Markow beschreibt. Die Autorin schreibt auch die neuesten Entwicklungen in dem Fall fort, bis hin zum Auffinden eines mutmaßlichen Mittäters 2012 in Österreich.
  • Christopher Nehring: „Die Zusammenarbeit der DDR-Auslandsaufklärung mit der Aufklärung der Volksrepublik Bulgarien. Regionalfilialen des KGB?“, S. 300–302
  1. a b Christoph Gunkel / Einestages 17. März 2018: „Ich werde sterben, Sie können nichts mehr tun“
  2. Ricin and the umbrella murder. auf: CNN.com, 23. Oktober 2003. Abgerufen am 23. Oktober 2016.
  3. L. Rózsa, K. Nixdorff: Biological Weapons in Non-Soviet Warsaw Pact Countries. In: M. Wheelis, L. Rózsa, M. Dando (Hrsg.): Deadly Cultures: Biological Weapons since 1945. Harvard University Press, 2006, S. 157–168.
  4. Süße Kugel. In: Der Spiegel. Nr. 7, 1992, S. 168–170 (online).
  5. Jack Hamilton und Tom Walker: Dane named as umbrella killer - Times Online. In: The Sunday Times. 5. Juni 2005, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 20. April 2011 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.timesonline.co.uk (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. Klaus Brill: Gift direkt vom Diktator. (Memento vom 21. März 2009 im Internet Archive) In: Süddeutsche Zeitung. 2. August 2008.
  7. Georgi Markov: Bulgaria inaugurates statue to dissident. BBC News, 27. August 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  8. Judith Leister: Aufzeichnungen aus einem Mausoleum. In: NZZ. 30. Oktober 2014.